und Mosheim schrieb ihm 1748. hinein: Magna au- ctoritas, magna existimatio, magna fama -- magna mala, o beata obscuritas! -- Ich muste mich auch einschreiben. Von ihm ging ich in die
Ges[e]llschaft der naturforschenden Freunde, die sich heut bei Hrn. Dr. Bloch versammelte. Er verlas die Hälfte seines Aufsatzes von Band- und andern Intesti- nalwürmern, und legte Zeichnungen vor. Die aus ei- nem Echinoryncho suis nur eben herausgedrückten Eier sah man unter dem Mikroskop. -- Seine Mei- nung, daß diese Thiere eine eigene Familie ausmachen, und bestimmt wären, nur allein in thierischen Körpern zu leben, unterstützt er mit 12. Gründen, z. B. weil ihre Eier in Trillionen gehen, -- weil sie durch die übrigen star- ken Verdauungskräfte des Magens nicht destruirt würden, -- weil jedes Thier seine eigene Gattungen habe, -- weil sie sich nicht verpflanzen liessen etc. Nur zweierlei Arten von Bandwürmern gebe es: Breit- und schmal- gliedrichte.
Nach geendigter Versammlung behielt er mich zum Abendessen, und da hatten wir so viel mit einander zu schwatzen, daß ich erst um Mitternacht diesen gelehrten und guten Israeliten verlies. Gestern bereits hatte ich ein sehr angenehmes Geschenk von Bernstein von ihm zum Andenken bekommen. Verschiedene Juden haben die Erlaubnis gepachtet, überall im festen Lande Bern- stein zu graben. Man findet fast, so oft als man Brun- nen gräbt, grosse Stücke. Er geht sonderlich stark nach der Türkei, Pohlen, Persien etc. zum Räuchwerk. Stücke mit Insekten muß man nur bei den Arbeitern be- stellen. Eine Tonne von kleinen Bernstein an den Kauf-
mann
und Mosheim ſchrieb ihm 1748. hinein: Magna au- ctoritas, magna exiſtimatio, magna fama — magna mala, o beata obſcuritas! — Ich muſte mich auch einſchreiben. Von ihm ging ich in die
Geſ[e]llſchaft der naturforſchenden Freunde, die ſich heut bei Hrn. Dr. Bloch verſammelte. Er verlas die Haͤlfte ſeines Aufſatzes von Band- und andern Inteſti- nalwuͤrmern, und legte Zeichnungen vor. Die aus ei- nem Echinoryncho ſuis nur eben herausgedruͤckten Eier ſah man unter dem Mikroſkop. — Seine Mei- nung, daß dieſe Thiere eine eigene Familie ausmachen, und beſtimmt waͤren, nur allein in thieriſchen Koͤrpern zu leben, unterſtuͤtzt er mit 12. Gruͤnden, z. B. weil ihre Eier in Trillionen gehen, — weil ſie durch die uͤbrigen ſtar- ken Verdauungskraͤfte des Magens nicht deſtruirt wuͤrden, — weil jedes Thier ſeine eigene Gattungen habe, — weil ſie ſich nicht verpflanzen lieſſen ꝛc. Nur zweierlei Arten von Bandwuͤrmern gebe es: Breit- und ſchmal- gliedrichte.
Nach geendigter Verſammlung behielt er mich zum Abendeſſen, und da hatten wir ſo viel mit einander zu ſchwatzen, daß ich erſt um Mitternacht dieſen gelehrten und guten Iſraeliten verlies. Geſtern bereits hatte ich ein ſehr angenehmes Geſchenk von Bernſtein von ihm zum Andenken bekommen. Verſchiedene Juden haben die Erlaubnis gepachtet, uͤberall im feſten Lande Bern- ſtein zu graben. Man findet faſt, ſo oft als man Brun- nen graͤbt, groſſe Stuͤcke. Er geht ſonderlich ſtark nach der Tuͤrkei, Pohlen, Perſien ꝛc. zum Raͤuchwerk. Stuͤcke mit Inſekten muß man nur bei den Arbeitern be- ſtellen. Eine Tonne von kleinen Bernſtein an den Kauf-
mann
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0236"n="198"/><p>und <hirendition="#fr">Mosheim</hi>ſchrieb ihm 1748. hinein: <hirendition="#aq">Magna au-<lb/>
ctoritas, magna exiſtimatio, magna fama —<lb/>
magna mala, o beata obſcuritas!</hi>— Ich muſte<lb/>
