auf junge Weibspersonen, die hier Verwandte besuchen, oder Dienste suchen wollen, oder von Kaufleuten verschrie- ben werden, theils auf junge unerfahrne Handwerksbur- sche lauern, die der Wege in der Stadt, der Wirthshäu- ser und der Sprache unkundig sind, sich nach ihren Be- kannten erkundigen, und von diesen Leuten in Häuser ge- lockt werden, wo der Wirth ihnen für jeden Kerl Geld zahlt. Die Spitzbuben verstehen sich durch Zeichen, sie bieten den Fremden Höflichkeiten an, nöthigen sie zum Trinken und gehen dann fort, nehmen ihren Dukaten vom Wirth, der nachher den Gefangenen nicht mehr fortläßt, und ihn aufs Schiff in die See hinausbringt, ehe der ar- me Deutsche nur einen Weg finden kan, sein Unglück ir- gend einem Menschen zu klagen. Mit den Weibsperso- nen ziehen sie zur Zeit der Kirmes aus einer Stadt in die andre, übergeben sie einer Hurenwirthin, ziehen ih- nen die prächtigsten Kleider an, geben ihnen Uhren, sil- berne Schnallen, etc. ziehen ihnen das wieder vom Hu- renlohn ab, zuletzt -- -- ach, vermuthlich stossen sie sie aus, und überlassen sie dem äussersten Elende. -- Sel- ten sind Beispiele, daß Leute aus diesen Klauen wieder errettet worden. Sollten wir nicht, wir Glücklichen und Begüterten im Menschengeschlecht, wenn wir oft von Be- lustigungen, mit allem Guten auf Gottes Erde gesättigt, zurückkommen, und im weichen Bett, fern von jedem Unglück und Kummer, Nächte durchschlummern, sollten wir nicht alsdann die Gottheit auch für unsere unglückli- chen Brüder anrufen, die das Opfer der Bosheit und der Gewinnsucht andrer werden müssen, und um Mitternacht in der traurigen Schiffskammer unter dem Brüllen des Meers bittre Thränen weinen, am dürren Fisch nagen, und von der ganzen Erde an Gottes Richterstuhl appelliren?
Heute
auf junge Weibsperſonen, die hier Verwandte beſuchen, oder Dienſte ſuchen wollen, oder von Kaufleuten verſchrie- ben werden, theils auf junge unerfahrne Handwerksbur- ſche lauern, die der Wege in der Stadt, der Wirthshaͤu- ſer und der Sprache unkundig ſind, ſich nach ihren Be- kannten erkundigen, und von dieſen Leuten in Haͤuſer ge- lockt werden, wo der Wirth ihnen fuͤr jeden Kerl Geld zahlt. Die Spitzbuben verſtehen ſich durch Zeichen, ſie bieten den Fremden Hoͤflichkeiten an, noͤthigen ſie zum Trinken und gehen dann fort, nehmen ihren Dukaten vom Wirth, der nachher den Gefangenen nicht mehr fortlaͤßt, und ihn aufs Schiff in die See hinausbringt, ehe der ar- me Deutſche nur einen Weg finden kan, ſein Ungluͤck ir- gend einem Menſchen zu klagen. Mit den Weibsperſo- nen ziehen ſie zur Zeit der Kirmes aus einer Stadt in die andre, uͤbergeben ſie einer Hurenwirthin, ziehen ih- nen die praͤchtigſten Kleider an, geben ihnen Uhren, ſil- berne Schnallen, ