Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

mehrere dortige Merkwürdigkeiten besehen hätte, hätt' ich
nicht mit meiner Zeit so genau haushalten müssen, --
und begab mich auf die

Reise nach Erlangen.

Zwischen diesem Orte und Nürnberg gehen immer
Landkutschen oder Universitätskutschen hin und her. Der
Weg dahin ist meist Sand, zuletzt kömmt noch ein Tan-
nenwäldchen bis nahe an die Stadt hin.

Den 2ten Aug.

Erlangen. Ich logirte im Wallfische, nahe bei
der französischen Kirche. Die Stadt ist meistens neu
und gröstentheils regelmässig gebaut, hat aber doch mit
unter viel hölzerne Häuser und ein übles Pflaster, ist
auch überall offen. Sie hat viel Aehnlichkeit mit Carls-
ruhe.
Hier und da trift man einige artige Plätze an.
Das Schlos, wo die Frau Marggräsin, Wittwe des
1763. mit Tode abgegangenen Marggrafen Friedrich von
Bayreuth residirt, scheint nichts mehr, als ein grosses
Haus eines Partikuliers zu seyn. Sprache und Klei-
dung kamen mir hier besonders vor.

Die Universität mochte jetzt etwan aus 300. Stu-
denten bestehen. Sie betragen sich still, machen aber
gewis soviel Staat, als in Göttingen. Viele sah ich
mit ofnen Hemdkragen gehen *).

Mein
*) Vermuthlich haben einige diese Tracht übertrieben, und
dadurch die 1781. ergangene Landesfürstliche Verord-
nung wegen auständigerer und gesitteter Kleidung
der

mehrere dortige Merkwuͤrdigkeiten beſehen haͤtte, haͤtt’ ich
nicht mit meiner Zeit ſo genau haushalten muͤſſen, —
und begab mich auf die

Reiſe nach Erlangen.

Zwiſchen dieſem Orte und Nuͤrnberg gehen immer
Landkutſchen oder Univerſitaͤtskutſchen hin und her. Der
Weg dahin iſt meiſt Sand, zuletzt koͤmmt noch ein Tan-
nenwaͤldchen bis nahe an die Stadt hin.

Den 2ten Aug.

Erlangen. Ich logirte im Wallfiſche, nahe bei
der franzoͤſiſchen Kirche. Die Stadt iſt meiſtens neu
und groͤſtentheils regelmaͤſſig gebaut, hat aber doch mit
unter viel hoͤlzerne Haͤuſer und ein uͤbles Pflaſter, iſt
auch uͤberall offen. Sie hat viel Aehnlichkeit mit Carls-
ruhe.
Hier und da trift man einige artige Plaͤtze an.
Das Schlos, wo die Frau Marggraͤſin, Wittwe des
1763. mit Tode abgegangenen Marggrafen Friedrich von
Bayreuth reſidirt, ſcheint nichts mehr, als ein groſſes
Haus eines Partikuliers zu ſeyn. Sprache und Klei-
dung kamen mir hier beſonders vor.

Die Univerſitaͤt mochte jetzt etwan aus 300. Stu-
denten beſtehen. Sie betragen ſich ſtill, machen aber
gewis ſoviel Staat, als in Goͤttingen. Viele ſah ich
mit ofnen Hemdkragen gehen *).

