Hierauf machte ich mit Hrn. Dr. Semler einen Spaziergang, und aß dann Abends bei ihm in seinem Garten.
Den 13ten Aug.
Heute war ich in der
Stadtkirche, oder wie sie heist, die Moritzkirche, und hörte Hrn. Senf predigen. Die Dispositionen wer- den hier sehr weitläuftig gedruckt. Das Exord war 1. Cor. VI. Preiset Gott mit dem Leib etc. Thema. Die Pflicht der Christen, Gott auch durch Geberden zu ver- herrlichen. I) Ursache. II) Wie? -- Statt des Kirchengebets ward die Absolution verlesen. Drauf folg- ten viele umständliche Danksagungen. Die Prediger tragen hier nichts als Mantel und Ueberschlag. Das Gesangbuch ist schlecht.
Mittags war ich beim Hrn. Kriegsrath von Ley- ser zu Tische. Ich bemerkte bei dieser Gelegenheit, daß man hier den füssen Kirschenwein sehr liebt, auch macht man im Herbst den sogenannten Löffelkrautwein, d. i. die Cochlearia officin. wird klein gehackt, und mit Most infundirt. Das Getränke wird sehr piquant, und hält sich, wenns wohl zugepfropft wird, sehr lange. Nach Tische bekam ich
Hr. Prof. Goldhagen's Naturalienkabinet zu se- hen. Es enthält Mineralien, Konchylien, Vögel, war aber in keiner sonderlichen Ordnung. Der Besitzer kor- respondirt mit D. König in Ostindien, und bekam eben jetzt Thierhäute aus Koppenhagen geschickt. Ein Ei voll Eiweis blos ohne Dotter sei allerdings sonderbar.
Das
Hierauf machte ich mit Hrn. Dr. Semler einen Spaziergang, und aß dann Abends bei ihm in ſeinem Garten.
Den 13ten Aug.
Heute war ich in der
Stadtkirche, oder wie ſie heiſt, die Moritzkirche, und hoͤrte Hrn. Senf predigen. Die Diſpoſitionen wer- den hier ſehr weitlaͤuftig gedruckt. Das Exord war 1. Cor. VI. Preiſet Gott mit dem Leib ꝛc. Thema. Die Pflicht der Chriſten, Gott auch durch Geberden zu ver- herrlichen. I) Urſache. II) Wie? — Statt des Kirchengebets ward die Abſolution verleſen. Drauf folg- ten viele umſtaͤndliche Dankſagungen. Die Prediger tragen hier nichts als Mantel und Ueberſchlag. Das Geſangbuch iſt ſchlecht.
Mittags war ich beim Hrn. Kriegsrath von Ley- ſer zu Tiſche. Ich bemerkte bei dieſer Gelegenheit, daß man hier den fuͤſſen Kirſchenwein ſehr liebt, auch macht man im Herbſt den ſogenannten Loͤffelkrautwein, d. i. die Cochlearia officin. wird klein gehackt, und mit Moſt infundirt. Das Getraͤnke wird ſehr piquant, und haͤlt ſich, wenns wohl zugepfropft wird, ſehr lange. Nach Tiſche bekam ich
Hr. Prof. Goldhagen’s Naturalienkabinet zu ſe- hen. Es enthaͤlt Mineralien, Konchylien, Voͤgel, war aber in keiner ſonderlichen Ordnung. Der Beſitzer kor- reſpondirt mit D. Koͤnig in Oſtindien, und bekam eben jetzt Thierhaͤute aus Koppenhagen geſchickt. Ein Ei voll Eiweis blos ohne Dotter ſei allerdings ſonderbar.
Das
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Hierauf machte ich mit Hrn. Dr. Semler einen
Spaziergang, und aß dann Abends bei ihm in ſeinem
Garten.
Den 13ten Aug.
Heute war ich in der
Stadtkirche, oder wie ſie heiſt, die Moritzkirche,
und hoͤrte Hrn. Senf predigen. Die Diſpoſitionen wer-
den hier ſehr weitlaͤuftig gedruckt. Das Exord war 1.
Cor. VI. Preiſet Gott mit dem Leib ꝛc. Thema. Die
Pflicht der Chriſten, Gott auch durch Geberden zu ver-
herrlichen. I) Urſache. II) Wie? — Statt des
Kirchengebets ward die Abſolution verleſen. Drauf folg-
ten viele umſtaͤndliche Dankſagungen. Die Prediger
tragen hier nichts als Mantel und Ueberſchlag. Das
Geſangbuch iſt ſchlecht.
Mittags war ich beim Hrn. Kriegsrath von Ley-
ſer zu Tiſche. Ich bemerkte bei dieſer Gelegenheit, daß
man hier den fuͤſſen Kirſchenwein ſehr liebt, auch macht
man im Herbſt den ſogenannten Loͤffelkrautwein, d. i. die
Cochlearia officin. wird klein gehackt, und mit Moſt
infundirt. Das Getraͤnke wird ſehr piquant, und haͤlt
ſich, wenns wohl zugepfropft wird, ſehr lange. Nach
Tiſche bekam ich
Hr. Prof. Goldhagen’s Naturalienkabinet zu ſe-
hen. Es enthaͤlt Mineralien, Konchylien, Voͤgel, war
aber in keiner ſonderlichen Ordnung. Der Beſitzer kor-
reſpondirt mit D. Koͤnig in Oſtindien, und bekam
eben jetzt Thierhaͤute aus Koppenhagen geſchickt. Ein
Ei voll Eiweis blos ohne Dotter ſei allerdings ſonderbar.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/158>, abgerufen am 28.11.2024.
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