an dem alten Schloß Ortenberg, das jetzt in seinen Trümmern vom Berge herabsieht, vorbeigereist ist, so kömmt man nach Ortenberg selber, das ein grosses vorderösterreichisches Dorf ist. Sie können Sich die allgemeine Freude über den Herbst, und die geschäftige Vorbereitung, das hundertfältige Klopfen, Säubern und Reinigen an den Fässern nicht vorstellen. Hinter diesem Ort ritt ich zwischen Wiesen durch, und kam bald darauf wieder an die Kinzing, von der das liebliche Thal den Namen hat. Sie kömmt von Wittichen, hat einen sehr ungleichen Lauf, führt in ihrem Bette sehr groben Kies und derbe Wacken, geht an Offenburg vorbei, fließt nach der Seite von Strasburg hin, und fällt bei einem Dorfe in den Rhein. Zuweilen schwillt sie gewaltig an. Ich bin selber schon durch Offenburg gereist zu einer Zeit, wo die Kinzing so sehr angelaufen und ausgetreten war, daß man kaum über die Strasse nach Basel kommen konnte.
Die Reichsstadt Gengenbach selber ist klein, liegt am Berge, hat einige Vorstädte, aber kein einziges schö- nes oder regelmässiges Gebäude. Sie nährt sich vom Wein- und Getreidebau, doch werden auch viele Arbei- ten von Holz hier verfertigt. Denn da am folgenden Tage Jahrmarkt in Offenburg war, so sah ich, daß ganze Wagen von Spinnrädern, Faßreifen, Schau- feln etc. aus Gengenbach ausgeführt wurden.
Das Kloster Gengenbach aber ist ein schönes Ge- bäude von drei Stockwerken. Ringsum stehen viele Keller und Wohnungen für alle Handwerker. Die Klau- sur oder das Konvent ist, wie gewöhnlich, hinten, und im mittlern Stock ist die Abtei oder der Hof des
Reichs
an dem alten Schloß Ortenberg, das jetzt in ſeinen Truͤmmern vom Berge herabſieht, vorbeigereiſt iſt, ſo koͤmmt man nach Ortenberg ſelber, das ein groſſes vorderoͤſterreichiſches Dorf iſt. Sie koͤnnen Sich die allgemeine Freude uͤber den Herbſt, und die geſchaͤftige Vorbereitung, das hundertfaͤltige Klopfen, Saͤubern und Reinigen an den Faͤſſern nicht vorſtellen. Hinter dieſem Ort ritt ich zwiſchen Wieſen durch, und kam bald darauf wieder an die Kinzing, von der das liebliche Thal den Namen hat. Sie koͤmmt von Wittichen, hat einen ſehr ungleichen Lauf, fuͤhrt in ihrem Bette ſehr groben Kies und derbe Wacken, geht an Offenburg vorbei, fließt nach der Seite von Strasburg hin, und faͤllt bei einem Dorfe in den Rhein. Zuweilen ſchwillt ſie gewaltig an. Ich bin ſelber ſchon durch Offenburg gereiſt zu einer Zeit, wo die Kinzing ſo ſehr angelaufen und ausgetreten war, daß man kaum uͤber die Straſſe nach Baſel kommen konnte.
Die Reichsſtadt Gengenbach ſelber iſt klein, liegt am Berge, hat einige Vorſtaͤdte, aber kein einziges ſchoͤ- nes oder regelmaͤſſiges Gebaͤude. Sie naͤhrt ſich vom Wein- und Getreidebau, doch werden auch viele Arbei- ten von Holz hier verfertigt. Denn da am folgenden Tage Jahrmarkt in Offenburg war, ſo ſah ich, daß ganze Wagen von Spinnraͤdern, Faßreifen, Schau- feln ꝛc. aus Gengenbach ausgefuͤhrt wurden.
