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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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macht habe, daß sich jede Pflanze nach und nach natura-
lisire, und an Klima, Boden, Luft und Witterung,
gleich den auswärtigen Thieren, gleich den Menschen sel-
ber gewöhne, -- so haben die Schweizer dafür keinen
Sinn. Es sind gröstentheils schwerfällige Leute, die
nichts wissen wollen. Weil sie einmal von Jugend auf
gehört haben, daß man dies und jenes für Geld hier oder
dort haben könne, so scharren sie nun nur Geld zusam-
men, und sehen gar nicht über ihre Gebürge weg. Weit
steht das Volk unter der geschäftigen, regsamen Nation
der Deutschen, und was noch gut an ihnen war, wird
durch die Mischung mit Französischem Tand nun vollends
verdorben.

Bei einem Rathsherrn Deggeler sah ich eine kleine
Sammlung von raren Erzstuffen: doch waren es mehr
Ausländische, Sächsische etc. dergleichen ich oft gesehen
hatte, als Einheimische, die ich hier suchte. Ich habe
aus seiner gütigen Hand ein Stück Schwefelerz aus
dem Lande Wallis erhalten, und bewahre das, als ein
Andenken an Schafhausen in meiner Sammlung. Die
beiden Herren Ammann besitzen ein reiches und schönes
Kabinet, das ich ohne Zweifel durch die Addresse eines
alten Freundes von ihnen würde gesehen haben, wenn
nicht in der Stunde, da ich meine Empfehlung hinschick-
te, die langwierige Krankheit eines der Besitzer so eine
schlimme Wendung genommen hätte, daß das ganze
Haus seinen Tod erwarten muste, der nun, da ich dies
schreibe, ohne Zweifel schon lange erfolgt ist.

Auf der andern Seite der Stadt sieht man ein Mu-
ster von einer schönen Brücke über den Rhein. Sie ist
von Holz, ein Sprengwerk, hat nur 2. Schwibbogen,

der
Zweiter Theil. T

macht habe, daß ſich jede Pflanze nach und nach natura-
liſire, und an Klima, Boden, Luft und Witterung,
gleich den auswaͤrtigen Thieren, gleich den Menſchen ſel-
ber gewoͤhne, — ſo haben die Schweizer dafuͤr keinen
Sinn. Es ſind groͤſtentheils ſchwerfaͤllige Leute, die
nichts wiſſen wollen. Weil ſie einmal von Jugend auf
gehoͤrt haben, daß man dies und jenes fuͤr Geld hier oder
dort haben koͤnne, ſo ſcharren ſie nun nur Geld zuſam-
men, und ſehen gar nicht uͤber ihre Gebuͤrge weg. Weit
ſteht das Volk unter der geſchaͤftigen, regſamen Nation
der Deutſchen, und was noch gut an ihnen war, wird
durch die Miſchung mit Franzoͤſiſchem Tand nun vollends
verdorben.

Bei einem Rathsherrn Deggeler ſah ich eine kleine
Sammlung von raren Erzſtuffen: doch waren es mehr
Auslaͤndiſche, Saͤchſiſche ꝛc. dergleichen ich oft geſehen
hatte, als Einheimiſche, die ich hier ſuchte. Ich habe
aus ſeiner guͤtigen Hand ein Stuͤck Schwefelerz aus
dem Lande Wallis erhalten, und bewahre das, als ein
Andenken an Schafhauſen in meiner Sammlung. Die
beiden Herren Ammann beſitzen ein reiches und ſchoͤnes
Kabinet, das ich ohne Zweifel durch die Addreſſe eines
alten Freundes von ihnen wuͤrde geſehen haben, wenn
nicht in der Stunde, da ich meine Empfehlung hinſchick-
te, die langwierige Krankheit eines der Beſitzer ſo eine
ſchlimme Wendung genommen haͤtte, daß das ganze
Haus ſeinen Tod erwarten muſte, der nun, da ich dies
ſchreibe, ohne Zweifel ſchon lange erfolgt iſt.

Auf der andern Seite der Stadt ſieht man ein Mu-
ſter von einer ſchoͤnen Bruͤcke uͤber den Rhein. Sie iſt
von Holz, ein Sprengwerk, hat nur 2. Schwibbogen,

der
Zweiter Theil. T
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[289/0327] macht habe, daß ſich jede Pflanze nach und nach natura- liſire, und an Klima, Boden, Luft und Witterung, gleich den auswaͤrtigen Thieren, gleich den Menſchen ſel- ber gewoͤhne, — ſo haben die Schweizer dafuͤr keinen Sinn. Es ſind groͤſtentheils ſchwerfaͤllige Leute, die nichts wiſſen wollen. Weil ſie einmal von Jugend auf gehoͤrt haben, daß man dies und jenes fuͤr Geld hier oder dort haben koͤnne, ſo ſcharren ſie nun nur Geld zuſam- men, und ſehen gar nicht uͤber ihre Gebuͤrge weg. Weit ſteht das Volk unter der geſchaͤftigen, regſamen Nation der Deutſchen, und was noch gut an ihnen war, wird durch die Miſchung mit Franzoͤſiſchem Tand nun vollends verdorben. Bei einem Rathsherrn Deggeler ſah ich eine kleine Sammlung von raren Erzſtuffen: doch waren es mehr Auslaͤndiſche, Saͤchſiſche ꝛc. dergleichen ich oft geſehen hatte, als Einheimiſche, die ich hier ſuchte. Ich habe aus ſeiner guͤtigen Hand ein Stuͤck Schwefelerz aus dem Lande Wallis erhalten, und bewahre das, als ein Andenken an Schafhauſen in meiner Sammlung. Die beiden Herren Ammann beſitzen ein reiches und ſchoͤnes Kabinet, das ich ohne Zweifel durch die Addreſſe eines alten Freundes von ihnen wuͤrde geſehen haben, wenn nicht in der Stunde, da ich meine Empfehlung hinſchick- te, die langwierige Krankheit eines der Beſitzer ſo eine ſchlimme Wendung genommen haͤtte, daß das ganze Haus ſeinen Tod erwarten muſte, der nun, da ich dies ſchreibe, ohne Zweifel ſchon lange erfolgt iſt. Auf der andern Seite der Stadt ſieht man ein Mu- ſter von einer ſchoͤnen Bruͤcke uͤber den Rhein. Sie iſt von Holz, ein Sprengwerk, hat nur 2. Schwibbogen, der Zweiter Theil. T

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/327>, abgerufen am 25.11.2024.