schenfreundlicher Fürst, der ohne Affektation ist, auch Pracht nicht liebt. Dem Herzoge von Gotha zu Gefal- len, der keine Haare hat, und doch keine Perüke tragen wollte, lies er sich seine auch abschneiden, trägt also den Kopf fast ganz glatt. Er unterhielt sich sehr leutselig mit mir von Karlsruhe, vom Zwecke und Nutzen des Rei- sens, von der Naturgeschichte, die er selbst liebt, von Gymnasien, Universitäten, dem hiesigen Kabinetten u. dergl. Die Einsichten, die er hierbei an Tag legte, er- regten meine Verwunderung und Verehrung. Nachdem ich gnädig entlassen worden, besuchte ich den
Hrn. Oberkonsistorialrath Schneider, mit dem ich ehemals von Göttingen aus, wegen einer gewissen An- gelegenheit korrespondirt hatte, und nach ihm
Das Herzogl. Naturalienkabinet. Ehemals wars eigentlich eine Kunstkammer; der vorige Herzog aber kaufte das Heidenreichsche Kabinet dazu, und der jetztregierende lies das Aeussere einrichten, und setzte Hrn. Diak. Schröter zum Aufseher darüber, gibt auch alle Jahr 100. Thaler zu Anschaffung neuer Sachen her, weil er selbst Liebhaber der Naturgeschichte ist. Ich fand un- ter andern Merkwürdigkeiten:
1) Angeblich verfteinerte Muskatnüsse etc.
2) Scholle, Karpe, Hecht, kenntlich auf Schiefer abgedruckt.
3) Hipperit, in Eisenstein.
4) Ein Aalförmiger Fisch auf Schiefer von Ilme- nau; der ganze aufgeschlagene Körper ist in Spat verwandelt.
5) Kastanien. Schröter hält sie für Fischzähne.
6) Eine
G 5
ſchenfreundlicher Fuͤrſt, der ohne Affektation iſt, auch Pracht nicht liebt. Dem Herzoge von Gotha zu Gefal- len, der keine Haare hat, und doch keine Peruͤke tragen wollte, lies er ſich ſeine auch abſchneiden, traͤgt alſo den Kopf faſt ganz glatt. Er unterhielt ſich ſehr leutſelig mit mir von Karlsruhe, vom Zwecke und Nutzen des Rei- ſens, von der Naturgeſchichte, die er ſelbſt liebt, von Gymnaſien, Univerſitaͤten, dem hieſigen Kabinetten u. dergl. Die Einſichten, die er hierbei an Tag legte, er- regten meine Verwunderung und Verehrung. Nachdem ich gnaͤdig entlaſſen worden, beſuchte ich den
Hrn. Oberkonſiſtorialrath Schneider, mit dem ich ehemals von Goͤttingen aus, wegen einer gewiſſen An- gelegenheit korreſpondirt hatte, und nach ihm
Das Herzogl. Naturalienkabinet. Ehemals wars eigentlich eine Kunſtkammer; der vorige Herzog aber kaufte das Heidenreichſche Kabinet dazu, und der jetztregierende lies das Aeuſſere einrichten, und ſetzte Hrn. Diak. Schroͤter zum Aufſeher daruͤber, gibt auch alle Jahr 100. Thaler zu Anſchaffung neuer Sachen her, weil er ſelbſt Liebhaber der Naturgeſchichte iſt. Ich fand un- ter andern Merkwuͤrdigkeiten:
1) Angeblich verfteinerte Muskatnuͤſſe ꝛc.
2) Scholle, Karpe, Hecht, kenntlich auf Schiefer abgedruckt.
3) Hipperit, in Eiſenſtein.
