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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Vom Kohlkraut haben die Gärtner ganze Stücke.
Die andern Einwohner pflanzen das Kraut im Welsch-
korn,
im Krapp und im Tabak. Man glaubt, daß
das Kraut im Tabak das beste sei. Seitdem man
einige dürre und trockne Jahre nach einander erlebt hat,
verdorren die rothen Grundbirnen oder Kartoffeln.
Daher zieht man jezt, wie auch in meinem Vaterlande
geschieht, meistens weisse Kartoffeln. Ich vermuthe
freilich, daß zuletzt auch diese, wenn sie nicht von Zeit
zu Zeit aus Saamen gezogen werden, abnehmen, und
schlechter werden müssen.

Rebs pflanzt man über Winter, und wenn er dann
aus den Feldern kömmt, so wird Tabak in das Feld ge-
setzt. Den Saamen davon preßt und schlägt man zu
Oel, wozu vier Oelmühlen vorhanden sind, die von der
Speierbach getrieben werden.

Auch beschäftigt man sich sehr mit Erziehung des
Mohns oder des Maagsaamens. Daraus wird sehr
viel Oel bereitet, das, wenn es kalt geschlagen worden
ist, sogar zu den Speisen gebraucht werden kan.

Der Weinbau ist bei Speier so gros nicht, als
Sie vielleicht vermuthen, weil keine Berge in der Gegend
sind. In den Gärten innerhalb der Stadt werden etwa
hundert Fuder Wein alle Jahre gewonnen, und mehr
als 200. Fuder Wein ausserhalb der Stadt. Davon
wird das meiste in der Stadt verzapft und getrunken,
zum Verkauf bleibt nicht viel übrig. Weisser Wein ist
gewöhnlicher, als rother. Der Speirer Wein ist hi-
tzig, und hält sich nicht lange, wenn nicht Wein aus
den Gebürgen gekauft und darunter geschüttet wird. Den

Wein-

Vom Kohlkraut haben die Gaͤrtner ganze Stuͤcke.
Die andern Einwohner pflanzen das Kraut im Welſch-
korn,
im Krapp und im Tabak. Man glaubt, daß
das Kraut im Tabak das beſte ſei. Seitdem man
einige duͤrre und trockne Jahre nach einander erlebt hat,
verdorren die rothen Grundbirnen oder Kartoffeln.
Daher zieht man jezt, wie auch in meinem Vaterlande
geſchieht, meiſtens weiſſe Kartoffeln. Ich vermuthe
freilich, daß zuletzt auch dieſe, wenn ſie nicht von Zeit
zu Zeit aus Saamen gezogen werden, abnehmen, und
ſchlechter werden muͤſſen.

Rebs pflanzt man uͤber Winter, und wenn er dann
aus den Feldern koͤmmt, ſo wird Tabak in das Feld ge-
ſetzt. Den Saamen davon preßt und ſchlaͤgt man zu
Oel, wozu vier Oelmuͤhlen vorhanden ſind, die von der
Speierbach getrieben werden.

Auch beſchaͤftigt man ſich ſehr mit Erziehung des
Mohns oder des Maagſaamens. Daraus wird ſehr
viel Oel bereitet, das, wenn es kalt geſchlagen worden
iſt, ſogar zu den Speiſen gebraucht werden kan.

Der Weinbau iſt bei Speier ſo gros nicht, als
Sie vielleicht vermuthen, weil keine Berge in der Gegend
ſind. In den Gaͤrten innerhalb der Stadt werden etwa
hundert Fuder Wein alle Jahre gewonnen, und mehr
als 200. Fuder Wein auſſerhalb der Stadt. Davon
wird das meiſte in der Stadt verzapft und getrunken,
zum Verkauf bleibt nicht viel uͤbrig. Weiſſer Wein iſt
gewoͤhnlicher, als rother. Der Speirer Wein iſt hi-
tzig, und haͤlt ſich nicht lange, wenn nicht Wein aus
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[308/0346] Vom Kohlkraut haben die Gaͤrtner ganze Stuͤcke. Die andern Einwohner pflanzen das Kraut im Welſch- korn, im Krapp und im Tabak. Man glaubt, daß das Kraut im Tabak das beſte ſei. Seitdem man einige duͤrre und trockne Jahre nach einander erlebt hat, verdorren die rothen Grundbirnen oder Kartoffeln. Daher zieht man jezt, wie auch in meinem Vaterlande geſchieht, meiſtens weiſſe Kartoffeln. Ich vermuthe freilich, daß zuletzt auch dieſe, wenn ſie nicht von Zeit zu Zeit aus Saamen gezogen werden, abnehmen, und ſchlechter werden muͤſſen. Rebs pflanzt man uͤber Winter, und wenn er dann aus den Feldern koͤmmt, ſo wird Tabak in das Feld ge- ſetzt. Den Saamen davon preßt und ſchlaͤgt man zu Oel, wozu vier Oelmuͤhlen vorhanden ſind, die von der Speierbach getrieben werden. Auch beſchaͤftigt man ſich ſehr mit Erziehung des Mohns oder des Maagſaamens. Daraus wird ſehr viel Oel bereitet, das, wenn es kalt geſchlagen worden iſt, ſogar zu den Speiſen gebraucht werden kan. Der Weinbau iſt bei Speier ſo gros nicht, als Sie vielleicht vermuthen, weil keine Berge in der Gegend ſind. In den Gaͤrten innerhalb der Stadt werden etwa hundert Fuder Wein alle Jahre gewonnen, und mehr als 200. Fuder Wein auſſerhalb der Stadt. Davon wird das meiſte in der Stadt verzapft und getrunken, zum Verkauf bleibt nicht viel uͤbrig. Weiſſer Wein iſt gewoͤhnlicher, als rother. Der Speirer Wein iſt hi- tzig, und haͤlt ſich nicht lange, wenn nicht Wein aus den Gebuͤrgen gekauft und darunter geſchuͤttet wird. Den Wein-

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/346>, abgerufen am 25.11.2024.