Präsidentin von Hahn in Carlsruhe, wohnt. Ihr Gemahl hat Pension, und war vorher Landvoigt in Stockach. Ich war ihr empfohlen und wartete ihr auf. Sie ist eine dicke, starke, engbrüstige Dame, hat 4. Töchter und 1. Sohn. Ihr Kaplan zeigte mir die An- lage des Gartens, und darin folgendes: -- ein schö- nes Gartenhaus auf einem See, das zugleich Fischhaus ist, mit einem Fischkasten im Fußboden und einer Einrich- tung, Fische einzutreiben und zu fangen. Ich bemerk- te hier rothe Fische aus Ungarn, man nannte sie Nervling, die aber mehr zum Sehen als zum Essen sind, auch hier keine Junge zeugen. Mitten in einem Berceau von Tannen war auch eine schöne Wasserkunst, und überall reizende und mannichfaltige Aussichten.
Da sah ich auch den Weg zwischen 2. Bergen durch, der nach Italien führt. -- Ach ich hätt' ihn lieber nicht gesehen!
Auf den Bergen, die hier liegen, und zunächst um Inspruck herum, trift man Gemsen an, aber selten im Sommer, sie suchen Schatten auf höhern Bergen, weil diese ihnen zu heis werden. 70 -- 75. Pfund schwer ist schon eine schwere und grosse Gemse.
Im Sommer wird es hier oft so heis, daß das Harz von den Tannen schmelzt, man kan das Kleid verderben, wenn man darunter sitzt etc. aber auch schrecklich kalt ists im Winter. Auf diesen Bergen schmelzt der Schnee im Sommer ganz weg.
Gewaltig
der zwischen 2. Felsen herausläuft, ernährt hier eine Menge Menschen etc.
Praͤſidentin von Hahn in Carlsruhe, wohnt. Ihr Gemahl hat Penſion, und war vorher Landvoigt in Stockach. Ich war ihr empfohlen und wartete ihr auf. Sie iſt eine dicke, ſtarke, engbruͤſtige Dame, hat 4. Toͤchter und 1. Sohn. Ihr Kaplan zeigte mir die An- lage des Gartens, und darin folgendes: — ein ſchoͤ- nes Gartenhaus auf einem See, das zugleich Fiſchhaus iſt, mit einem Fiſchkaſten im Fußboden und einer Einrich- tung, Fiſche einzutreiben und zu fangen. Ich bemerk- te hier rothe Fiſche aus Ungarn, man nannte ſie Nervling, die aber mehr zum Sehen als zum Eſſen ſind, auch hier keine Junge zeugen. Mitten in einem Berceau von Tannen war auch eine ſchoͤne Waſſerkunſt, und uͤberall reizende und mannichfaltige Ausſichten.
Da ſah ich auch den Weg zwiſchen 2. Bergen durch, der nach Italien fuͤhrt. — Ach ich haͤtt’ ihn lieber nicht geſehen!
Auf den Bergen, die hier liegen, und zunaͤchſt um Inſpruck herum, trift man Gemſen an, aber ſelten im Sommer, ſie ſuchen Schatten auf hoͤhern Bergen, weil dieſe ihnen zu heis werden. 70 — 75. Pfund ſchwer iſt ſchon eine ſchwere und groſſe Gemſe.
Im Sommer wird es hier oft ſo heis, daß das Harz von den Tannen ſchmelzt, man kan das Kleid verderben, wenn man darunter ſitzt ꝛc. aber auch ſchrecklich kalt iſts im Winter. Auf dieſen Bergen ſchmelzt der Schnee im Sommer ganz weg.
Gewaltig
der zwiſchen 2. Felſen herauslaͤuft, ernaͤhrt hier eine Menge Menſchen ꝛc.
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Praͤſidentin von Hahn in Carlsruhe, wohnt. Ihr
Gemahl hat Penſion, und war vorher Landvoigt in
Stockach. Ich war ihr empfohlen und wartete ihr auf.
Sie iſt eine dicke, ſtarke, engbruͤſtige Dame, hat 4.
Toͤchter und 1. Sohn. Ihr Kaplan zeigte mir die An-
lage des Gartens, und darin folgendes: — ein ſchoͤ-
nes Gartenhaus auf einem See, das zugleich Fiſchhaus
iſt, mit einem Fiſchkaſten im Fußboden und einer Einrich-
tung, Fiſche einzutreiben und zu fangen. Ich bemerk-
te hier rothe Fiſche aus Ungarn, man nannte ſie
Nervling, die aber mehr zum Sehen als zum Eſſen
ſind, auch hier keine Junge zeugen. Mitten in einem
Berceau von Tannen war auch eine ſchoͤne Waſſerkunſt,
und uͤberall reizende und mannichfaltige Ausſichten.
Da ſah ich auch den Weg zwiſchen 2. Bergen durch,
der nach Italien fuͤhrt. — Ach ich haͤtt’ ihn lieber nicht
geſehen!
Auf den Bergen, die hier liegen, und zunaͤchſt um
Inſpruck herum, trift man Gemſen an, aber ſelten
im Sommer, ſie ſuchen Schatten auf hoͤhern Bergen,
weil dieſe ihnen zu heis werden. 70 — 75. Pfund ſchwer
iſt ſchon eine ſchwere und groſſe Gemſe.
Im Sommer wird es hier oft ſo heis, daß das Harz
von den Tannen ſchmelzt, man kan das Kleid verderben,
wenn man darunter ſitzt ꝛc. aber auch ſchrecklich kalt iſts
im Winter. Auf dieſen Bergen ſchmelzt der Schnee im
Sommer ganz weg.
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*) der zwiſchen 2. Felſen herauslaͤuft, ernaͤhrt hier eine
Menge Menſchen ꝛc.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/476>, abgerufen am 25.11.2024.
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