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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Wenn an den Feigenbäumen die letzte Frucht im vori-
gen Jahre nicht mehr reif wird, so bleibt sie den ganzen
Winter durch am Baum, erfrieret auch in dieser Ge-
gend nicht, und ist in diesem Jahr schon im Mai zeitig
gewesen. Diese eingerechnet, erndtet man hier dreimal
im Jahr Früchte von den Feigenbäumen. Man soll-
te der Lage nach vermuthen. daß das Thal kalt und rauh
seyn würde, aber im geringsten nicht. Der Garten des
Prälaten ist eine Mischung von allerlei Pflanzen, davon
man viele aus dem hiesigen Schloßgarten bekommen hat,
und sie kommen fast ohne alle Wartung fort. Ich sah
hier Birnen, deren ausserordentliche Grösse mich in Er-
staunen setzte. Am Ende des Gartens ist recht mit vie-
lem Geschmack ein schöner Wasserfall angebracht, dessen
Wasser, nachdem es durch den Garten geflossen ist, im
Klosterhofe noch die Mühle treiben muß. Ich fand hier
Bohnenschöfen, oder Schoten, die länger sind, als
der Arm eines Mannes. Die Bohnen selber sind nicht
gut, aber wenn man die langen Schoten allein nimmt,
sie klein schneidet, und dann auf die gewöhnliche Art zu-
bereitet, dann sind sie sehr schmackhaft. Für meine
Sammlung von Saamen nahm ich auch diese Spielart
von Bohnen mit, und werde sie im künftigen Sommer
selber aussäen. Noch muß ich vom Garten anmerken,
daß man hier gefüllte, und wie man mir versichern woll-
te, recht sehr dicke und ganz gefüllte Pfersischblüten
hat, die doch Früchte tragen, und daß man oft die
Orangenbäume vor Allerheiligentag nicht in das Ge-
wächshaus flüchtet.

Von der Geschichte dieses Klosters wußte man mir
nichts zu erzählen, als daß hier ehemals eine Wildnis

gewesen,
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Wenn an den Feigenbaͤumen die letzte Frucht im vori-
gen Jahre nicht mehr reif wird, ſo bleibt ſie den ganzen
Winter durch am Baum, erfrieret auch in dieſer Ge-
gend nicht, und iſt in dieſem Jahr ſchon im Mai zeitig
geweſen. Dieſe eingerechnet, erndtet man hier dreimal
im Jahr Fruͤchte von den Feigenbaͤumen. Man ſoll-
te der Lage nach vermuthen. daß das Thal kalt und rauh
ſeyn wuͤrde, aber im geringſten nicht. Der Garten des
Praͤlaten iſt eine Miſchung von allerlei Pflanzen, davon
man viele aus dem hieſigen Schloßgarten bekommen hat,
und ſie kommen faſt ohne alle Wartung fort. Ich ſah
hier Birnen, deren auſſerordentliche Groͤſſe mich in Er-
ſtaunen ſetzte. Am Ende des Gartens iſt recht mit vie-
lem Geſchmack ein ſchoͤner Waſſerfall angebracht, deſſen
Waſſer, nachdem es durch den Garten gefloſſen iſt, im
Kloſterhofe noch die Muͤhle treiben muß. Ich fand hier
Bohnenſchoͤfen, oder Schoten, die laͤnger ſind, als
der Arm eines Mannes. Die Bohnen ſelber ſind nicht
gut, aber wenn man die langen Schoten allein nimmt,
ſie klein ſchneidet, und dann auf die gewoͤhnliche Art zu-
bereitet, dann ſind ſie ſehr ſchmackhaft. Fuͤr meine
Sammlung von Saamen nahm ich auch dieſe Spielart
von Bohnen mit, und werde ſie im kuͤnftigen Sommer
ſelber ausſaͤen. Noch muß ich vom Garten anmerken,
daß man hier gefuͤllte, und wie man mir verſichern woll-
te, recht ſehr dicke und ganz gefuͤllte Pferſiſchbluͤten
hat, die doch Fruͤchte tragen, und daß man oft die
Orangenbaͤume vor Allerheiligentag nicht in das Ge-
waͤchshaus fluͤchtet.

Von der Geſchichte dieſes Kloſters wußte man mir
nichts zu erzaͤhlen, als daß hier ehemals eine Wildnis

geweſen,
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[343/0381] Wenn an den Feigenbaͤumen die letzte Frucht im vori- gen Jahre nicht mehr reif wird, ſo bleibt ſie den ganzen Winter durch am Baum, erfrieret auch in dieſer Ge- gend nicht, und iſt in dieſem Jahr ſchon im Mai zeitig geweſen. Dieſe eingerechnet, erndtet man hier dreimal im Jahr Fruͤchte von den Feigenbaͤumen. Man ſoll- te der Lage nach vermuthen. daß das Thal kalt und rauh ſeyn wuͤrde, aber im geringſten nicht. Der Garten des Praͤlaten iſt eine Miſchung von allerlei Pflanzen, davon man viele aus dem hieſigen Schloßgarten bekommen hat, und ſie kommen faſt ohne alle Wartung fort. Ich ſah hier Birnen, deren auſſerordentliche Groͤſſe mich in Er- ſtaunen ſetzte. Am Ende des Gartens iſt recht mit vie- lem Geſchmack ein ſchoͤner Waſſerfall angebracht, deſſen Waſſer, nachdem es durch den Garten gefloſſen iſt, im Kloſterhofe noch die Muͤhle treiben muß. Ich fand hier Bohnenſchoͤfen, oder Schoten, die laͤnger ſind, als der Arm eines Mannes. Die Bohnen ſelber ſind nicht gut, aber wenn man die langen Schoten allein nimmt, ſie klein ſchneidet, und dann auf die gewoͤhnliche Art zu- bereitet, dann ſind ſie ſehr ſchmackhaft. Fuͤr meine Sammlung von Saamen nahm ich auch dieſe Spielart von Bohnen mit, und werde ſie im kuͤnftigen Sommer ſelber ausſaͤen. Noch muß ich vom Garten anmerken, daß man hier gefuͤllte, und wie man mir verſichern woll- te, recht ſehr dicke und ganz gefuͤllte Pferſiſchbluͤten hat, die doch Fruͤchte tragen, und daß man oft die Orangenbaͤume vor Allerheiligentag nicht in das Ge- waͤchshaus fluͤchtet. Von der Geſchichte dieſes Kloſters wußte man mir nichts zu erzaͤhlen, als daß hier ehemals eine Wildnis geweſen, Y 4

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/381>, abgerufen am 22.11.2024.