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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Wenn man sich aus der Geschichte der schrecklichen
Verwüstungen erinnert, welche die Franzosen in der Pfalz
und auch in Speier angerichtet haben, so muß man es
bewundern, daß die Stadt so schnell wieder aufgebauet
worden. Es ist aber ein Beweis vom Wohlstande der
Einwohner, von der Kostbarkeit des Landes am Rhein.
Die Stadt hat schöne breite Strassen, alle sind gepfla-
stert, und man sieht nur noch einige wenige Brandstät-
ten. Freilich sind die neuen Häuser nicht in dem Ge-
schmack, und mit der Pracht aufgeführt worden, wie in
Dresden; aber sie sind doch für Bürger, die sich mehr
von der Landwirthschaft, als von Fabriken und Handwer-
kern nähren, ganz gut. Man findet auch einige neu-
modige und schöne Gebäude. Mancher Platz würde
auch bereits überbaut seyn, wenn nicht die beiden Reli-
gionspartheien in der Stadt, die Lutherische und die
Katholische, zuweilen wegen Ankauf der Plätze und Er-
bauung der Häuser in Streit geriethen. Indessen ist die
Lutherische Kirche und Religion immer die herrschende in
der Stadt. Es sind hier kaum 30. katholische Bürger.
Die Gebäude, in welchen sich ehemals das Kammerge-
richt versammelte, sehen freilich betrübt aus, und stehen
in ihren Ruinen zur Schande des Volks da, das so
schrecklich mit Feuer und Schwerd wüten konnte. Von
der alten Bartholomäuskirche stehen nur auch noch die
Ringmauern da, und darneben ein fester, uralter Thurm,
dergleichen freilich jetzt keiner mehr gebaut wird. Der
Thurm hat oben ein steinernes gewölbtes Dach.

Die Stadt liegt in einer so sehr gesegneten Gegend,
daß ihr beinahe kein natürliches Bedürfnis mangelt. Ich
habe da mit Vergnügen, auch am frühen Morgen, wie

ich

Wenn man ſich aus der Geſchichte der ſchrecklichen
Verwuͤſtungen erinnert, welche die Franzoſen in der Pfalz
und auch in Speier angerichtet haben, ſo muß man es
bewundern, daß die Stadt ſo ſchnell wieder aufgebauet
worden. Es iſt aber ein Beweis vom Wohlſtande der
Einwohner, von der Koſtbarkeit des Landes am Rhein.
Die Stadt hat ſchoͤne breite Straſſen, alle ſind gepfla-
ſtert, und man ſieht nur noch einige wenige Brandſtaͤt-
ten. Freilich ſind die neuen Haͤuſer nicht in dem Ge-
ſchmack, und mit der Pracht aufgefuͤhrt worden, wie in
Dresden; aber ſie ſind doch fuͤr Buͤrger, die ſich mehr
von der Landwirthſchaft, als von Fabriken und Handwer-
kern naͤhren, ganz gut. Man findet auch einige neu-
modige und ſchoͤne Gebaͤude. Mancher Platz wuͤrde
auch bereits uͤberbaut ſeyn, wenn nicht die beiden Reli-
gionspartheien in der Stadt, die Lutheriſche und die
Katholiſche, zuweilen wegen Ankauf der Plaͤtze und Er-
bauung der Haͤuſer in Streit geriethen. Indeſſen iſt die
Lutheriſche Kirche und Religion immer die herrſchende in
der Stadt. Es ſind hier kaum 30. katholiſche Buͤrger.
Die Gebaͤude, in welchen ſich ehemals das Kammerge-
richt verſammelte, ſehen freilich betruͤbt aus, und ſtehen
in ihren Ruinen zur Schande des Volks da, das ſo
ſchrecklich mit Feuer und Schwerd wuͤten konnte. Von
der alten Bartholomaͤuskirche ſtehen nur auch noch die
Ringmauern da, und darneben ein feſter, uralter Thurm,
dergleichen freilich jetzt keiner mehr gebaut wird. Der
Thurm hat oben ein ſteinernes gewoͤlbtes Dach.

Die Stadt liegt in einer ſo ſehr geſegneten Gegend,
daß ihr beinahe kein natuͤrliches Beduͤrfnis mangelt. Ich
habe da mit Vergnuͤgen, auch am fruͤhen Morgen, wie

ich
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[301/0339] Wenn man ſich aus der Geſchichte der ſchrecklichen Verwuͤſtungen erinnert, welche die Franzoſen in der Pfalz und auch in Speier angerichtet haben, ſo muß man es bewundern, daß die Stadt ſo ſchnell wieder aufgebauet worden. Es iſt aber ein Beweis vom Wohlſtande der Einwohner, von der Koſtbarkeit des Landes am Rhein. Die Stadt hat ſchoͤne breite Straſſen, alle ſind gepfla- ſtert, und man ſieht nur noch einige wenige Brandſtaͤt- ten. Freilich ſind die neuen Haͤuſer nicht in dem Ge- ſchmack, und mit der Pracht aufgefuͤhrt worden, wie in Dresden; aber ſie ſind doch fuͤr Buͤrger, die ſich mehr von der Landwirthſchaft, als von Fabriken und Handwer- kern naͤhren, ganz gut. Man findet auch einige neu- modige und ſchoͤne Gebaͤude. Mancher Platz wuͤrde auch bereits uͤberbaut ſeyn, wenn nicht die beiden Reli- gionspartheien in der Stadt, die Lutheriſche und die Katholiſche, zuweilen wegen Ankauf der Plaͤtze und Er- bauung der Haͤuſer in Streit geriethen. Indeſſen iſt die Lutheriſche Kirche und Religion immer die herrſchende in der Stadt. Es ſind hier kaum 30. katholiſche Buͤrger. Die Gebaͤude, in welchen ſich ehemals das Kammerge- richt verſammelte, ſehen freilich betruͤbt aus, und ſtehen in ihren Ruinen zur Schande des Volks da, das ſo ſchrecklich mit Feuer und Schwerd wuͤten konnte. Von der alten Bartholomaͤuskirche ſtehen nur auch noch die Ringmauern da, und darneben ein feſter, uralter Thurm, dergleichen freilich jetzt keiner mehr gebaut wird. Der Thurm hat oben ein ſteinernes gewoͤlbtes Dach. Die Stadt liegt in einer ſo ſehr geſegneten Gegend, daß ihr beinahe kein natuͤrliches Beduͤrfnis mangelt. Ich habe da mit Vergnuͤgen, auch am fruͤhen Morgen, wie ich

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/339>, abgerufen am 24.11.2024.