überall in diesen Thälern gemischt. Die Leute wohnen einzeln, jeder hat seinen Hof, und um diesen Hof herum liegen seine Aecker, Wiesen, Weideplätze, Waldungen, Sägemühlen etc. Bei der Kirche, die den katholischen und lutherischen Gliedern gemeinschaftlich ist, wohnen die beiden Pfarrer, die Schulmeister, ein Wirth, und noch einige sehr wenige Bauern. Die andern Familien lie- gen alle zerstreut hier und da im Walde herum. Das Thal ist etwa eine halbe Stunde breit, zu beiden Seiten ist es mit steilen, aber fruchtbaren Bergen eingefaßt. Auf der einen Seite zieht sich das Thal immer höher und schmäler nach Triperg auf dem Schwarzwald zu. Auf der andern Seite fällt das Thal immer mehr in das ebne Land herab, öffnet sich immer mehr, und läuft fort nach Elzach, Waldkirch, Freiburg etc.
Der Weg dahin, der einzige, den man von Gen- genbach nehmen kan, ist über ein Dorf Biberach, durch ein andres, Steinach, und von dort nach dem Für- stenbergischen Städtchen Haßlach, wo ein Oberamt ist. Ich ritt zwischen lauter fruchtbaren und wohl aussehen- den Feldern hin, und ergötzte mich nicht wenig daran, wenn ich so oft durch die Thäler, die jetzt geschlossen zu seyn schienen, und sich plötzlich wieder in das Unendliche öfneten, auf die angenehmste Art getäuscht wurde. In der Nachbarschaft des Dorfs Biberach sieht man auf einem abscheulich hohen Berge die Ueberbleibsel des alten Schlosses jener ehrwürdigen Grafen von Geroldseck, de- ren letzter Zweig an einen Baadischen Marggrafen ver- heirathet wurde. Ich erinnerte mich in dem Augenbli- cke an die neue und alte Geschichte dieses Hauses. Wie manches ist doch in der Welt erlaubt, und wird noch mit
grossen
Zweiter Theil. Z
uͤberall in dieſen Thaͤlern gemiſcht. Die Leute wohnen einzeln, jeder hat ſeinen Hof, und um dieſen Hof herum liegen ſeine Aecker, Wieſen, Weideplaͤtze, Waldungen, Saͤgemuͤhlen ꝛc. Bei der Kirche, die den katholiſchen und lutheriſchen Gliedern gemeinſchaftlich iſt, wohnen die beiden Pfarrer, die Schulmeiſter, ein Wirth, und noch einige ſehr wenige Bauern. Die andern Familien lie- gen alle zerſtreut hier und da im Walde herum. Das Thal iſt etwa eine halbe Stunde breit, zu beiden Seiten iſt es mit ſteilen, aber fruchtbaren Bergen eingefaßt. Auf der einen Seite zieht ſich das Thal immer hoͤher und ſchmaͤler nach Triperg auf dem Schwarzwald zu. Auf der andern Seite faͤllt das Thal immer mehr in das ebne Land herab, oͤffnet ſich immer mehr, und laͤuft fort nach Elzach, Waldkirch, Freiburg ꝛc.
Der Weg dahin, der einzige, den man von Gen- genbach nehmen kan, iſt uͤber ein Dorf Biberach, durch ein andres, Steinach, und von dort nach dem Fuͤr- ſtenbergiſchen Staͤdtchen Haßlach, wo ein Oberamt iſt. Ich ritt zwiſchen lauter fruchtbaren und wohl ausſehen- den Feldern hin, und ergoͤtzte mich nicht wenig daran, wenn ich ſo oft durch die Thaͤler, die jetzt geſchloſſen zu ſeyn ſchienen, und ſich ploͤtzlich wieder in das Unendliche oͤfneten, auf die angenehmſte Art getaͤuſcht wurde. In der Nachbarſchaft des Dorfs Biberach ſieht man auf einem abſcheulich hohen Berge die Ueberbleibſel des alten Schloſſes jener ehrwuͤrdigen Grafen von Geroldseck, de- ren letzter Zweig an einen Baadiſchen Marggrafen ver- heirathet wurde. Ich erinnerte mich in dem Augenbli- cke an die neue und alte Geſchichte dieſes Hauſes. Wie manches iſt doch in der Welt erlaubt, und wird noch mit
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Zweiter Theil. Z
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uͤberall in dieſen Thaͤlern gemiſcht. Die Leute wohnen
einzeln, jeder hat ſeinen Hof, und um dieſen Hof herum
liegen ſeine Aecker, Wieſen, Weideplaͤtze, Waldungen,
Saͤgemuͤhlen ꝛc. Bei der Kirche, die den katholiſchen
und lutheriſchen Gliedern gemeinſchaftlich iſt, wohnen die
beiden Pfarrer, die Schulmeiſter, ein Wirth, und noch
einige ſehr wenige Bauern. Die andern Familien lie-
gen alle zerſtreut hier und da im Walde herum. Das
Thal iſt etwa eine halbe Stunde breit, zu beiden Seiten
iſt es mit ſteilen, aber fruchtbaren Bergen eingefaßt.
Auf der einen Seite zieht ſich das Thal immer hoͤher und
ſchmaͤler nach Triperg auf dem Schwarzwald zu. Auf
der andern Seite faͤllt das Thal immer mehr in das ebne
Land herab, oͤffnet ſich immer mehr, und laͤuft fort nach
Elzach, Waldkirch, Freiburg ꝛc.
Der Weg dahin, der einzige, den man von Gen-
genbach nehmen kan, iſt uͤber ein Dorf Biberach, durch
ein andres, Steinach, und von dort nach dem Fuͤr-
ſtenbergiſchen Staͤdtchen Haßlach, wo ein Oberamt iſt.
Ich ritt zwiſchen lauter fruchtbaren und wohl ausſehen-
den Feldern hin, und ergoͤtzte mich nicht wenig daran,
wenn ich ſo oft durch die Thaͤler, die jetzt geſchloſſen zu
ſeyn ſchienen, und ſich ploͤtzlich wieder in das Unendliche
oͤfneten, auf die angenehmſte Art getaͤuſcht wurde. In
der Nachbarſchaft des Dorfs Biberach ſieht man auf
einem abſcheulich hohen Berge die Ueberbleibſel des alten
Schloſſes jener ehrwuͤrdigen Grafen von Geroldseck, de-
ren letzter Zweig an einen Baadiſchen Marggrafen ver-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/391>, abgerufen am 22.11.2024.
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