Markt. Ich traf einmahl zwei Ober-Lothringische Bau- ern darin an, die beim Strauß, Krokodil und bei den Muscheln ihre Verwunderung nicht länger zurückhalten konnten und durch ihr Deutsch viel Aufmerksamkeit auf sich zogen. Man kan sich die tausenderlei Anmerkungen und Fragen und Erklärungen der Pariser Schönen, jun- gen Herren und Halbkenner mit der wichtigsten Mine etc. leicht denken. Am Eingang und in der Mitte stehen Schildwachen, und sonst geht Hrn. D'Aubenton's Be- dienter noch überall herum. Es ist auch nicht möglich, einen Schrank zu erbrechen, weil unten noch eiserne Ha- ken und Ringe vor der Thüre sind. Sauber abgeputzt und reinlich ist alles, auch wohl verwahrt; aber wie ge- sagt, zu sehr gedrängt und enge gestellt. Im Ganzen zu urtheilen, ist das Mineralreich, wie gewöhnlich, das stärkste; wiewohl es auch Lücken hat, die ich nicht ver- muthet hätte. Hernach kömt das Thierreich, wo die Vögel und Insekten am schönsten und häufigsten sind. Vom Pflanzenreich ist am wenigsten da, doch Hölzer, Saa- men, auch Blüten, und die Herbaria von Vaillant und Tournefort etc. Petrificationen sind nicht mehr da, als sich gehört. Mehr kan man nicht sagen, wenn man nur mit dem grossen Haufen darin gewesen ist. Die Geschichte des Kabinets ist mir verschieden erzählt wor- den. Buffon soll es erst angefangen, soll alles gesam- melt, und Reaumur soll nichts gethan haben! Es ist unglaublich, wie des Letztern Verdienste geschändet wer- den! Und doch schmeichelt sich Buffon mit der Unsterb- lichkeit unter seiner Nation! -- Ich lernte hierbei
Mr. D'Aubenton, Garde du Cab. de l'Hist. Nat. et Membre de l'Ac. R. des Sc. kennen. Ein
liebens-
D 2
Markt. Ich traf einmahl zwei Ober-Lothringiſche Bau- ern darin an, die beim Strauß, Krokodil und bei den Muſcheln ihre Verwunderung nicht laͤnger zuruͤckhalten konnten und durch ihr Deutſch viel Aufmerkſamkeit auf ſich zogen. Man kan ſich die tauſenderlei Anmerkungen und Fragen und Erklaͤrungen der Pariſer Schoͤnen, jun- gen Herren und Halbkenner mit der wichtigſten Mine ꝛc. leicht denken. Am Eingang und in der Mitte ſtehen Schildwachen, und ſonſt geht Hrn. D’Aubenton’s Be- dienter noch uͤberall herum. Es iſt auch nicht moͤglich, einen Schrank zu erbrechen, weil unten noch eiſerne Ha- ken und Ringe vor der Thuͤre ſind. Sauber abgeputzt und reinlich iſt alles, auch wohl verwahrt; aber wie ge- ſagt, zu ſehr gedraͤngt und enge geſtellt. Im Ganzen zu urtheilen, iſt das Mineralreich, wie gewoͤhnlich, das ſtaͤrkſte; wiewohl es auch Luͤcken hat, die ich nicht ver- muthet haͤtte. Hernach koͤmt das Thierreich, wo die Voͤgel und Inſekten am ſchoͤnſten und haͤufigſten ſind. Vom Pflanzenreich iſt am wenigſten da, doch Hoͤlzer, Saa- men, auch Bluͤten, und die Herbaria von Vaillant und Tournefort ꝛc. Petrificationen ſind nicht mehr da, als ſich gehoͤrt. Mehr kan man nicht ſagen, wenn man nur mit dem groſſen Haufen darin geweſen iſt. Die Geſchichte des Kabinets iſt mir verſchieden erzaͤhlt wor- den. Buffon ſoll es erſt angefangen, ſoll alles geſam- melt, und Reaumur ſoll nichts gethan haben! Es iſt unglaublich, wie des Letztern Verdienſte geſchaͤndet wer- den! Und doch ſchmeichelt ſich Buffon mit der Unſterb- lichkeit unter ſeiner Nation! — Ich lernte hierbei
Mr. D’Aubenton, Garde du Cab. de l’Hiſt. Nat. et Membre de l’Ac. R. des Sc. kennen. Ein
liebens-
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Markt. Ich traf einmahl zwei Ober-Lothringiſche Bau-
ern darin an, die beim Strauß, Krokodil und bei den
Muſcheln ihre Verwunderung nicht laͤnger zuruͤckhalten
konnten und durch ihr Deutſch viel Aufmerkſamkeit auf
ſich zogen. Man kan ſich die tauſenderlei Anmerkungen
und Fragen und Erklaͤrungen der Pariſer Schoͤnen, jun-
gen Herren und Halbkenner mit der wichtigſten Mine ꝛc.
leicht denken. Am Eingang und in der Mitte ſtehen
Schildwachen, und ſonſt geht Hrn. D’Aubenton’s Be-
dienter noch uͤberall herum. Es iſt auch nicht moͤglich,
einen Schrank zu erbrechen, weil unten noch eiſerne Ha-
ken und Ringe vor der Thuͤre ſind. Sauber abgeputzt
und reinlich iſt alles, auch wohl verwahrt; aber wie ge-
ſagt, zu ſehr gedraͤngt und enge geſtellt. Im Ganzen
zu urtheilen, iſt das Mineralreich, wie gewoͤhnlich, das
ſtaͤrkſte; wiewohl es auch Luͤcken hat, die ich nicht ver-
muthet haͤtte. Hernach koͤmt das Thierreich, wo die
Voͤgel und Inſekten am ſchoͤnſten und haͤufigſten ſind.
Vom Pflanzenreich iſt am wenigſten da, doch Hoͤlzer, Saa-
men, auch Bluͤten, und die Herbaria von Vaillant
und Tournefort ꝛc. Petrificationen ſind nicht mehr
da, als ſich gehoͤrt. Mehr kan man nicht ſagen, wenn
man nur mit dem groſſen Haufen darin geweſen iſt. Die
Geſchichte des Kabinets iſt mir verſchieden erzaͤhlt wor-
den. Buffon ſoll es erſt angefangen, ſoll alles geſam-
melt, und Reaumur ſoll nichts gethan haben! Es iſt
unglaublich, wie des Letztern Verdienſte geſchaͤndet wer-
den! Und doch ſchmeichelt ſich Buffon mit der Unſterb-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/75>, abgerufen am 24.11.2024.
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