wenn sie sehr schön sind, sechzig Kreuzer, oder einen Gulden werth. Wenn tausend geschliffene und gebohrte Granaten ein Pfund wiegen, so hält man diese für die besten. Nachdem die Probe mit Wägen und Zählen der rohen Granaten gemacht worden ist, so werden sie tau- sendweise an die Meister verkauft. Sie kommen in Sä- cken und Kisten Zentnerweise an. Es gibt tausend Stü- cke, die nicht mehr als vier Loth wiegen, und gibt Tau- sende aller Art, deren Gewicht zwischen vier und zwei und dreissig Loth fällt. Ich sah gerade Granaten schlei- fen, wovon Tausend nur achtzehn Loth schwer waren. Ehe sie aber geschliffen werden können, müssen sie gebohrt werden. Bei dieser Arbeit, die in Häusern, in jeder Wohnstube, neben allen andern häuslichen Geschäften geschehen kan, werden sie erst mit einem grossen und sicht- baren Diamanten angebohrt. Das ist insgemein die Sache des Vaters, des Mannes, oder doch eines star- ken Knaben, weil dazu einige Gewalt gehört. Hierbei wird die Granate umgekehrt und auf beiden Seiten ange- bohrt. Jede muß einzeln vorgenommen und in die klei- ne Maschine, die auf dem Tische liegt, damit sie unter dem Druck nicht ausweiche, eingezwängt werden. Das völlige Durchbohren der angebohrten Granaten geschieht meistens von jungen Mädchen, die einen Stift, in wel- chen zwei kaum sichtbare Diamantstücke eingesetzt sind, in der Hand haben, ihn in die festgemachte Granate, da wo sie angebohrt sind, einsetzen, und nun diesen Stift, vermittelst eines kleinen Bogens und anderer geringer Maschinen, so lange herumtreiben, bis die Granate von oben herab ganz durchgebohrt ist. Tausend, auch 1200 Granaten von mittlerer Grösse und Art werden in Einem Tag angebohrt. Durchgebohrt können nur 4. oder 600.
werden,
wenn ſie ſehr ſchoͤn ſind, ſechzig Kreuzer, oder einen Gulden werth. Wenn tauſend geſchliffene und gebohrte Granaten ein Pfund wiegen, ſo haͤlt man dieſe fuͤr die beſten. Nachdem die Probe mit Waͤgen und Zaͤhlen der rohen Granaten gemacht worden iſt, ſo werden ſie tau- ſendweiſe an die Meiſter verkauft. Sie kommen in Saͤ- cken und Kiſten Zentnerweiſe an. Es gibt tauſend Stuͤ- cke, die nicht mehr als vier Loth wiegen, und gibt Tau- ſende aller Art, deren Gewicht zwiſchen vier und zwei und dreiſſig Loth faͤllt. Ich ſah gerade Granaten ſchlei- fen, wovon Tauſend nur achtzehn Loth ſchwer waren. Ehe ſie aber geſchliffen werden koͤnnen, muͤſſen ſie gebohrt werden. Bei dieſer Arbeit, die in Haͤuſern, in jeder Wohnſtube, neben allen andern haͤuslichen Geſchaͤften geſchehen kan, werden ſie erſt mit einem groſſen und ſicht- baren Diamanten angebohrt. Das iſt insgemein die Sache des Vaters, des Mannes, oder doch eines ſtar- ken Knaben, weil dazu einige Gewalt gehoͤrt. Hierbei wird die Granate umgekehrt und auf beiden Seiten ange- bohrt. Jede muß einzeln vorgenommen und in die klei- ne Maſchine, die auf dem Tiſche liegt, damit ſie unter dem Druck nicht ausweiche, eingezwaͤngt werden. Das voͤllige Durchbohren der angebohrten Granaten geſchieht meiſtens von jungen Maͤdchen, die einen Stift, in wel- chen zwei kaum ſichtbare Diamantſtuͤcke eingeſetzt ſind, in der Hand haben, ihn in die feſtgemachte Granate, da wo ſie angebohrt ſind, einſetzen, und nun dieſen Stift, vermittelſt eines kleinen Bogens und anderer geringer Maſchinen, ſo lange herumtreiben, bis die Granate von oben herab ganz durchgebohrt iſt. Tauſend, auch 1200 Granaten von mittlerer Groͤſſe und Art werden in Einem Tag angebohrt. Durchgebohrt koͤnnen nur 4. oder 600.
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wenn ſie ſehr ſchoͤn ſind, ſechzig Kreuzer, oder einen
Gulden werth. Wenn tauſend geſchliffene und gebohrte
Granaten ein Pfund wiegen, ſo haͤlt man dieſe fuͤr die
beſten. Nachdem die Probe mit Waͤgen und Zaͤhlen der
rohen Granaten gemacht worden iſt, ſo werden ſie tau-
ſendweiſe an die Meiſter verkauft. Sie kommen in Saͤ-
cken und Kiſten Zentnerweiſe an. Es gibt tauſend Stuͤ-
cke, die nicht mehr als vier Loth wiegen, und gibt Tau-
ſende aller Art, deren Gewicht zwiſchen vier und zwei
und dreiſſig Loth faͤllt. Ich ſah gerade Granaten ſchlei-
fen, wovon Tauſend nur achtzehn Loth ſchwer waren.
Ehe ſie aber geſchliffen werden koͤnnen, muͤſſen ſie gebohrt
werden. Bei dieſer Arbeit, die in Haͤuſern, in jeder
Wohnſtube, neben allen andern haͤuslichen Geſchaͤften
geſchehen kan, werden ſie erſt mit einem groſſen und ſicht-
baren Diamanten angebohrt. Das iſt insgemein die
Sache des Vaters, des Mannes, oder doch eines ſtar-
ken Knaben, weil dazu einige Gewalt gehoͤrt. Hierbei
wird die Granate umgekehrt und auf beiden Seiten ange-
bohrt. Jede muß einzeln vorgenommen und in die klei-
ne Maſchine, die auf dem Tiſche liegt, damit ſie unter
dem Druck nicht ausweiche, eingezwaͤngt werden. Das
voͤllige Durchbohren der angebohrten Granaten geſchieht
meiſtens von jungen Maͤdchen, die einen Stift, in wel-
chen zwei kaum ſichtbare Diamantſtuͤcke eingeſetzt ſind,
in der Hand haben, ihn in die feſtgemachte Granate, da
wo ſie angebohrt ſind, einſetzen, und nun dieſen Stift,
vermittelſt eines kleinen Bogens und anderer geringer
Maſchinen, ſo lange herumtreiben, bis die Granate von
oben herab ganz durchgebohrt iſt. Tauſend, auch 1200
Granaten von mittlerer Groͤſſe und Art werden in Einem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/402>, abgerufen am 22.11.2024.
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