mirals van Galen, das in eben dem Geschmack und mit eben der Pracht gebaut ist, wie die, welche ich in Delft sah *). Von da ging ich in eine
Katholische Kirche. -- Das sind blosse Bethäu- ser in Bürgerhäusern, welche die Gemeinen gemiethet haben **). Wenn mans nicht weis, so sieht man es auch nicht für Kirchen an. Drauf wartete ich den
Gottesdienst der Quäker mit ab. Was ich bis- her nirgends, als in dieser Stadt sehen konnte, das sah ich auch gleich, und in der That, man muß wenig mensch- liches Gefühl haben, wenn man nur spotten und lachen will. Diese Leute haben op de Keyzersgragt bei der Lillegragt ein Haus, und in demselben unten einen Saal zu ihren Versammlungen. Es steht nichts darin, als Stühle, Bänke, Lehnen, oben ist die Decke ausge- schnitten, und mit Gitterwerk vermacht. Sie gestatten sehr gern allen Fremden den Zutritt. Es sind theils ge- meine, theils reiche Leute unter ihnen. Sie haben im Aeusserlichen nichts unterscheidendes. Man kan den Hut bei ihnen aufsetzen, oder nicht, wie man will. Es wird nicht gesungen, nicht gelesen, nicht gebetet; sie predigen, sitzen still, geben sich brüderlich die Hand, und gehen aus- einander. Die Stille, die Einfalt, die Liebe, das Ver- trauliche, das brüderliche Wesen, das wechselsweise Er-
mahnen
*) Wichtigere Denkmähler in dieser Kirche sind die von dem berühmten Admiral Kuyter, und vom Dichter Vondel.Herausgeber.
**) Die Katholiken haben in Amsterdam über 20. Bet- häuser, darunter das schönste Moses und Aaron heist. Herausgeber.
mirals van Galen, das in eben dem Geſchmack und mit eben der Pracht gebaut iſt, wie die, welche ich in Delft ſah *). Von da ging ich in eine
Katholiſche Kirche. — Das ſind bloſſe Bethaͤu- ſer in Buͤrgerhaͤuſern, welche die Gemeinen gemiethet haben **). Wenn mans nicht weis, ſo ſieht man es auch nicht fuͤr Kirchen an. Drauf wartete ich den
Gottesdienſt der Quaͤker mit ab. Was ich bis- her nirgends, als in dieſer Stadt ſehen konnte, das ſah ich auch gleich, und in der That, man muß wenig menſch- liches Gefuͤhl haben, wenn man nur ſpotten und lachen will. Dieſe Leute haben op de Keyzersgragt bei der Lillegragt ein Haus, und in demſelben unten einen Saal zu ihren Verſammlungen. Es ſteht nichts darin, als Stuͤhle, Baͤnke, Lehnen, oben iſt die Decke ausge- ſchnitten, und mit Gitterwerk vermacht. Sie geſtatten ſehr gern allen Fremden den Zutritt. Es ſind theils ge- meine, theils reiche Leute unter ihnen. Sie haben im Aeuſſerlichen nichts unterſcheidendes. Man kan den Hut bei ihnen aufſetzen, oder nicht, wie man will. Es wird nicht geſungen, nicht geleſen, nicht gebetet; ſie predigen, ſitzen ſtill, geben ſich bruͤderlich die Hand, und gehen aus- einander. Die Stille, die Einfalt, die Liebe, das Ver- trauliche, das bruͤderliche Weſen, das wechſelsweiſe Er-
mahnen
*) Wichtigere Denkmaͤhler in dieſer Kirche ſind die von dem beruͤhmten Admiral Kuyter, und vom Dichter Vondel.Herausgeber.
**) Die Katholiken haben in Amſterdam uͤber 20. Bet- haͤuſer, darunter das ſchoͤnſte Moſes und Aaron heiſt. Herausgeber.
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mirals van Galen, das in eben dem Geſchmack und mit
eben der Pracht gebaut iſt, wie die, welche ich in Delft
ſah *). Von da ging ich in eine
Katholiſche Kirche. — Das ſind bloſſe Bethaͤu-
ſer in Buͤrgerhaͤuſern, welche die Gemeinen gemiethet
haben **). Wenn mans nicht weis, ſo ſieht man es
auch nicht fuͤr Kirchen an. Drauf wartete ich den
Gottesdienſt der Quaͤker mit ab. Was ich bis-
her nirgends, als in dieſer Stadt ſehen konnte, das ſah
ich auch gleich, und in der That, man muß wenig menſch-
liches Gefuͤhl haben, wenn man nur ſpotten und lachen
will. Dieſe Leute haben op de Keyzersgragt bei der
Lillegragt ein Haus, und in demſelben unten einen
Saal zu ihren Verſammlungen. Es ſteht nichts darin,
als Stuͤhle, Baͤnke, Lehnen, oben iſt die Decke ausge-
ſchnitten, und mit Gitterwerk vermacht. Sie geſtatten
ſehr gern allen Fremden den Zutritt. Es ſind theils ge-
meine, theils reiche Leute unter ihnen. Sie haben im
Aeuſſerlichen nichts unterſcheidendes. Man kan den Hut
bei ihnen aufſetzen, oder nicht, wie man will. Es wird
nicht geſungen, nicht geleſen, nicht gebetet; ſie predigen,
ſitzen ſtill, geben ſich bruͤderlich die Hand, und gehen aus-
einander. Die Stille, die Einfalt, die Liebe, das Ver-
trauliche, das bruͤderliche Weſen, das wechſelsweiſe Er-
mahnen
*) Wichtigere Denkmaͤhler in dieſer Kirche ſind die von
dem beruͤhmten Admiral Kuyter, und vom Dichter
Vondel. Herausgeber.
**) Die Katholiken haben in Amſterdam uͤber 20. Bet-
haͤuſer, darunter das ſchoͤnſte Moſes und Aaron
heiſt. Herausgeber.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/572>, abgerufen am 24.11.2024.
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