der Prophet vom vorigen Kriege wohnt. Er ist ein Fi- scher, kein Schwärmer, und jetzt schon ein alter Mann. Er sagt, er höre eine Stimme und fühle einen Drang, es zu sagen etc. Ferner liegen in der Nähe der Pfaffen- stein, der Jungfernsprung, der mit Holz bewachsene Berg Querl, der einzige, wo sich eine dem König- stein gefährliche Armee postiren könnte, daher sind auch auf der Festung oben die schwersten und grösten Kanonen und fürchterlichsten Mörsern auf den Berg gerichtet. Innerhalb ist eine natürliche Höle, die Diebshöle ge- nannt, darin sich 2. Kompagnien Soldaten verstecken könnten; nicht weit davon liegt das Städtchen König- stein, das Rabener das Dörfchen Querlequitsch nannte. Im Jahr 1639. brannten es die Schweden ab, weil aus der Festung auf sie war gefeuert worden. In der Ferne sieht man den böhmischen Schneeberg und bis nach Töplitz hin.
Ehemals gehörte Berg und Schloß zu Böhmen. Im Jahr 1403. kam es an Sachsen, 1425. ruinirten es die Hussiten, 1516. stiftete Herzog Georg ein Coele- stiner Kloster hier. Durch die Reformation 1529. aber zerstreuten sich die Mönche: 1553. fing Churfürst August eine reelle Befestigung an, baute ein Bergschloß, legte mehr Besatzung hinein, und fing den Brunnen zu graben an, der erst nach 40. Jahren fertig wurde. Im Jahr 1586. ward der Fels mit Mauerwerk ausgefüllt, und ein neuer Eingang durch den Felsen gehauen.
Der Zugang ist äusserst steil; die alten Invaliden tragen daher das Frauenzimmer in Tragsesseln hinauf. Am Thore wird nach dem Passe gefragt, und eines Jeden Name gleich auf die Hauptwache hinauf gemeldet, und
hernach
L 5
der Prophet vom vorigen Kriege wohnt. Er iſt ein Fi- ſcher, kein Schwaͤrmer, und jetzt ſchon ein alter Mann. Er ſagt, er hoͤre eine Stimme und fuͤhle einen Drang, es zu ſagen ꝛc. Ferner liegen in der Naͤhe der Pfaffen- ſtein, der Jungfernſprung, der mit Holz bewachſene Berg Querl, der einzige, wo ſich eine dem Koͤnig- ſtein gefaͤhrliche Armee poſtiren koͤnnte, daher ſind auch auf der Feſtung oben die ſchwerſten und groͤſten Kanonen und fuͤrchterlichſten Moͤrſern auf den Berg gerichtet. Innerhalb iſt eine natuͤrliche Hoͤle, die Diebshoͤle ge- nannt, darin ſich 2. Kompagnien Soldaten verſtecken koͤnnten; nicht weit davon liegt das Staͤdtchen Koͤnig- ſtein, das Rabener das Doͤrfchen Querlequitſch nannte. Im Jahr 1639. brannten es die Schweden ab, weil aus der Feſtung auf ſie war gefeuert worden. In der Ferne ſieht man den boͤhmiſchen Schneeberg und bis nach Toͤplitz hin.
Ehemals gehoͤrte Berg und Schloß zu Boͤhmen. Im Jahr 1403. kam es an Sachſen, 1425. ruinirten es die Huſſiten, 1516. ſtiftete Herzog Georg ein Coele- ſtiner Kloſter hier. Durch die Reformation 1529. aber zerſtreuten ſich die Moͤnche: 1553. fing Churfuͤrſt Auguſt eine reelle Befeſtigung an, baute ein Bergſchloß, legte mehr Beſatzung hinein, und fing den Brunnen zu graben an, der erſt nach 40. Jahren fertig wurde. Im Jahr 1586. ward der Fels mit Mauerwerk ausgefuͤllt, und ein neuer Eingang durch den Felſen gehauen.
