macht habe, daß sich jede Pflanze nach und nach natura- lisire, und an Klima, Boden, Luft und Witterung, gleich den auswärtigen Thieren, gleich den Menschen sel- ber gewöhne, -- so haben die Schweizer dafür keinen Sinn. Es sind gröstentheils schwerfällige Leute, die nichts wissen wollen. Weil sie einmal von Jugend auf gehört haben, daß man dies und jenes für Geld hier oder dort haben könne, so scharren sie nun nur Geld zusam- men, und sehen gar nicht über ihre Gebürge weg. Weit steht das Volk unter der geschäftigen, regsamen Nation der Deutschen, und was noch gut an ihnen war, wird durch die Mischung mit Französischem Tand nun vollends verdorben.
Bei einem Rathsherrn Deggeler sah ich eine kleine Sammlung von raren Erzstuffen: doch waren es mehr Ausländische, Sächsische etc. dergleichen ich oft gesehen hatte, als Einheimische, die ich hier suchte. Ich habe aus seiner gütigen Hand ein Stück Schwefelerz aus dem Lande Wallis erhalten, und bewahre das, als ein Andenken an Schafhausen in meiner Sammlung. Die beiden Herren Ammann besitzen ein reiches und schönes Kabinet, das ich ohne Zweifel durch die Addresse eines alten Freundes von ihnen würde gesehen haben, wenn nicht in der Stunde, da ich meine Empfehlung hinschick- te, die langwierige Krankheit eines der Besitzer so eine schlimme Wendung genommen hätte, daß das ganze Haus seinen Tod erwarten muste, der nun, da ich dies schreibe, ohne Zweifel schon lange erfolgt ist.
Auf der andern Seite der Stadt sieht man ein Mu- ster von einer schönen Brücke über den Rhein. Sie ist von Holz, ein Sprengwerk, hat nur 2. Schwibbogen,
der
Zweiter Theil. T
macht habe, daß ſich jede Pflanze nach und nach natura- liſire, und an Klima, Boden, Luft und Witterung, gleich den auswaͤrtigen Thieren, gleich den Menſchen ſel- ber gewoͤhne, — ſo haben die Schweizer dafuͤr keinen Sinn. Es ſind groͤſtentheils ſchwerfaͤllige Leute, die nichts wiſſen wollen. Weil ſie einmal von Jugend auf gehoͤrt haben, daß man dies und jenes fuͤr Geld hier oder dort haben koͤnne, ſo ſcharren ſie nun nur Geld zuſam- men, und ſehen gar nicht uͤber ihre Gebuͤrge weg. Weit ſteht das Volk unter der geſchaͤftigen, regſamen Nation der Deutſchen, und was noch gut an ihnen war, wird durch die Miſchung mit Franzoͤſiſchem Tand nun vollends verdorben.
Bei einem Rathsherrn Deggeler ſah ich eine kleine Sammlung von raren Erzſtuffen: doch waren es mehr Auslaͤndiſche, Saͤchſiſche ꝛc. dergleichen ich oft geſehen hatte, als Einheimiſche, die ich hier ſuchte. Ich habe aus ſeiner guͤtigen Hand ein Stuͤck Schwefelerz aus dem Lande Wallis erhalten, und bewahre das, als ein Andenken an Schafhauſen in meiner Sammlung. Die beiden Herren Ammann beſitzen ein reiches und ſchoͤnes Kabinet, das ich ohne Zweifel durch die Addreſſe eines alten Freundes von ihnen wuͤrde geſehen haben, wenn nicht in der Stunde, da ich meine Empfehlung hinſchick- te, die langwierige Krankheit eines der Beſitzer ſo eine ſchlimme Wendung genommen haͤtte, daß das ganze Haus ſeinen Tod erwarten muſte, der nun, da ich dies ſchreibe, ohne Zweifel ſchon lange erfolgt iſt.
