Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

men sie aus Brabant. In beiden Mühlen liegen im-
mer wenigstens 200,000. Pfund Lumpen; 18. Weiber
sassen und sortirten sie vor einem Eisen. Man lies uns
die Pumpe sehen, die das Wasser zum Säubern der Lum-
pen 80. Fuß tief aus der Erde holt, und es in einen Teich
auf- und niederfliessen läßt, weil man glaubt, daß es
schon durch die Luft gesäubert werde. Unten fließt es in
eine Kufe mit Sand angefüllt, durch den Sand läufts
durch, und unten sammelt mans wieder. Wir sahen
alle Arbeiten, aber den Holländer selber wollte man uns
doch nicht sehen lassen. Wir machten auch einen Bogen,
aber statt Postpapier gabs dickes Packpapier, weil wir
den Handgriff mit dem Schütteln der Form nicht ver-
standen.

Wir besuchten hierauf die Sägemühlen und eini-
ge andre etc. und sahen bei der Gelegenheit auf einer
Wiese einen Ochsen auf einer Säule stehend und in der
obersten Kirche ein Gemälde, das sich auf den Ochsen be-
zieht. Dieser Bulle hat den 29. Aug. 1647. die Frau,
die ihn halten muste, nachdem er sich hinterm Hause
vom Baume und Stricke losgemacht hatte, wie ein Ball
mit den Hörnern in die Höhe geschleudert, (wiewohl sie
hoch schwanger war,) und ihr den Leib von der Linken
nach der Rechten aufgerissen. In der Luft gebahr sie,
das Kind fiel auf die Erde, der Mann wollte ihr zu
Hülfe eilen, ward aber ebenfalls todtgebohrt. Die Frau
lebte nur noch einige Stunden, das Kind aber ward ge-
tauft, Jacob genannt, und lebte bis den 4. Mai 1648.
Auf der Tafel steht: So ward die Frau, durch den Och-
sen, Mutter, Wittwe und Leiche!

Wir besahen ferner die Schiffszimmerwerfte, und
stiegen auf ein Schiff, das auf dem Stapel halb fertig

lag,

men ſie aus Brabant. In beiden Muͤhlen liegen im-
mer wenigſtens 200,000. Pfund Lumpen; 18. Weiber
ſaſſen und ſortirten ſie vor einem Eiſen. Man lies uns
die Pumpe ſehen, die das Waſſer zum Saͤubern der Lum-
pen 80. Fuß tief aus der Erde holt, und es in einen Teich
auf- und niederflieſſen laͤßt, weil man glaubt, daß es
ſchon durch die Luft geſaͤubert werde. Unten fließt es in
eine Kufe mit Sand angefuͤllt, durch den Sand laͤufts
durch, und unten ſammelt mans wieder. Wir ſahen
alle Arbeiten, aber den Hollaͤnder ſelber wollte man uns
doch nicht ſehen laſſen. Wir machten auch einen Bogen,
aber ſtatt Poſtpapier gabs dickes Packpapier, weil wir
den Handgriff mit dem Schuͤtteln der Form nicht ver-
ſtanden.

Wir beſuchten hierauf die Saͤgemuͤhlen und eini-
ge andre ꝛc. und ſahen bei der Gelegenheit auf einer
Wieſe einen Ochſen auf einer Saͤule ſtehend und in der
oberſten Kirche ein Gemaͤlde, das ſich auf den Ochſen be-
zieht. Dieſer Bulle hat den 29. Aug. 1647. die Frau,
die ihn halten muſte, nachdem er ſich hinterm Hauſe
vom Baume und Stricke losgemacht hatte, wie ein Ball
mit den Hoͤrnern in die Hoͤhe geſchleudert, (wiewohl ſie
hoch ſchwanger war,) und ihr den Leib von der Linken
nach der Rechten aufgeriſſen. In der Luft gebahr ſie,
das Kind fiel auf die Erde, der Mann wollte ihr zu
Huͤlfe eilen, ward aber ebenfalls todtgebohrt. Die Frau
lebte nur noch einige Stunden, das Kind aber ward ge-
tauft, Jacob genannt, und lebte bis den 4. Mai 1648.
Auf der Tafel ſteht: So ward die Frau, durch den Och-
ſen, Mutter, Wittwe und Leiche!

Wir beſahen ferner die Schiffszimmerwerfte, und
ſtiegen auf ein Schiff, das auf dem Stapel halb fertig

