Patres mit einander spatzleren, und nachher bekommen sie einen Vespertrunk. Doch müssen die Fratres darum anhalten. Die Unschlittlichter schaft ein Kaufmann an, mit welchem der Groskeller in Absicht auf den Schöpsen- talg einen Akkord getroffen hat. Beim Essen im Kon- vent wird die Bibel, das Jus Canonicum- und wirklich die französische Geschichte vorgelesen. An Sonn- und Feiertägen dürfen die Patres, die keine Geschäfte auf dem Lande haben, nicht spatzieren gehen; statt dessen wird ihnen aber alsdann gestattet, mit einander zu sprechen. Alle Kleidung der Religiosen schaft P. Groskeller an. Jeder bekömmt alle Jahre einen Habit, doch ist auch hierin keine Zeit bestimmt, weil einer mehr zu thun hat, als der andre. Im Winter haben sie allerdings dickere und wärmere Kleider. Zwei Hemden bekömmt jeder alle Jahre. Ein Novitius muß, wenn er anders Ver- mögen hat, gleich beim Eintritt für die Kleidung 75. Gulden bezahlen, weil sonst das Kloster, wenn er wieder zurückgeht, verlieren würde. Stirbt ein Pater, so läßt der Prior alles in ein Vestiarium setzen, die guten Stü- cke werden unter die Fratres und Novizen ausgetheilt, die schlechtern bekommen die Armen an der Pforte. So wie einer ein neues Kleidungsstück bekömmt, so muß er auch das alte für die Armen hergeben. Ist es nicht wahr, daß diese Leute im Kloster, aller Nahrungssorgen über- hoben, blos für ihre Seele leben dürfen, wenn sie nur ernstlich wollen? Man läutet ihnen mit der Glocke zum Essen und Trinken, man sorgt für ihre Bequemlichkeit, für ihre Kleidung, und hier in Gengenbach haben sie auch mehr, als an andern Orten Gelegenheit, geschäftig zu seyn, und wirklich das ehrwürdige Amt der Religion, wozu sie sich bekennen, unter ihren Brüdern zu führen.
Ich
Patres mit einander ſpatzleren, und nachher bekommen ſie einen Veſpertrunk. Doch muͤſſen die Fratres darum anhalten. Die Unſchlittlichter ſchaft ein Kaufmann an, mit welchem der Groskeller in Abſicht auf den Schoͤpſen- talg einen Akkord getroffen hat. Beim Eſſen im Kon- vent wird die Bibel, das Jus Canonicum- und wirklich die franzoͤſiſche Geſchichte vorgeleſen. An Sonn- und Feiertaͤgen duͤrfen die Patres, die keine Geſchaͤfte auf dem Lande haben, nicht ſpatzieren gehen; ſtatt deſſen wird ihnen aber alsdann geſtattet, mit einander zu ſprechen. Alle Kleidung der Religioſen ſchaft P. Groskeller an. Jeder bekoͤmmt alle Jahre einen Habit, doch iſt auch hierin keine Zeit beſtimmt, weil einer mehr zu thun hat, als der andre. Im Winter haben ſie allerdings dickere und waͤrmere Kleider. Zwei Hemden bekoͤmmt jeder alle Jahre. Ein Novitius muß, wenn er anders Ver- moͤgen hat, gleich beim Eintritt fuͤr die Kleidung 75. Gulden bezahlen, weil ſonſt das Kloſter, wenn er wieder zuruͤckgeht, verlieren wuͤrde. Stirbt ein Pater, ſo laͤßt der Prior alles in ein Veſtiarium ſetzen, die guten Stuͤ- cke werden unter die Fratres und Novizen ausgetheilt, die ſchlechtern bekommen die Armen an der Pforte. So wie einer ein neues Kleidungsſtuͤck bekoͤmmt, ſo muß er auch das alte fuͤr die Armen hergeben. Iſt es nicht wahr, daß dieſe Leute im Kloſter, aller Nahrungsſorgen uͤber- hoben, blos fuͤr ihre Seele leben duͤrfen, wenn ſie nur ernſtlich wollen? Man laͤutet ihnen mit der Glocke zum Eſſen und Trinken, man ſorgt fuͤr ihre Bequemlichkeit, fuͤr ihre Kleidung, und hier in Gengenbach haben ſie auch mehr, als an andern Orten Gelegenheit, geſchaͤftig zu ſeyn, und wirklich das ehrwuͤrdige Amt der Religion, wozu ſie ſich bekennen, unter ihren Bruͤdern zu fuͤhren.
Ich
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Patres mit einander ſpatzleren, und nachher bekommen
ſie einen Veſpertrunk. Doch muͤſſen die Fratres darum
anhalten. Die Unſchlittlichter ſchaft ein Kaufmann an,
mit welchem der Groskeller in Abſicht auf den Schoͤpſen-
talg einen Akkord getroffen hat. Beim Eſſen im Kon-
vent wird die Bibel, das Jus Canonicum- und wirklich
die franzoͤſiſche Geſchichte vorgeleſen. An Sonn- und
Feiertaͤgen duͤrfen die Patres, die keine Geſchaͤfte auf
dem Lande haben, nicht ſpatzieren gehen; ſtatt deſſen wird
ihnen aber alsdann geſtattet, mit einander zu ſprechen.
Alle Kleidung der Religioſen ſchaft P. Groskeller an.
Jeder bekoͤmmt alle Jahre einen Habit, doch iſt auch
hierin keine Zeit beſtimmt, weil einer mehr zu thun hat,
als der andre. Im Winter haben ſie allerdings dickere
und waͤrmere Kleider. Zwei Hemden bekoͤmmt jeder
alle Jahre. Ein Novitius muß, wenn er anders Ver-
moͤgen hat, gleich beim Eintritt fuͤr die Kleidung 75.
Gulden bezahlen, weil ſonſt das Kloſter, wenn er wieder
zuruͤckgeht, verlieren wuͤrde. Stirbt ein Pater, ſo laͤßt
der Prior alles in ein Veſtiarium ſetzen, die guten Stuͤ-
cke werden unter die Fratres und Novizen ausgetheilt, die
ſchlechtern bekommen die Armen an der Pforte. So wie
einer ein neues Kleidungsſtuͤck bekoͤmmt, ſo muß er auch
das alte fuͤr die Armen hergeben. Iſt es nicht wahr,
daß dieſe Leute im Kloſter, aller Nahrungsſorgen uͤber-
hoben, blos fuͤr ihre Seele leben duͤrfen, wenn ſie nur
ernſtlich wollen? Man laͤutet ihnen mit der Glocke zum
Eſſen und Trinken, man ſorgt fuͤr ihre Bequemlichkeit,
fuͤr ihre Kleidung, und hier in Gengenbach haben ſie
auch mehr, als an andern Orten Gelegenheit, geſchaͤftig
zu ſeyn, und wirklich das ehrwuͤrdige Amt der Religion,
wozu ſie ſich bekennen, unter ihren Bruͤdern zu fuͤhren.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/389>, abgerufen am 22.11.2024.
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