4) Ein Aalfoͤrmiger Fiſch auf Schiefer von Ilme- nau; der ganze aufgeſchlagene Koͤrper iſt in Spat verwandelt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0143"n="105"/>ſchenfreundlicher Fuͤrſt, der ohne Affektation iſt, auch<lb/>
Pracht nicht liebt. Dem Herzoge von <hirendition="#fr">Gotha</hi> zu Gefal-<lb/>
len, der keine Haare hat, und doch keine Peruͤke tragen<lb/>
wollte, lies er ſich ſeine auch abſchneiden, traͤgt alſo den<lb/>
Kopf faſt ganz glatt. Er unterhielt ſich ſehr leutſelig mit<lb/>
mir von <hirendition="#fr">Karlsruhe,</hi> vom Zwecke und Nutzen des Rei-<lb/>ſens, von der Naturgeſchichte, die er ſelbſt liebt, von<lb/>
Gymnaſien, Univerſitaͤten, dem hieſigen Kabinetten u.<lb/>
dergl. Die Einſichten, die er hierbei an Tag legte, er-<lb/>
regten meine Verwunderung und Verehrung. Nachdem<lb/>
ich gnaͤdig entlaſſen worden, beſuchte ich den</p><lb/><p>Hrn. Oberkonſiſtorialrath <hirendition="#fr">Schneider,</hi> mit dem ich<lb/>
ehemals von <hirendition="#fr">Goͤttingen</hi> aus, wegen einer gewiſſen An-<lb/>
gelegenheit korreſpondirt hatte, und nach ihm</p><lb/><p>Das <hirendition="#fr">Herzogl. Naturalienkabinet.</hi> Ehemals<lb/>
wars eigentlich eine Kunſtkammer; der vorige Herzog<lb/>
aber kaufte das <hirendition="#fr">Heidenreich</hi>ſche Kabinet dazu, und der<lb/>
jetztregierende lies das Aeuſſere einrichten, und ſetzte Hrn.<lb/>
Diak. <hirendition="#fr">Schroͤter</hi> zum Aufſeher daruͤber, gibt auch alle<lb/>
Jahr 100. Thaler zu Anſchaffung neuer Sachen her, weil<lb/>
er ſelbſt Liebhaber der Naturgeſchichte iſt. Ich fand un-<lb/>
ter andern Merkwuͤrdigkeiten:</p><lb/><list><item>1) Angeblich verfteinerte <hirendition="#fr">Muskatnuͤſſe</hi>ꝛc.</item><lb/><item>2) <hirendition="#fr">Scholle, Karpe, Hecht,</hi> kenntlich auf Schiefer<lb/>
abgedruckt.</item><lb/><item>3) <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Hipperit,</hi></hi> in Eiſenſtein.</item><lb/><item>4) Ein <hirendition="#fr">Aalfoͤrmiger Fiſch</hi> auf Schiefer von <hirendition="#fr">Ilme-<lb/>
nau;</hi> der ganze aufgeſchlagene Koͤrper iſt in Spat<lb/>
verwandelt.</item><lb/><item>5) <hirendition="#fr">Kaſtanien. Schroͤter</hi> haͤlt ſie fuͤr Fiſchzaͤhne.</item></list><lb/><fwplace="bottom"type="sig">G 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">6) Eine</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[105/0143]
ſchenfreundlicher Fuͤrſt, der ohne Affektation iſt, auch
Pracht nicht liebt. Dem Herzoge von Gotha zu Gefal-
len, der keine Haare hat, und doch keine Peruͤke tragen
wollte, lies er ſich ſeine auch abſchneiden, traͤgt alſo den
Kopf faſt ganz glatt. Er unterhielt ſich ſehr leutſelig mit
mir von Karlsruhe, vom Zwecke und Nutzen des Rei-
ſens, von der Naturgeſchichte, die er ſelbſt liebt, von
Gymnaſien, Univerſitaͤten, dem hieſigen Kabinetten u.
dergl. Die Einſichten, die er hierbei an Tag legte, er-
regten meine Verwunderung und Verehrung. Nachdem
ich gnaͤdig entlaſſen worden, beſuchte ich den
Hrn. Oberkonſiſtorialrath Schneider, mit dem ich
ehemals von Goͤttingen aus, wegen einer gewiſſen An-
gelegenheit korreſpondirt hatte, und nach ihm
Das Herzogl. Naturalienkabinet. Ehemals
wars eigentlich eine Kunſtkammer; der vorige Herzog
aber kaufte das Heidenreichſche Kabinet dazu, und der
jetztregierende lies das Aeuſſere einrichten, und ſetzte Hrn.
Diak. Schroͤter zum Aufſeher daruͤber, gibt auch alle
Jahr 100. Thaler zu Anſchaffung neuer Sachen her, weil
er ſelbſt Liebhaber der Naturgeſchichte iſt. Ich fand un-
ter andern Merkwuͤrdigkeiten:
1) Angeblich verfteinerte Muskatnuͤſſe ꝛc.
2) Scholle, Karpe, Hecht, kenntlich auf Schiefer
abgedruckt.
3) Hipperit, in Eiſenſtein.
4) Ein Aalfoͤrmiger Fiſch auf Schiefer von Ilme-
nau; der ganze aufgeſchlagene Koͤrper iſt in Spat
verwandelt.
5) Kaſtanien. Schroͤter haͤlt ſie fuͤr Fiſchzaͤhne.
6) Eine
G 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/143>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.