bleierne Röhren allerwegen im Schlosse, so daß man überall Wasser haben kan. Unter dem Dache stehen 24. grosse und kleine Kessel, die beständig voll seyn müssen. Der König gibt alle Jahr 700. Thaler zur Erhaltung dieser Wasserleitung. Oben auf dem Dache hat man ei- ne angenehme Uebersicht der Stadt, und die Aussicht nach Spandau, Charlottenburg etc. Als der Gros- fürst vor etlichen Jahren seinen Einzug hielt, standen und fassen viele tausend Menschen hier oben, sogar Frauen- zimmer.
Im Herabgehen sah ich die Treppe ohne Stuffen, auf der man mit einem Wagen im Schlosse hinauf und herabfahren kan, neben der Stufentreppe. Sie ist mit lauter Backsteinen gepflastert.
Hierauf wartete ich eine griechische Vorlesung des
Hrn. Gedicke, Direktors des Gymnasiums vom Friedrichswerder ab. Er las über des Aristophanes Wolken. Der Minister, Freiherr von Zedlitz, -- ge- gen welchen grossen Mann sich mancher kleine Senator gewaltig bläht, -- war auch zugegen. Schön ist doch der Ausdruck des Griechen:
Schimpfe den Vater nicht einen alten Narren, Du bist eine junge Vogelbrut von ihm erzogen.
Nachher besah ich das
Naturalienkabinet beim Hrn. Oberbergrath Ger- hard, unter den Linden neben der Stadt Rom. Es besteht aus 4000. Stücken; der Besitzer will es a la Tontine verkaufen. Durch den Minister, Hrn. von Heinitz bekömmt er alles. Er liest und schreibt jetzt Mineralogie, gibt Kupfertafeln von der Theorie der Ge-
bürge
bleierne Roͤhren allerwegen im Schloſſe, ſo daß man uͤberall Waſſer haben kan. Unter dem Dache ſtehen 24. groſſe und kleine Keſſel, die beſtaͤndig voll ſeyn muͤſſen. Der Koͤnig gibt alle Jahr 700. Thaler zur Erhaltung dieſer Waſſerleitung. Oben auf dem Dache hat man ei- ne angenehme Ueberſicht der Stadt, und die Ausſicht nach Spandau, Charlottenburg ꝛc. Als der Gros- fuͤrſt vor etlichen Jahren ſeinen Einzug hielt, ſtanden und faſſen viele tauſend Menſchen hier oben, ſogar Frauen- zimmer.
Im Herabgehen ſah ich die Treppe ohne Stuffen, auf der man mit einem Wagen im Schloſſe hinauf und herabfahren kan, neben der Stufentreppe. Sie iſt mit lauter Backſteinen gepflaſtert.
Hierauf wartete ich eine griechiſche Vorleſung des
Hrn. Gedicke, Direktors des Gymnaſiums vom Friedrichswerder ab. Er las uͤber des Ariſtophanes Wolken. Der Miniſter, Freiherr von Zedlitz, — ge- gen welchen groſſen Mann ſich mancher kleine Senator gewaltig blaͤht, — war auch zugegen. Schoͤn iſt doch der Ausdruck des Griechen:
Schimpfe den Vater nicht einen alten Narren, Du biſt eine junge Vogelbrut von ihm erzogen.
Nachher beſah ich das
Naturalienkabinet beim Hrn. Oberbergrath Ger- hard, unter den Linden neben der Stadt Rom. Es beſteht aus 4000. Stuͤcken; der Beſitzer will es à la Tontine verkaufen. Durch den Miniſter, Hrn. von Heinitz bekoͤmmt er alles. Er lieſt und ſchreibt jetzt Mineralogie, gibt Kupfertafeln von der Theorie der Ge-
buͤrge
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[182/0220]
bleierne Roͤhren allerwegen im Schloſſe, ſo daß man
uͤberall Waſſer haben kan. Unter dem Dache ſtehen 24.
groſſe und kleine Keſſel, die beſtaͤndig voll ſeyn muͤſſen.
Der Koͤnig gibt alle Jahr 700. Thaler zur Erhaltung
dieſer Waſſerleitung. Oben auf dem Dache hat man ei-
ne angenehme Ueberſicht der Stadt, und die Ausſicht
nach Spandau, Charlottenburg ꝛc. Als der Gros-
fuͤrſt vor etlichen Jahren ſeinen Einzug hielt, ſtanden und
faſſen viele tauſend Menſchen hier oben, ſogar Frauen-
zimmer.
Im Herabgehen ſah ich die Treppe ohne Stuffen,
auf der man mit einem Wagen im Schloſſe hinauf und
herabfahren kan, neben der Stufentreppe. Sie iſt mit
lauter Backſteinen gepflaſtert.
Hierauf wartete ich eine griechiſche Vorleſung des
Hrn. Gedicke, Direktors des Gymnaſiums vom
Friedrichswerder ab. Er las uͤber des Ariſtophanes
Wolken. Der Miniſter, Freiherr von Zedlitz, — ge-
gen welchen groſſen Mann ſich mancher kleine Senator
gewaltig blaͤht, — war auch zugegen. Schoͤn iſt doch
der Ausdruck des Griechen:
Schimpfe den Vater nicht einen alten Narren,
Du biſt eine junge Vogelbrut von ihm erzogen.
Nachher beſah ich das
Naturalienkabinet beim Hrn. Oberbergrath Ger-
hard, unter den Linden neben der Stadt Rom. Es
beſteht aus 4000. Stuͤcken; der Beſitzer will es à la
Tontine verkaufen. Durch den Miniſter, Hrn. von
Heinitz bekoͤmmt er alles. Er lieſt und ſchreibt jetzt
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/220>, abgerufen am 26.11.2024.
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