Mein
*) Vermuthlich haben einige dieſe Tracht uͤbertrieben, und
dadurch die 1781. ergangene Landesfuͤrſtliche Verord-
nung wegen auſtaͤndigerer und geſitteter Kleidung
der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0122" n="84"/>
mehrere dortige Merkwu&#x0364;rdigkeiten be&#x017F;ehen ha&#x0364;tte, ha&#x0364;tt&#x2019; ich<lb/>
nicht mit meiner Zeit &#x017F;o genau haushalten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, &#x2014;<lb/>
und begab mich auf die</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Rei&#x017F;e</hi> nach <hi rendition="#fr">Erlangen.</hi></head><lb/>
          <p>Zwi&#x017F;chen die&#x017F;em Orte und <hi rendition="#fr">Nu&#x0364;rnberg</hi> gehen immer<lb/>
Landkut&#x017F;chen oder Univer&#x017F;ita&#x0364;tskut&#x017F;chen hin und her. Der<lb/>
Weg dahin i&#x017F;t mei&#x017F;t Sand, zuletzt ko&#x0364;mmt noch ein Tan-<lb/>
nenwa&#x0364;ldchen bis nahe an die Stadt hin.</p><lb/>
          <div n="3">
            <head>Den 2ten Aug.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Erlangen.</hi> Ich logirte im <hi rendition="#fr">Wallfi&#x017F;che,</hi> nahe bei<lb/>
der franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Kirche. Die Stadt i&#x017F;t mei&#x017F;tens neu<lb/>
und gro&#x0364;&#x017F;tentheils regelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig gebaut, hat aber doch mit<lb/>
unter viel ho&#x0364;lzerne Ha&#x0364;u&#x017F;er und ein u&#x0364;bles Pfla&#x017F;ter, i&#x017F;t<lb/>
auch u&#x0364;berall offen. Sie hat viel Aehnlichkeit mit <hi rendition="#fr">Carls-<lb/>
ruhe.</hi> Hier und da trift man einige artige Pla&#x0364;tze an.<lb/>
Das Schlos, wo die Frau Marggra&#x0364;&#x017F;in, Wittwe des<lb/>
1763. mit Tode abgegangenen Marggrafen <hi rendition="#fr">Friedrich</hi> von<lb/><hi rendition="#fr">Bayreuth</hi> re&#x017F;idirt, &#x017F;cheint nichts mehr, als ein gro&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Haus eines Partikuliers zu &#x017F;eyn. Sprache und Klei-<lb/>
dung kamen mir hier be&#x017F;onders vor.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Univer&#x017F;ita&#x0364;t</hi> mochte jetzt etwan aus 300. Stu-<lb/>
denten be&#x017F;tehen. Sie betragen &#x017F;ich &#x017F;till, machen aber<lb/>
gewis &#x017F;oviel Staat, als in <hi rendition="#fr">Go&#x0364;ttingen.</hi> Viele &#x017F;ah ich<lb/>
mit ofnen Hemdkragen gehen <note xml:id="fn4" next="#nfn4" place="foot" n="*)">Vermuthlich haben einige die&#x017F;e Tracht u&#x0364;bertrieben, und<lb/>
dadurch die 1781. ergangene Landesfu&#x0364;r&#x017F;tliche Verord-<lb/>
nung wegen au&#x017F;ta&#x0364;ndigerer und ge&#x017F;itteter Kleidung<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw></note>.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Mein</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0122] mehrere dortige Merkwuͤrdigkeiten beſehen haͤtte, haͤtt’ ich nicht mit meiner Zeit ſo genau haushalten muͤſſen, — und begab mich auf die Reiſe nach Erlangen. Zwiſchen dieſem Orte und Nuͤrnberg gehen immer Landkutſchen oder Univerſitaͤtskutſchen hin und her. Der Weg dahin iſt meiſt Sand, zuletzt koͤmmt noch ein Tan- nenwaͤldchen bis nahe an die Stadt hin. Den 2ten Aug. Erlangen. Ich logirte im Wallfiſche, nahe bei der franzoͤſiſchen Kirche. Die Stadt iſt meiſtens neu und groͤſtentheils regelmaͤſſig gebaut, hat aber doch mit unter viel hoͤlzerne Haͤuſer und ein uͤbles Pflaſter, iſt auch uͤberall offen. Sie hat viel Aehnlichkeit mit Carls- ruhe. Hier und da trift man einige artige Plaͤtze an. Das Schlos, wo die Frau Marggraͤſin, Wittwe des 1763. mit Tode abgegangenen Marggrafen Friedrich von Bayreuth reſidirt, ſcheint nichts mehr, als ein groſſes Haus eines Partikuliers zu ſeyn. Sprache und Klei- dung kamen mir hier beſonders vor. Die Univerſitaͤt mochte jetzt etwan aus 300. Stu- denten beſtehen. Sie betragen ſich ſtill, machen aber gewis ſoviel Staat, als in Goͤttingen. Viele ſah ich mit ofnen Hemdkragen gehen *). Mein *) Vermuthlich haben einige dieſe Tracht uͤbertrieben, und dadurch die 1781. ergangene Landesfuͤrſtliche Verord- nung wegen auſtaͤndigerer und geſitteter Kleidung der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/122
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/122>, abgerufen am 26.11.2024.