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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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der Prophet vom vorigen Kriege wohnt. Er ist ein Fi-
scher, kein Schwärmer, und jetzt schon ein alter Mann.
Er sagt, er höre eine Stimme und fühle einen Drang,
es zu sagen etc. Ferner liegen in der Nähe der Pfaffen-
stein,
der Jungfernsprung, der mit Holz bewachsene
Berg Querl, der einzige, wo sich eine dem König-
stein
gefährliche Armee postiren könnte, daher sind auch
auf der Festung oben die schwersten und grösten Kanonen
und fürchterlichsten Mörsern auf den Berg gerichtet.
Innerhalb ist eine natürliche Höle, die Diebshöle ge-
nannt, darin sich 2. Kompagnien Soldaten verstecken
könnten; nicht weit davon liegt das Städtchen König-
stein,
das Rabener das Dörfchen Querlequitsch
nannte. Im Jahr 1639. brannten es die Schweden
ab, weil aus der Festung auf sie war gefeuert worden.
In der Ferne sieht man den böhmischen Schneeberg
und bis nach Töplitz hin.

Ehemals gehörte Berg und Schloß zu Böhmen.
Im Jahr 1403. kam es an Sachsen, 1425. ruinirten
es die Hussiten, 1516. stiftete Herzog Georg ein Coele-
stiner
Kloster hier. Durch die Reformation 1529. aber
zerstreuten sich die Mönche: 1553. fing Churfürst August
eine reelle Befestigung an, baute ein Bergschloß, legte
mehr Besatzung hinein, und fing den Brunnen zu graben
an, der erst nach 40. Jahren fertig wurde. Im Jahr
1586. ward der Fels mit Mauerwerk ausgefüllt, und ein
neuer Eingang durch den Felsen gehauen.

Der Zugang ist äusserst steil; die alten Invaliden
tragen daher das Frauenzimmer in Tragsesseln hinauf.
Am Thore wird nach dem Passe gefragt, und eines Jeden
Name gleich auf die Hauptwache hinauf gemeldet, und

hernach
L 5

der Prophet vom vorigen Kriege wohnt. Er iſt ein Fi-
ſcher, kein Schwaͤrmer, und jetzt ſchon ein alter Mann.
Er ſagt, er hoͤre eine Stimme und fuͤhle einen Drang,
es zu ſagen ꝛc. Ferner liegen in der Naͤhe der Pfaffen-
ſtein,
der Jungfernſprung, der mit Holz bewachſene
Berg Querl, der einzige, wo ſich eine dem Koͤnig-
ſtein
gefaͤhrliche Armee poſtiren koͤnnte, daher ſind auch
auf der Feſtung oben die ſchwerſten und groͤſten Kanonen
und fuͤrchterlichſten Moͤrſern auf den Berg gerichtet.
Innerhalb iſt eine natuͤrliche Hoͤle, die Diebshoͤle ge-
nannt, darin ſich 2. Kompagnien Soldaten verſtecken
koͤnnten; nicht weit davon liegt das Staͤdtchen Koͤnig-
ſtein,
das Rabener das Doͤrfchen Querlequitſch
nannte. Im Jahr 1639. brannten es die Schweden
ab, weil aus der Feſtung auf ſie war gefeuert worden.
In der Ferne ſieht man den boͤhmiſchen Schneeberg
und bis nach Toͤplitz hin.

Ehemals gehoͤrte Berg und Schloß zu Boͤhmen.
Im Jahr 1403. kam es an Sachſen, 1425. ruinirten
es die Huſſiten, 1516. ſtiftete Herzog Georg ein Coele-
ſtiner
Kloſter hier. Durch die Reformation 1529. aber
zerſtreuten ſich die Moͤnche: 1553. fing Churfuͤrſt Auguſt
eine reelle Befeſtigung an, baute ein Bergſchloß, legte
mehr Beſatzung hinein, und fing den Brunnen zu graben
an, der erſt nach 40. Jahren fertig wurde. Im Jahr
1586. ward der Fels mit Mauerwerk ausgefuͤllt, und ein
neuer Eingang durch den Felſen gehauen.

Der Zugang iſt aͤuſſerſt ſteil; die alten Invaliden
tragen daher das Frauenzimmer in Tragſeſſeln hinauf.
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Name gleich auf die Hauptwache hinauf gemeldet, und

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[169/0207] der Prophet vom vorigen Kriege wohnt. Er iſt ein Fi- ſcher, kein Schwaͤrmer, und jetzt ſchon ein alter Mann. Er ſagt, er hoͤre eine Stimme und fuͤhle einen Drang, es zu ſagen ꝛc. Ferner liegen in der Naͤhe der Pfaffen- ſtein, der Jungfernſprung, der mit Holz bewachſene Berg Querl, der einzige, wo ſich eine dem Koͤnig- ſtein gefaͤhrliche Armee poſtiren koͤnnte, daher ſind auch auf der Feſtung oben die ſchwerſten und groͤſten Kanonen und fuͤrchterlichſten Moͤrſern auf den Berg gerichtet. Innerhalb iſt eine natuͤrliche Hoͤle, die Diebshoͤle ge- nannt, darin ſich 2. Kompagnien Soldaten verſtecken koͤnnten; nicht weit davon liegt das Staͤdtchen Koͤnig- ſtein, das Rabener das Doͤrfchen Querlequitſch nannte. Im Jahr 1639. brannten es die Schweden ab, weil aus der Feſtung auf ſie war gefeuert worden. In der Ferne ſieht man den boͤhmiſchen Schneeberg und bis nach Toͤplitz hin. Ehemals gehoͤrte Berg und Schloß zu Boͤhmen. Im Jahr 1403. kam es an Sachſen, 1425. ruinirten es die Huſſiten, 1516. ſtiftete Herzog Georg ein Coele- ſtiner Kloſter hier. Durch die Reformation 1529. aber zerſtreuten ſich die Moͤnche: 1553. fing Churfuͤrſt Auguſt eine reelle Befeſtigung an, baute ein Bergſchloß, legte mehr Beſatzung hinein, und fing den Brunnen zu graben an, der erſt nach 40. Jahren fertig wurde. Im Jahr 1586. ward der Fels mit Mauerwerk ausgefuͤllt, und ein neuer Eingang durch den Felſen gehauen. Der Zugang iſt aͤuſſerſt ſteil; die alten Invaliden tragen daher das Frauenzimmer in Tragſeſſeln hinauf. Am Thore wird nach dem Paſſe gefragt, und eines Jeden Name gleich auf die Hauptwache hinauf gemeldet, und hernach L 5

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/207>, abgerufen am 28.11.2024.