Das Kloſter Gengenbach aber iſt ein ſchoͤnes Ge- baͤude von drei Stockwerken. Ringsum ſtehen viele Keller und Wohnungen fuͤr alle Handwerker. Die Klau- ſur oder das Konvent iſt, wie gewoͤhnlich, hinten, und im mittlern Stock iſt die Abtei oder der Hof des
Reichs
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0376"n="338"/>
an dem alten Schloß <hirendition="#fr">Ortenberg,</hi> das jetzt in ſeinen<lb/>
Truͤmmern vom Berge herabſieht, vorbeigereiſt iſt, ſo<lb/>
koͤmmt man nach <hirendition="#fr">Ortenberg</hi>ſelber, das ein groſſes<lb/><hirendition="#fr">vorderoͤſterreichiſches</hi> Dorf iſt. Sie koͤnnen Sich die<lb/>
allgemeine Freude uͤber den Herbſt, und die geſchaͤftige<lb/>
Vorbereitung, das hundertfaͤltige Klopfen, Saͤubern<lb/>
und Reinigen an den Faͤſſern nicht vorſtellen. Hinter<lb/>
dieſem Ort ritt ich zwiſchen Wieſen durch, und kam bald<lb/>
darauf wieder an die <hirendition="#fr">Kinzing,</hi> von der das liebliche<lb/>
Thal den Namen hat. Sie koͤmmt von <hirendition="#fr">Wittichen,</hi><lb/>
hat einen ſehr ungleichen Lauf, fuͤhrt in ihrem Bette ſehr<lb/>
groben Kies und derbe Wacken, geht an <hirendition="#fr">Offenburg</hi><lb/>
vorbei, fließt nach der Seite von <hirendition="#fr">Strasburg</hi> hin, und<lb/>
faͤllt bei einem Dorfe in den <hirendition="#fr">Rhein.</hi> Zuweilen ſchwillt<lb/>ſie gewaltig an. Ich bin ſelber ſchon durch <hirendition="#fr">Offenburg</hi><lb/>
gereiſt zu einer Zeit, wo die <hirendition="#fr">Kinzing</hi>ſo ſehr angelaufen<lb/>
und ausgetreten war, daß man kaum uͤber die <hirendition="#fr">Straſſe</hi><lb/>
nach <hirendition="#fr">Baſel</hi> kommen konnte.</p><lb/><p>Die Reichsſtadt <hirendition="#fr">Gengenbach</hi>ſelber iſt klein, liegt<lb/>
am Berge, hat einige Vorſtaͤdte, aber kein einziges ſchoͤ-<lb/>
nes oder regelmaͤſſiges Gebaͤude. Sie naͤhrt ſich vom<lb/>
Wein- und Getreidebau, doch werden auch viele Arbei-<lb/>
ten von Holz hier verfertigt. Denn da am folgenden<lb/>
Tage Jahrmarkt in <hirendition="#fr">Offenburg</hi> war, ſo ſah ich, daß<lb/>
ganze Wagen von Spinnraͤdern, Faßreifen, Schau-<lb/>
feln ꝛc. aus <hirendition="#fr">Gengenbach</hi> ausgefuͤhrt wurden.</p><lb/><p>Das Kloſter <hirendition="#fr">Gengenbach</hi> aber iſt ein ſchoͤnes Ge-<lb/>
baͤude von drei Stockwerken. Ringsum ſtehen viele<lb/>
Keller und Wohnungen fuͤr alle Handwerker. Die Klau-<lb/>ſur oder das Konvent iſt, wie gewoͤhnlich, hinten,<lb/>
und im mittlern Stock iſt die Abtei oder der Hof des<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Reichs</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[338/0376]
an dem alten Schloß Ortenberg, das jetzt in ſeinen
Truͤmmern vom Berge herabſieht, vorbeigereiſt iſt, ſo
koͤmmt man nach Ortenberg ſelber, das ein groſſes
vorderoͤſterreichiſches Dorf iſt. Sie koͤnnen Sich die
allgemeine Freude uͤber den Herbſt, und die geſchaͤftige
Vorbereitung, das hundertfaͤltige Klopfen, Saͤubern
und Reinigen an den Faͤſſern nicht vorſtellen. Hinter
dieſem Ort ritt ich zwiſchen Wieſen durch, und kam bald
darauf wieder an die Kinzing, von der das liebliche
Thal den Namen hat. Sie koͤmmt von Wittichen,
hat einen ſehr ungleichen Lauf, fuͤhrt in ihrem Bette ſehr
groben Kies und derbe Wacken, geht an Offenburg
vorbei, fließt nach der Seite von Strasburg hin, und
faͤllt bei einem Dorfe in den Rhein. Zuweilen ſchwillt
ſie gewaltig an. Ich bin ſelber ſchon durch Offenburg
gereiſt zu einer Zeit, wo die Kinzing ſo ſehr angelaufen
und ausgetreten war, daß man kaum uͤber die Straſſe
nach Baſel kommen konnte.
Die Reichsſtadt Gengenbach ſelber iſt klein, liegt
am Berge, hat einige Vorſtaͤdte, aber kein einziges ſchoͤ-
nes oder regelmaͤſſiges Gebaͤude. Sie naͤhrt ſich vom
Wein- und Getreidebau, doch werden auch viele Arbei-
ten von Holz hier verfertigt. Denn da am folgenden
Tage Jahrmarkt in Offenburg war, ſo ſah ich, daß
ganze Wagen von Spinnraͤdern, Faßreifen, Schau-
feln ꝛc. aus Gengenbach ausgefuͤhrt wurden.
Das Kloſter Gengenbach aber iſt ein ſchoͤnes Ge-
baͤude von drei Stockwerken. Ringsum ſtehen viele
Keller und Wohnungen fuͤr alle Handwerker. Die Klau-
ſur oder das Konvent iſt, wie gewoͤhnlich, hinten,
und im mittlern Stock iſt die Abtei oder der Hof des
Reichs
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/376>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.