Der Garten ist schön, reicht aber nicht an die Gär- ten von Chantilly. Die Tempel der Minerva und des Apolls sind herlich, Apoll aber ist viel zu klein. Das Badhaus ist königlich, doch hat es wieder den Werth des Kasselschen nicht.
In der Menagerie ist schon seit vielen Jahren ein Kasuar, der frißt Brod, gelbe Rüben etc. befindet sich wohl, mausert sich alle Frühjahre, ist sehr furchtsam, läuft schnell, läst sich auch nicht anrühren. Auch ist eine Haa- senart aus Korsika, mit seidenartigen Haaren da, davon der Churfürst Hüte trägt. Die ganze Sache kostet Mil- lionen, und ist ein erschrecklicher Luxus. --
Mr. de Necker sprach ich heute wieder. Er ist ein Botaniker, ist aus Lille gebürtig und hat ausser der Apo- thekerkunst eigentlich nichts studirt. Er besitzt viel Ge- nie, aber auch viel Zankgeist, und viel Einbildung. Seine Tabula in Syst. Linn. bot. hängt im akademi- schen Zimmer, jetzt aber ist er ein erklärter Feind aller Systeme in der Botanik. Er arbeitet an einer Refor- me generale de toute la Botanique. -- Seine Hist. musc. und Physiol. verlangte Linne'e im Brief von ihm zur 3ten Ausgabe der Spec. pl. Sie kostete ihn aber, wie er schreibt, 5. Dukaten Porto *).
Auf
*) Hr. Necker erzählte mir im Gespräch, ein französischer Offizier, der Voltairen in Fernay nicht zu sehen bekom- men konnte, habe beim Weggehen Folgendes auf eine Karte geschrieben hinterlassen: Ou est done le vrai Dieu du genie, Qu'on connoit, qu'on sent, et qu'on ne voit pas? Il sera comme le Dieu de l'Eucharistie, Qu'on voit, qu'on mange, et qu'on n'appercoit pas.
Der Garten iſt ſchoͤn, reicht aber nicht an die Gaͤr- ten von Chantilly. Die Tempel der Minerva und des Apolls ſind herlich, Apoll aber iſt viel zu klein. Das Badhaus iſt koͤniglich, doch hat es wieder den Werth des Kaſſelſchen nicht.
In der Menagerie iſt ſchon ſeit vielen Jahren ein Kaſuar, der frißt Brod, gelbe Ruͤben ꝛc. befindet ſich wohl, mauſert ſich alle Fruͤhjahre, iſt ſehr furchtſam, laͤuft ſchnell, laͤſt ſich auch nicht anruͤhren. Auch iſt eine Haa- ſenart aus Korſika, mit ſeidenartigen Haaren da, davon der Churfuͤrſt Huͤte traͤgt. Die ganze Sache koſtet Mil- lionen, und iſt ein erſchrecklicher Luxus. —
Mr. de Necker ſprach ich heute wieder. Er iſt ein Botaniker, iſt aus Lille gebuͤrtig und hat auſſer der Apo- thekerkunſt eigentlich nichts ſtudirt. Er beſitzt viel Ge- nie, aber auch viel Zankgeiſt, und viel Einbildung. Seine Tabula in Syſt. Linn. bot. haͤngt im akademi- ſchen Zimmer, jetzt aber iſt er ein erklaͤrter Feind aller Syſteme in der Botanik. Er arbeitet an einer Refor- me generale de toute la Botanique. — Seine Hiſt. muſc. und Phyſiol. verlangte Linne’e im Brief von ihm zur 3ten Ausgabe der Spec. pl. Sie koſtete ihn aber, wie er ſchreibt, 5. Dukaten Porto *).
Auf
*) Hr. Necker erzaͤhlte mir im Geſpraͤch, ein franzoͤſiſcher Offizier, der Voltairen in Fernay nicht zu ſehen bekom- men konnte, habe beim Weggehen Folgendes auf eine Karte geſchrieben hinterlaſſen: Ou eſt done le vrai Dieu du genie, Qu’on connoit, qu’on ſent, et qu’on ne voit pas? Il ſera comme le Dieu de l’Euchariſtie, Qu’on voit, qu’on mange, et qu’on n’apperçoit pas.
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Der Garten iſt ſchoͤn, reicht aber nicht an die Gaͤr-
ten von Chantilly. Die Tempel der Minerva und
des Apolls ſind herlich, Apoll aber iſt viel zu klein.
Das Badhaus iſt koͤniglich, doch hat es wieder den
Werth des Kaſſelſchen nicht.
In der Menagerie iſt ſchon ſeit vielen Jahren ein
Kaſuar, der frißt Brod, gelbe Ruͤben ꝛc. befindet ſich
wohl, mauſert ſich alle Fruͤhjahre, iſt ſehr furchtſam, laͤuft
ſchnell, laͤſt ſich auch nicht anruͤhren. Auch iſt eine Haa-
ſenart aus Korſika, mit ſeidenartigen Haaren da, davon
der Churfuͤrſt Huͤte traͤgt. Die ganze Sache koſtet Mil-
lionen, und iſt ein erſchrecklicher Luxus. —
Mr. de Necker ſprach ich heute wieder. Er iſt ein
Botaniker, iſt aus Lille gebuͤrtig und hat auſſer der Apo-
thekerkunſt eigentlich nichts ſtudirt. Er beſitzt viel Ge-
nie, aber auch viel Zankgeiſt, und viel Einbildung.
Seine Tabula in Syſt. Linn. bot. haͤngt im akademi-
ſchen Zimmer, jetzt aber iſt er ein erklaͤrter Feind aller
Syſteme in der Botanik. Er arbeitet an einer Refor-
me generale de toute la Botanique. — Seine
Hiſt. muſc. und Phyſiol. verlangte Linne’e im Brief
von ihm zur 3ten Ausgabe der Spec. pl. Sie koſtete ihn
aber, wie er ſchreibt, 5. Dukaten Porto *).
Auf
*) Hr. Necker erzaͤhlte mir im Geſpraͤch, ein franzoͤſiſcher
Offizier, der Voltairen in Fernay nicht zu ſehen bekom-
men konnte, habe beim Weggehen Folgendes auf eine
Karte geſchrieben hinterlaſſen:
Ou eſt done le vrai Dieu du genie,
Qu’on connoit, qu’on ſent, et qu’on ne voit pas?
Il ſera comme le Dieu de l’Euchariſtie,
Qu’on voit, qu’on mange, et qu’on n’apperçoit pas.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/662>, abgerufen am 24.11.2024.
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