Der Zugang iſt aͤuſſerſt ſteil; die alten Invaliden tragen daher das Frauenzimmer in Tragſeſſeln hinauf. Am Thore wird nach dem Paſſe gefragt, und eines Jeden Name gleich auf die Hauptwache hinauf gemeldet, und
hernach
L 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0207"n="169"/>
der Prophet vom vorigen Kriege wohnt. Er iſt ein Fi-<lb/>ſcher, kein Schwaͤrmer, und jetzt ſchon ein alter Mann.<lb/>
Er ſagt, er hoͤre eine Stimme und fuͤhle einen Drang,<lb/>
es zu ſagen ꝛc. Ferner liegen in der Naͤhe der <hirendition="#fr">Pfaffen-<lb/>ſtein,</hi> der <hirendition="#fr">Jungfernſprung,</hi> der mit Holz bewachſene<lb/>
Berg <hirendition="#fr">Querl,</hi> der einzige, wo ſich eine dem <hirendition="#fr">Koͤnig-<lb/>ſtein</hi> gefaͤhrliche Armee poſtiren koͤnnte, daher ſind auch<lb/>
auf der Feſtung oben die ſchwerſten und groͤſten Kanonen<lb/>
und fuͤrchterlichſten Moͤrſern auf den Berg gerichtet.<lb/>
Innerhalb iſt eine natuͤrliche Hoͤle, die <hirendition="#fr">Diebshoͤle</hi> ge-<lb/>
nannt, darin ſich 2. Kompagnien Soldaten verſtecken<lb/>
koͤnnten; nicht weit davon liegt das Staͤdtchen <hirendition="#fr">Koͤnig-<lb/>ſtein,</hi> das <hirendition="#fr">Rabener</hi> das Doͤrfchen <hirendition="#fr">Querlequitſch</hi><lb/>
nannte. Im Jahr 1639. brannten es die Schweden<lb/>
ab, weil aus der Feſtung auf ſie war gefeuert worden.<lb/>
In der Ferne ſieht man den boͤhmiſchen <hirendition="#fr">Schneeberg</hi><lb/>
und bis nach <hirendition="#fr">Toͤplitz</hi> hin.</p><lb/><p>Ehemals gehoͤrte Berg und Schloß zu <hirendition="#fr">Boͤhmen.</hi><lb/>
Im Jahr 1403. kam es an <hirendition="#fr">Sachſen,</hi> 1425. ruinirten<lb/>
es die Huſſiten, 1516. ſtiftete Herzog <hirendition="#fr">Georg</hi> ein <hirendition="#fr">Coele-<lb/>ſtiner</hi> Kloſter hier. Durch die Reformation 1529. aber<lb/>
zerſtreuten ſich die Moͤnche: 1553. fing Churfuͤrſt <hirendition="#fr">Auguſt</hi><lb/>
eine reelle Befeſtigung an, baute ein Bergſchloß, legte<lb/>
mehr Beſatzung hinein, und fing den Brunnen zu graben<lb/>
an, der erſt nach 40. Jahren fertig wurde. Im Jahr<lb/>
1586. ward der Fels mit Mauerwerk ausgefuͤllt, und ein<lb/>
neuer Eingang durch den Felſen gehauen.</p><lb/><p>Der Zugang iſt aͤuſſerſt ſteil; die alten Invaliden<lb/>
tragen daher das Frauenzimmer in Tragſeſſeln hinauf.<lb/>
Am Thore wird nach dem Paſſe gefragt, und eines Jeden<lb/>
Name gleich auf die Hauptwache hinauf gemeldet, und<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">hernach</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[169/0207]
der Prophet vom vorigen Kriege wohnt. Er iſt ein Fi-
ſcher, kein Schwaͤrmer, und jetzt ſchon ein alter Mann.
Er ſagt, er hoͤre eine Stimme und fuͤhle einen Drang,
es zu ſagen ꝛc. Ferner liegen in der Naͤhe der Pfaffen-
ſtein, der Jungfernſprung, der mit Holz bewachſene
Berg Querl, der einzige, wo ſich eine dem Koͤnig-
ſtein gefaͤhrliche Armee poſtiren koͤnnte, daher ſind auch
auf der Feſtung oben die ſchwerſten und groͤſten Kanonen
und fuͤrchterlichſten Moͤrſern auf den Berg gerichtet.
Innerhalb iſt eine natuͤrliche Hoͤle, die Diebshoͤle ge-
nannt, darin ſich 2. Kompagnien Soldaten verſtecken
koͤnnten; nicht weit davon liegt das Staͤdtchen Koͤnig-
ſtein, das Rabener das Doͤrfchen Querlequitſch
nannte. Im Jahr 1639. brannten es die Schweden
ab, weil aus der Feſtung auf ſie war gefeuert worden.
In der Ferne ſieht man den boͤhmiſchen Schneeberg
und bis nach Toͤplitz hin.
Ehemals gehoͤrte Berg und Schloß zu Boͤhmen.
Im Jahr 1403. kam es an Sachſen, 1425. ruinirten
es die Huſſiten, 1516. ſtiftete Herzog Georg ein Coele-
ſtiner Kloſter hier. Durch die Reformation 1529. aber
zerſtreuten ſich die Moͤnche: 1553. fing Churfuͤrſt Auguſt
eine reelle Befeſtigung an, baute ein Bergſchloß, legte
mehr Beſatzung hinein, und fing den Brunnen zu graben
an, der erſt nach 40. Jahren fertig wurde. Im Jahr
1586. ward der Fels mit Mauerwerk ausgefuͤllt, und ein
neuer Eingang durch den Felſen gehauen.
Der Zugang iſt aͤuſſerſt ſteil; die alten Invaliden
tragen daher das Frauenzimmer in Tragſeſſeln hinauf.
Am Thore wird nach dem Paſſe gefragt, und eines Jeden
Name gleich auf die Hauptwache hinauf gemeldet, und
hernach
L 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/207>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.