eigentlicher Bibliothekar der Trewschen Bibliothek, dem auch der Erblasser alles übergeben hat. Der Erblasser habe manches seiber noch vor dem Tode rangiren wol- len, und habe ihm angerathen, nur alles so viel als mög- lich vor der Luft zu bewahren.
Hr. D. Dietelmaier, erster Professor und Predi- ger, bereits 68. Jahr alt, aber noch bei guten Kräften. Er hat schon 35. Jahr hier gelehrt, auch Semlern zum Doktor kreirt. Er glaubt, daß die Propheten des Alten Testaments manches geredet und geschrieben haben, was sie selbst nicht verstanden. Er jammert darüber, daß man Christum sonderlich im Alten Testamente, überall ausstreiche, auch da, wo Interpretatio authentica da sei, und nur es Akkomodiren nenne. Der Kirche, glaubt er, stehe eine grosse Verschlimmerung bevor. Die Berliner Bibliothek sei nur für Männer, habe aber viel Schönes, nur setze man zu sehr das Alte herab. -- Im Hiob Kap. 19. erzwinge er Christum nicht. Leß sollte nur kein Buch des neuen Testaments mehr übersetzen, Benner sei so recht der Mann gegen ihn. -- Seine Frau ist eine Gelehrte. Sie hat ihr eigenes Museum, liest alles, schreibt lateinisch, schreibt auch ihrem Manne fast alle Briefe. Er besitzt eine Thalersammlung von Königen, Kaisern, Fürsten, Päbsten etc. Ich sah darin z. B. den Glockenthaler, und den auf die Religions- veränderung der Braunschweigischen Prinzess in Elisa- beth, Kaiser KarlsVI. Gemalin, geschlagenen Thaler, mit der Umschrift: Coetum, non numina mutat. Bambergae 1707. Ausserdem hat er auch noch eine vollständige Sammlung aller Kirchenväter bis zur Re- formation, viele schöne Stephanische, Wechelische Ausgaben etc.
Hr.
Zweiter Theil. F
eigentlicher Bibliothekar der Trewſchen Bibliothek, dem auch der Erblaſſer alles uͤbergeben hat. Der Erblaſſer habe manches ſeiber noch vor dem Tode rangiren wol- len, und habe ihm angerathen, nur alles ſo viel als moͤg- lich vor der Luft zu bewahren.
Hr. D. Dietelmaier, erſter Profeſſor und Predi- ger, bereits 68. Jahr alt, aber noch bei guten Kraͤften. Er hat ſchon 35. Jahr hier gelehrt, auch Semlern zum Doktor kreirt. Er glaubt, daß die Propheten des Alten Teſtaments manches geredet und geſchrieben haben, was ſie ſelbſt nicht verſtanden. Er jammert daruͤber, daß man Chriſtum ſonderlich im Alten Teſtamente, uͤberall ausſtreiche, auch da, wo Interpretatio authentica da ſei, und nur es Akkomodiren nenne. Der Kirche, glaubt er, ſtehe eine groſſe Verſchlimmerung bevor. Die Berliner Bibliothek ſei nur fuͤr Maͤnner, habe aber viel Schoͤnes, nur ſetze man zu ſehr das Alte herab. — Im Hiob Kap. 19. erzwinge er Chriſtum nicht. Leß ſollte nur kein Buch des neuen Teſtaments mehr uͤberſetzen, Benner ſei ſo recht der Mann gegen ihn. — Seine Frau iſt eine Gelehrte. Sie hat ihr eigenes Muſeum, lieſt alles, ſchreibt lateiniſch, ſchreibt auch ihrem Manne faſt alle Briefe. Er beſitzt eine Thalerſammlung von Koͤnigen, Kaiſern, Fuͤrſten, Paͤbſten ꝛc. Ich ſah darin z. B. den Glockenthaler, und den auf die Religions- veraͤnderung der Braunſchweigiſchen Prinzeſſ in Eliſa- beth, Kaiſer KarlsVI. Gemalin, geſchlagenen Thaler, mit der Umſchrift: Coetum, non numina mutat. Bambergae 1707. Auſſerdem hat er auch noch eine vollſtaͤndige Sammlung aller Kirchenvaͤter bis zur Re- formation, viele ſchoͤne Stephaniſche, Wecheliſche Ausgaben ꝛc.
Hr.
Zweiter Theil. F
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eigentlicher Bibliothekar der Trewſchen Bibliothek, dem
auch der Erblaſſer alles uͤbergeben hat. Der Erblaſſer
habe manches ſeiber noch vor dem Tode rangiren wol-
len, und habe ihm angerathen, nur alles ſo viel als moͤg-
lich vor der Luft zu bewahren.
Hr. D. Dietelmaier, erſter Profeſſor und Predi-
ger, bereits 68. Jahr alt, aber noch bei guten Kraͤften.
Er hat ſchon 35. Jahr hier gelehrt, auch Semlern zum
Doktor kreirt. Er glaubt, daß die Propheten des Alten
Teſtaments manches geredet und geſchrieben haben, was
ſie ſelbſt nicht verſtanden. Er jammert daruͤber, daß
man Chriſtum ſonderlich im Alten Teſtamente, uͤberall
ausſtreiche, auch da, wo Interpretatio authentica
da ſei, und nur es Akkomodiren nenne. Der Kirche,
glaubt er, ſtehe eine groſſe Verſchlimmerung bevor. Die
Berliner Bibliothek ſei nur fuͤr Maͤnner, habe aber viel
Schoͤnes, nur ſetze man zu ſehr das Alte herab. — Im
Hiob Kap. 19. erzwinge er Chriſtum nicht. Leß ſollte
nur kein Buch des neuen Teſtaments mehr uͤberſetzen,
Benner ſei ſo recht der Mann gegen ihn. — Seine
Frau iſt eine Gelehrte. Sie hat ihr eigenes Muſeum,
lieſt alles, ſchreibt lateiniſch, ſchreibt auch ihrem Manne
faſt alle Briefe. Er beſitzt eine Thalerſammlung von
Koͤnigen, Kaiſern, Fuͤrſten, Paͤbſten ꝛc. Ich ſah darin
z. B. den Glockenthaler, und den auf die Religions-
veraͤnderung der Braunſchweigiſchen Prinzeſſ in Eliſa-
beth, Kaiſer Karls VI. Gemalin, geſchlagenen Thaler,
mit der Umſchrift: Coetum, non numina mutat.
Bambergae 1707. Auſſerdem hat er auch noch eine
vollſtaͤndige Sammlung aller Kirchenvaͤter bis zur Re-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/119>, abgerufen am 26.11.2024.
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