mich auch einſchreiben. Von ihm ging ich in die</p><lb/><p><hirendition="#fr">Geſ<supplied>e</supplied>llſchaft der naturforſchenden Freunde,</hi> die<lb/>ſich heut bei Hrn. Dr. <hirendition="#fr">Bloch</hi> verſammelte. Er verlas<lb/>
die Haͤlfte ſeines Aufſatzes von Band- und andern Inteſti-<lb/>
nalwuͤrmern, und legte Zeichnungen vor. Die aus ei-<lb/>
nem <hirendition="#aq">Echinoryncho ſuis</hi> nur eben herausgedruͤckten<lb/>
Eier ſah man unter dem Mikroſkop. — Seine Mei-<lb/>
nung, daß dieſe Thiere eine eigene Familie ausmachen,<lb/>
und beſtimmt waͤren, nur allein in thieriſchen Koͤrpern<lb/>
zu leben, unterſtuͤtzt er mit 12. Gruͤnden, z. B. weil ihre<lb/>
Eier in Trillionen gehen, — weil ſie durch die uͤbrigen ſtar-<lb/>
ken Verdauungskraͤfte des Magens nicht deſtruirt wuͤrden,<lb/>— weil jedes Thier ſeine eigene Gattungen habe, —<lb/>
weil ſie ſich nicht verpflanzen lieſſen ꝛc. Nur zweierlei<lb/>
Arten von Bandwuͤrmern gebe es: Breit- und ſchmal-<lb/>
gliedrichte.</p><lb/><p>Nach geendigter Verſammlung behielt er mich zum<lb/>
Abendeſſen, und da hatten wir ſo viel mit einander zu<lb/>ſchwatzen, daß ich erſt um Mitternacht dieſen gelehrten<lb/>
und guten Iſraeliten verlies. Geſtern bereits hatte<lb/>
ich ein ſehr angenehmes Geſchenk von Bernſtein von ihm<lb/>
zum Andenken bekommen. Verſchiedene Juden haben<lb/>
die Erlaubnis gepachtet, uͤberall im feſten Lande Bern-<lb/>ſtein zu graben. Man findet faſt, ſo oft als man Brun-<lb/>
nen graͤbt, groſſe Stuͤcke. Er geht ſonderlich ſtark nach<lb/>
der <hirendition="#fr">Tuͤrkei, Pohlen, Perſien</hi>ꝛc. zum Raͤuchwerk.<lb/>
Stuͤcke mit Inſekten muß man nur bei den Arbeitern be-<lb/>ſtellen. Eine Tonne von kleinen Bernſtein an den Kauf-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">mann</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[198/0236]
und Mosheim ſchrieb ihm 1748. hinein: Magna au-
ctoritas, magna exiſtimatio, magna fama —
magna mala, o beata obſcuritas! — Ich muſte
mich auch einſchreiben. Von ihm ging ich in die
Geſellſchaft der naturforſchenden Freunde, die
ſich heut bei Hrn. Dr. Bloch verſammelte. Er verlas
die Haͤlfte ſeines Aufſatzes von Band- und andern Inteſti-
nalwuͤrmern, und legte Zeichnungen vor. Die aus ei-
nem Echinoryncho ſuis nur eben herausgedruͤckten
Eier ſah man unter dem Mikroſkop. — Seine Mei-
nung, daß dieſe Thiere eine eigene Familie ausmachen,
und beſtimmt waͤren, nur allein in thieriſchen Koͤrpern
zu leben, unterſtuͤtzt er mit 12. Gruͤnden, z. B. weil ihre
Eier in Trillionen gehen, — weil ſie durch die uͤbrigen ſtar-
ken Verdauungskraͤfte des Magens nicht deſtruirt wuͤrden,
— weil jedes Thier ſeine eigene Gattungen habe, —
weil ſie ſich nicht verpflanzen lieſſen ꝛc. Nur zweierlei
Arten von Bandwuͤrmern gebe es: Breit- und ſchmal-
gliedrichte.
Nach geendigter Verſammlung behielt er mich zum
Abendeſſen, und da hatten wir ſo viel mit einander zu
ſchwatzen, daß ich erſt um Mitternacht dieſen gelehrten
und guten Iſraeliten verlies. Geſtern bereits hatte
ich ein ſehr angenehmes Geſchenk von Bernſtein von ihm
zum Andenken bekommen. Verſchiedene Juden haben
die Erlaubnis gepachtet, uͤberall im feſten Lande Bern-
ſtein zu graben. Man findet faſt, ſo oft als man Brun-
nen graͤbt, groſſe Stuͤcke. Er geht ſonderlich ſtark nach
der Tuͤrkei, Pohlen, Perſien ꝛc. zum Raͤuchwerk.
Stuͤcke mit Inſekten muß man nur bei den Arbeitern be-
ſtellen. Eine Tonne von kleinen Bernſtein an den Kauf-
mann
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/236>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.