vermuthlich laufen seitdem gute neue Quellen zur Haupt- quelle.
Den 6ten April.
Meine Reise ging heute schon wieder weiter über Stetten, Füssen etc. nach Tyrol. Die Nacht blieb ich in Reutheim.
Angenehm ists, Sonne und überall Schnee zu se- hen. Am Morgen röthet die Sonne die Spitzen der Berge, dann kommen alle mögliche Schattirungen, blau, schwarz etc. zum Vorschein.
So kalt ists hier oft, daß die Leute beständig runde Kieselsteine auf den Ofen haben, die man in die Hand nimmt, wenn man aus der Kälte kömmt, oder ins Bette zu sich legt. Manns- und Weibspersonen trugen auch jetzt alle noch Pelzkappen unter den Hüten. Nachmit- tags war hinter Füssen ein Berg noch so voll Glatteis, daß die Pferde fielen, weil sie nicht rauh beschlagen wa- ren. Die Bauern stemmen sich oft mit schrecklicher Stärke an das Wagenrad, und haltens auf, daß es nicht hinter sich kan. Auch Weibsleute fahren hier allein mit mit einem beladenen Wagen.
Man ißt hier viel Fische und Sauerkraut -- und das war selten, daher bekam ich jetzt nichts als Mehl- speisen zu essen.
Es gibt viel Viehzucht hier herum. Aus grossen Ställen tragen Knecht und Magd auf einer indessen von der dritten Person geladenen Trage den Mist auf den Hau- fen heraus, das geht viel schneller, als wenn man ihn mit der Gabel zieht.
Der
vermuthlich laufen ſeitdem gute neue Quellen zur Haupt- quelle.
Den 6ten April.
Meine Reiſe ging heute ſchon wieder weiter uͤber Stetten, Fuͤſſen ꝛc. nach Tyrol. Die Nacht blieb ich in Reutheim.
Angenehm iſts, Sonne und uͤberall Schnee zu ſe- hen. Am Morgen roͤthet die Sonne die Spitzen der Berge, dann kommen alle moͤgliche Schattirungen, blau, ſchwarz ꝛc. zum Vorſchein.
So kalt iſts hier oft, daß die Leute beſtaͤndig runde Kieſelſteine auf den Ofen haben, die man in die Hand nimmt, wenn man aus der Kaͤlte koͤmmt, oder ins Bette zu ſich legt. Manns- und Weibsperſonen trugen auch jetzt alle noch Pelzkappen unter den Huͤten. Nachmit- tags war hinter Fuͤſſen ein Berg noch ſo voll Glatteis, daß die Pferde fielen, weil ſie nicht rauh beſchlagen wa- ren. Die Bauern ſtemmen ſich oft mit ſchrecklicher Staͤrke an das Wagenrad, und haltens auf, daß es nicht hinter ſich kan. Auch Weibsleute fahren hier allein mit mit einem beladenen Wagen.
Man ißt hier viel Fiſche und Sauerkraut — und das war ſelten, daher bekam ich jetzt nichts als Mehl- ſpeiſen zu eſſen.
Es gibt viel Viehzucht hier herum. Aus groſſen Staͤllen tragen Knecht und Magd auf einer indeſſen von der dritten Perſon geladenen Trage den Miſt auf den Hau- fen heraus, das geht viel ſchneller, als wenn man ihn mit der Gabel zieht.
Der
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vermuthlich laufen ſeitdem gute neue Quellen zur Haupt-
quelle.
Den 6ten April.
Meine Reiſe ging heute ſchon wieder weiter uͤber
Stetten, Fuͤſſen ꝛc. nach Tyrol. Die Nacht blieb ich
in Reutheim.
Angenehm iſts, Sonne und uͤberall Schnee zu ſe-
hen. Am Morgen roͤthet die Sonne die Spitzen der
Berge, dann kommen alle moͤgliche Schattirungen, blau,
ſchwarz ꝛc. zum Vorſchein.
So kalt iſts hier oft, daß die Leute beſtaͤndig runde
Kieſelſteine auf den Ofen haben, die man in die Hand
nimmt, wenn man aus der Kaͤlte koͤmmt, oder ins Bette
zu ſich legt. Manns- und Weibsperſonen trugen auch
jetzt alle noch Pelzkappen unter den Huͤten. Nachmit-
tags war hinter Fuͤſſen ein Berg noch ſo voll Glatteis,
daß die Pferde fielen, weil ſie nicht rauh beſchlagen wa-
ren. Die Bauern ſtemmen ſich oft mit ſchrecklicher
Staͤrke an das Wagenrad, und haltens auf, daß es nicht
hinter ſich kan. Auch Weibsleute fahren hier allein mit
mit einem beladenen Wagen.
Man ißt hier viel Fiſche und Sauerkraut —
und das war ſelten, daher bekam ich jetzt nichts als Mehl-
ſpeiſen zu eſſen.
Es gibt viel Viehzucht hier herum. Aus groſſen
Staͤllen tragen Knecht und Magd auf einer indeſſen von
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/472>, abgerufen am 25.11.2024.
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