weis, nichts sieht man als Stukkaturarbeit; der reinste, simpelste Geschmack herrscht überall, vereinigt mit Maje- stät und Würde, recht so, wie eine Christliche Kirche seyn soll. Ich muß gestehen, es würde mir ein wahres Fest seyn, wenn ich in so einem prächtigen Tempel, wo doch überall edle Einfalt und Würde hervorleuchtet, in die solemni et augusta, eine feierliche Rede halten dürfte. Wir ahmen sonst gern den Griechen und Römern nach, aber in solchen öffentlichen Anstalten, die doch so mächtig auf den Geist des Volks, und dessen, der zum Volke reden soll, wirken, treten wir leider! nicht in ihre Fustapfen. Dixnar, ein Gascogner, und Pigage in Mannheim haben den Riß dazu gemacht. Das Gemäl- de oben in der Kuppel stellt eine Glorie vor, und lauter Heilige, die Benediktus besonders verehrte. Ausser diesem ist nur noch ein Gemälde, über dem Eingange ins Chor. Da sieht man den sterbenden Benedikt, unge- mein schön perspektivisch gemalt. Beide Stücke sind von Wenzinger in Freiburg. Vor dem Thore steht ein majestätisches eisernes Gitterwerk, das der letztver- storbene hiesige Hofschlosser Hugenest verfertigt hat. Es sind viele Zentner Eisen und unglaublich viele Verzierun- gen daran. Der Künstler war ein Blasier von Geburt, kam auf seinen Reisen hieher nach Carlsruhe; der Hof wollte ihn behalten, und das Stift machte damahls keine Schwierigkeiten. Als das eiserne Thor oder Gitter ganz fertig war, stellte er es hier in seinem Hofe auf, und die ganze Stadt bewunderte seine Arbeit. Man rückte eine kleine Beschreibung davon in die Zeitung, dadurch wur- den viele Künstler und Schlosser aus entfernten Städten hierher gelockt, es zu besehen. In St. Blasien fällt es aber an seinem Platze noch viel mehr in die Augen.
Und
weis, nichts ſieht man als Stukkaturarbeit; der reinſte, ſimpelſte Geſchmack herrſcht uͤberall, vereinigt mit Maje- ſtaͤt und Wuͤrde, recht ſo, wie eine Chriſtliche Kirche ſeyn ſoll. Ich muß geſtehen, es wuͤrde mir ein wahres Feſt ſeyn, wenn ich in ſo einem praͤchtigen Tempel, wo doch uͤberall edle Einfalt und Wuͤrde hervorleuchtet, in die ſolemni et auguſta, eine feierliche Rede halten duͤrfte. Wir ahmen ſonſt gern den Griechen und Roͤmern nach, aber in ſolchen oͤffentlichen Anſtalten, die doch ſo maͤchtig auf den Geiſt des Volks, und deſſen, der zum Volke reden ſoll, wirken, treten wir leider! nicht in ihre Fustapfen. Dixnar, ein Gaſcogner, und Pigage in Mannheim haben den Riß dazu gemacht. Das Gemaͤl- de oben in der Kuppel ſtellt eine Glorie vor, und lauter Heilige, die Benediktus beſonders verehrte. Auſſer dieſem iſt nur noch ein Gemaͤlde, uͤber dem Eingange ins Chor. Da ſieht man den ſterbenden Benedikt, unge- mein ſchoͤn perſpektiviſch gemalt. Beide Stuͤcke ſind von Wenzinger in Freiburg. Vor dem Thore ſteht ein majeſtaͤtiſches eiſernes Gitterwerk, das der letztver- ſtorbene hieſige Hofſchloſſer Hugeneſt verfertigt hat. Es ſind viele Zentner Eiſen und unglaublich viele Verzierun- gen daran. Der Kuͤnſtler war ein Blaſier von Geburt, kam auf ſeinen Reiſen hieher nach Carlsruhe; der Hof wollte ihn behalten, und das Stift machte damahls keine Schwierigkeiten. Als das eiſerne Thor oder Gitter ganz fertig war, ſtellte er es hier in ſeinem Hofe auf, und die ganze Stadt bewunderte ſeine Arbeit. Man ruͤckte eine kleine Beſchreibung davon in die Zeitung, dadurch wur- den viele Kuͤnſtler und Schloſſer aus entfernten Staͤdten hierher gelockt, es zu beſehen. In St. Blaſien faͤllt es aber an ſeinem Platze noch viel mehr in die Augen.
Und
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weis, nichts ſieht man als Stukkaturarbeit; der reinſte,
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ſoll. Ich muß geſtehen, es wuͤrde mir ein wahres Feſt
ſeyn, wenn ich in ſo einem praͤchtigen Tempel, wo doch
uͤberall edle Einfalt und Wuͤrde hervorleuchtet, in die
ſolemni et auguſta, eine feierliche Rede halten duͤrfte.
Wir ahmen ſonſt gern den Griechen und Roͤmern
nach, aber in ſolchen oͤffentlichen Anſtalten, die doch ſo
maͤchtig auf den Geiſt des Volks, und deſſen, der zum
Volke reden ſoll, wirken, treten wir leider! nicht in ihre
Fustapfen. Dixnar, ein Gaſcogner, und Pigage in
Mannheim haben den Riß dazu gemacht. Das Gemaͤl-
de oben in der Kuppel ſtellt eine Glorie vor, und lauter
Heilige, die Benediktus beſonders verehrte. Auſſer
dieſem iſt nur noch ein Gemaͤlde, uͤber dem Eingange ins
Chor. Da ſieht man den ſterbenden Benedikt, unge-
mein ſchoͤn perſpektiviſch gemalt. Beide Stuͤcke ſind
von Wenzinger in Freiburg. Vor dem Thore ſteht
ein majeſtaͤtiſches eiſernes Gitterwerk, das der letztver-
ſtorbene hieſige Hofſchloſſer Hugeneſt verfertigt hat. Es
ſind viele Zentner Eiſen und unglaublich viele Verzierun-
gen daran. Der Kuͤnſtler war ein Blaſier von Geburt,
kam auf ſeinen Reiſen hieher nach Carlsruhe; der Hof
wollte ihn behalten, und das Stift machte damahls keine
Schwierigkeiten. Als das eiſerne Thor oder Gitter ganz
fertig war, ſtellte er es hier in ſeinem Hofe auf, und die
ganze Stadt bewunderte ſeine Arbeit. Man ruͤckte eine
kleine Beſchreibung davon in die Zeitung, dadurch wur-
den viele Kuͤnſtler und Schloſſer aus entfernten Staͤdten
hierher gelockt, es zu beſehen. In St. Blaſien faͤllt
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/442>, abgerufen am 22.11.2024.
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