In Harlem sind die Häuser sehr wohlfeil, hier in Amsterdam aber erschrecklich theuer. Für 2. kleine Zimmer in 2. verschiedenen Etagen bezahlt einer meiner Freunde ohne alle Meubles, alle Jahr 200. Gulden, ein andrer für 7. kleine, 500. Gulden.
In keinem Lande sind wohl die Bedienten und Do- mestiquen so unerträglich, als hier. Alles trotzt auf Geld, auf Freiheit, auf Gewinn. Alle tragen Uhren, silberne Schnallen, haben Silberzeug, sprechen von Du- katen, Ryders etc. *) Eine Ohrfeige, ein rauhes Wort darf man ihnen nicht anbieten. Die gröste Naseweis- heit, Zudringlichkeit, und ein unaufhörliches Lechzen und Dürsten nach Reichthum, Mangel der Aufsicht, Bil- dung und religieuser Sentiments bemerkt man durchgän- gig. Ohne Mitleiden kan kein Menschenfreund die Mil- lionen Menschen ansehen, die beständig nichts anders thun, und nichts anders hochschätzen, als das Wühlen und Graben nach Schätzen **).
Den 14ten August.
Heute früh um 6. Uhr machte ich mit M. H. Rühle zu Schiffe von Amsterdam eine kleine
Reise
*) Ein Ryder ist eine in Holland kurstrende Goldmünze, und gilt 14. Gulden. Herausgeber.
**) Ein gewisser Schriftsteller sagt daher von Holland sehr treffend: Cest un pays ou le demon de l'or est couronne de tabac, assis sur un throne de fro- mage.Herausgeber.
Bemerkungen.
In Harlem ſind die Haͤuſer ſehr wohlfeil, hier in Amſterdam aber erſchrecklich theuer. Fuͤr 2. kleine Zimmer in 2. verſchiedenen Etagen bezahlt einer meiner Freunde ohne alle Meubles, alle Jahr 200. Gulden, ein andrer fuͤr 7. kleine, 500. Gulden.
In keinem Lande ſind wohl die Bedienten und Do- meſtiquen ſo unertraͤglich, als hier. Alles trotzt auf Geld, auf Freiheit, auf Gewinn. Alle tragen Uhren, ſilberne Schnallen, haben Silberzeug, ſprechen von Du- katen, Ryders ꝛc. *) Eine Ohrfeige, ein rauhes Wort darf man ihnen nicht anbieten. Die groͤſte Naſeweis- heit, Zudringlichkeit, und ein unaufhoͤrliches Lechzen und Duͤrſten nach Reichthum, Mangel der Aufſicht, Bil- dung und religieuſer Sentiments bemerkt man durchgaͤn- gig. Ohne Mitleiden kan kein Menſchenfreund die Mil- lionen Menſchen anſehen, die beſtaͤndig nichts anders thun, und nichts anders hochſchaͤtzen, als das Wuͤhlen und Graben nach Schaͤtzen **).
Den 14ten Auguſt.
Heute fruͤh um 6. Uhr machte ich mit M. H. Ruͤhle zu Schiffe von Amſterdam eine kleine
Reiſe
*) Ein Ryder iſt eine in Holland kurſtrende Goldmuͤnze, und gilt 14. Gulden. Herausgeber.
**) Ein gewiſſer Schriftſteller ſagt daher von Holland ſehr treffend: Ceſt un pays où le demon de l’or eſt couronné de tabac, aſſis ſur un throne de fro- mage.Herausgeber.
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Bemerkungen.
In Harlem ſind die Haͤuſer ſehr wohlfeil, hier in
Amſterdam aber erſchrecklich theuer. Fuͤr 2. kleine
Zimmer in 2. verſchiedenen Etagen bezahlt einer meiner
Freunde ohne alle Meubles, alle Jahr 200. Gulden,
ein andrer fuͤr 7. kleine, 500. Gulden.
In keinem Lande ſind wohl die Bedienten und Do-
meſtiquen ſo unertraͤglich, als hier. Alles trotzt auf
Geld, auf Freiheit, auf Gewinn. Alle tragen Uhren,
ſilberne Schnallen, haben Silberzeug, ſprechen von Du-
katen, Ryders ꝛc. *) Eine Ohrfeige, ein rauhes Wort
darf man ihnen nicht anbieten. Die groͤſte Naſeweis-
heit, Zudringlichkeit, und ein unaufhoͤrliches Lechzen und
Duͤrſten nach Reichthum, Mangel der Aufſicht, Bil-
dung und religieuſer Sentiments bemerkt man durchgaͤn-
gig. Ohne Mitleiden kan kein Menſchenfreund die Mil-
lionen Menſchen anſehen, die beſtaͤndig nichts anders
thun, und nichts anders hochſchaͤtzen, als das Wuͤhlen
und Graben nach Schaͤtzen **).
Den 14ten Auguſt.
Heute fruͤh um 6. Uhr machte ich mit M. H. Ruͤhle
zu Schiffe von Amſterdam eine kleine
Reiſe
*) Ein Ryder iſt eine in Holland kurſtrende Goldmuͤnze,
und gilt 14. Gulden.
Herausgeber.
**) Ein gewiſſer Schriftſteller ſagt daher von Holland
ſehr treffend: Ceſt un pays où le demon de l’or
eſt couronné de tabac, aſſis ſur un throne de fro-
mage. Herausgeber.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/594>, abgerufen am 23.11.2024.
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