lag,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0598" n="574"/>
men &#x017F;ie aus <hi rendition="#fr">Brabant.</hi> In beiden Mu&#x0364;hlen liegen im-<lb/>
mer wenig&#x017F;tens 200,000. Pfund Lumpen; 18. Weiber<lb/>
&#x017F;a&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;ortirten &#x017F;ie vor einem Ei&#x017F;en. Man lies uns<lb/>
die Pumpe &#x017F;ehen, die das Wa&#x017F;&#x017F;er zum Sa&#x0364;ubern der Lum-<lb/>
pen 80. Fuß tief aus der Erde holt, und es in einen Teich<lb/>
auf- und niederflie&#x017F;&#x017F;en la&#x0364;ßt, weil man glaubt, daß es<lb/>
&#x017F;chon durch die Luft ge&#x017F;a&#x0364;ubert werde. Unten fließt es in<lb/>
eine Kufe mit Sand angefu&#x0364;llt, durch den Sand la&#x0364;ufts<lb/>
durch, und unten &#x017F;ammelt mans wieder. Wir &#x017F;ahen<lb/>
alle Arbeiten, aber den <hi rendition="#fr">Holla&#x0364;nder</hi> &#x017F;elber wollte man uns<lb/>
doch nicht &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en. Wir machten auch einen Bogen,<lb/>
aber &#x017F;tatt Po&#x017F;tpapier gabs dickes Packpapier, weil wir<lb/>
den Handgriff mit dem Schu&#x0364;tteln der Form nicht ver-<lb/>
&#x017F;tanden.</p><lb/>
          <p>Wir be&#x017F;uchten hierauf die <hi rendition="#fr">Sa&#x0364;gemu&#x0364;hlen</hi> und eini-<lb/>
ge andre &#xA75B;c. und &#x017F;ahen bei der Gelegenheit auf einer<lb/>
Wie&#x017F;e einen <hi rendition="#fr">Och&#x017F;en</hi> auf einer Sa&#x0364;ule &#x017F;tehend und in der<lb/>
ober&#x017F;ten Kirche ein Gema&#x0364;lde, das &#x017F;ich auf den Och&#x017F;en be-<lb/>
zieht. Die&#x017F;er Bulle hat den 29. Aug. 1647. die Frau,<lb/>
die ihn halten mu&#x017F;te, nachdem er &#x017F;ich hinterm Hau&#x017F;e<lb/>
vom Baume und Stricke losgemacht hatte, wie ein Ball<lb/>
mit den Ho&#x0364;rnern in die Ho&#x0364;he ge&#x017F;chleudert, (wiewohl &#x017F;ie<lb/>
hoch &#x017F;chwanger war,) und ihr den Leib von der Linken<lb/>
nach der Rechten aufgeri&#x017F;&#x017F;en. In der Luft gebahr &#x017F;ie,<lb/>
das Kind fiel auf die Erde, der Mann wollte ihr zu<lb/>
Hu&#x0364;lfe eilen, ward aber ebenfalls todtgebohrt. Die Frau<lb/>
lebte nur noch einige Stunden, das Kind aber ward ge-<lb/>
tauft, <hi rendition="#fr">Jacob</hi> genannt, und lebte bis den 4. Mai 1648.<lb/>
Auf der Tafel &#x017F;teht: So ward die Frau, durch den Och-<lb/>
&#x017F;en, Mutter, Wittwe und Leiche!</p><lb/>
          <p>Wir be&#x017F;ahen ferner die <hi rendition="#fr">Schiffszimmerwerfte,</hi> und<lb/>
&#x017F;tiegen auf ein Schiff, das auf dem Stapel halb fertig<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lag,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[574/0598] men ſie aus Brabant. In beiden Muͤhlen liegen im- mer wenigſtens 200,000. Pfund Lumpen; 18. Weiber ſaſſen und ſortirten ſie vor einem Eiſen. Man lies uns die Pumpe ſehen, die das Waſſer zum Saͤubern der Lum- pen 80. Fuß tief aus der Erde holt, und es in einen Teich auf- und niederflieſſen laͤßt, weil man glaubt, daß es ſchon durch die Luft geſaͤubert werde. Unten fließt es in eine Kufe mit Sand angefuͤllt, durch den Sand laͤufts durch, und unten ſammelt mans wieder. Wir ſahen alle Arbeiten, aber den Hollaͤnder ſelber wollte man uns doch nicht ſehen laſſen. Wir machten auch einen Bogen, aber ſtatt Poſtpapier gabs dickes Packpapier, weil wir den Handgriff mit dem Schuͤtteln der Form nicht ver- ſtanden. Wir beſuchten hierauf die Saͤgemuͤhlen und eini- ge andre ꝛc. und ſahen bei der Gelegenheit auf einer Wieſe einen Ochſen auf einer Saͤule ſtehend und in der oberſten Kirche ein Gemaͤlde, das ſich auf den Ochſen be- zieht. Dieſer Bulle hat den 29. Aug. 1647. die Frau, die ihn halten muſte, nachdem er ſich hinterm Hauſe vom Baume und Stricke losgemacht hatte, wie ein Ball mit den Hoͤrnern in die Hoͤhe geſchleudert, (wiewohl ſie hoch ſchwanger war,) und ihr den Leib von der Linken nach der Rechten aufgeriſſen. In der Luft gebahr ſie, das Kind fiel auf die Erde, der Mann wollte ihr zu Huͤlfe eilen, ward aber ebenfalls todtgebohrt. Die Frau lebte nur noch einige Stunden, das Kind aber ward ge- tauft, Jacob genannt, und lebte bis den 4. Mai 1648. Auf der Tafel ſteht: So ward die Frau, durch den Och- ſen, Mutter, Wittwe und Leiche! Wir beſahen ferner die Schiffszimmerwerfte, und ſtiegen auf ein Schiff, das auf dem Stapel halb fertig lag,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/598
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/598>, abgerufen am 22.11.2024.