Auf der andern Seite der Stadt ſieht man ein Mu- ſter von einer ſchoͤnen Bruͤcke uͤber den Rhein. Sie iſt von Holz, ein Sprengwerk, hat nur 2. Schwibbogen,
der
Zweiter Theil. T
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0327"n="289"/>
macht habe, daß ſich jede Pflanze nach und nach natura-<lb/>
liſire, und an Klima, Boden, Luft und Witterung,<lb/>
gleich den auswaͤrtigen Thieren, gleich den Menſchen ſel-<lb/>
ber gewoͤhne, —ſo haben die Schweizer dafuͤr keinen<lb/>
Sinn. Es ſind groͤſtentheils ſchwerfaͤllige Leute, die<lb/>
nichts wiſſen wollen. Weil ſie einmal von Jugend auf<lb/>
gehoͤrt haben, daß man dies und jenes fuͤr Geld hier oder<lb/>
dort haben koͤnne, ſo ſcharren ſie nun nur Geld zuſam-<lb/>
men, und ſehen gar nicht uͤber ihre Gebuͤrge weg. Weit<lb/>ſteht das Volk unter der geſchaͤftigen, regſamen Nation<lb/>
der Deutſchen, und was noch gut an ihnen war, wird<lb/>
durch die Miſchung mit Franzoͤſiſchem Tand nun vollends<lb/>
verdorben.</p><lb/><p>Bei einem Rathsherrn <hirendition="#fr">Deggeler</hi>ſah ich eine kleine<lb/>
Sammlung von raren <hirendition="#fr">Erzſtuffen:</hi> doch waren es mehr<lb/>
Auslaͤndiſche, Saͤchſiſche ꝛc. dergleichen ich oft geſehen<lb/>
hatte, als Einheimiſche, die ich hier ſuchte. Ich habe<lb/>
aus ſeiner guͤtigen Hand ein Stuͤck <hirendition="#fr">Schwefelerz</hi> aus<lb/>
dem Lande <hirendition="#fr">Wallis</hi> erhalten, und bewahre das, als ein<lb/>
Andenken an <hirendition="#fr">Schafhauſen</hi> in meiner Sammlung. Die<lb/>
beiden Herren <hirendition="#fr">Ammann</hi> beſitzen ein reiches und ſchoͤnes<lb/>
Kabinet, das ich ohne Zweifel durch die Addreſſe eines<lb/>
alten Freundes von ihnen wuͤrde geſehen haben, wenn<lb/>
nicht in der Stunde, da ich meine Empfehlung hinſchick-<lb/>
te, die langwierige Krankheit eines der Beſitzer ſo eine<lb/>ſchlimme Wendung genommen haͤtte, daß das ganze<lb/>
Haus ſeinen Tod erwarten muſte, der nun, da ich dies<lb/>ſchreibe, ohne Zweifel ſchon lange erfolgt iſt.</p><lb/><p>Auf der andern Seite der Stadt ſieht man ein Mu-<lb/>ſter von einer ſchoͤnen Bruͤcke uͤber den <hirendition="#fr">Rhein.</hi> Sie iſt<lb/>
von Holz, ein Sprengwerk, hat nur 2. Schwibbogen,<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Zweiter Theil.</hi> T</fw><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[289/0327]
macht habe, daß ſich jede Pflanze nach und nach natura-
liſire, und an Klima, Boden, Luft und Witterung,
gleich den auswaͤrtigen Thieren, gleich den Menſchen ſel-
ber gewoͤhne, — ſo haben die Schweizer dafuͤr keinen
Sinn. Es ſind groͤſtentheils ſchwerfaͤllige Leute, die
nichts wiſſen wollen. Weil ſie einmal von Jugend auf
gehoͤrt haben, daß man dies und jenes fuͤr Geld hier oder
dort haben koͤnne, ſo ſcharren ſie nun nur Geld zuſam-
men, und ſehen gar nicht uͤber ihre Gebuͤrge weg. Weit
ſteht das Volk unter der geſchaͤftigen, regſamen Nation
der Deutſchen, und was noch gut an ihnen war, wird
durch die Miſchung mit Franzoͤſiſchem Tand nun vollends
verdorben.
Bei einem Rathsherrn Deggeler ſah ich eine kleine
Sammlung von raren Erzſtuffen: doch waren es mehr
Auslaͤndiſche, Saͤchſiſche ꝛc. dergleichen ich oft geſehen
hatte, als Einheimiſche, die ich hier ſuchte. Ich habe
aus ſeiner guͤtigen Hand ein Stuͤck Schwefelerz aus
dem Lande Wallis erhalten, und bewahre das, als ein
Andenken an Schafhauſen in meiner Sammlung. Die
beiden Herren Ammann beſitzen ein reiches und ſchoͤnes
Kabinet, das ich ohne Zweifel durch die Addreſſe eines
alten Freundes von ihnen wuͤrde geſehen haben, wenn
nicht in der Stunde, da ich meine Empfehlung hinſchick-
te, die langwierige Krankheit eines der Beſitzer ſo eine
ſchlimme Wendung genommen haͤtte, daß das ganze
Haus ſeinen Tod erwarten muſte, der nun, da ich dies
ſchreibe, ohne Zweifel ſchon lange erfolgt iſt.
Auf der andern Seite der Stadt ſieht man ein Mu-
ſter von einer ſchoͤnen Bruͤcke uͤber den Rhein. Sie iſt
von Holz, ein Sprengwerk, hat nur 2. Schwibbogen,
der
Zweiter Theil. T
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/327>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.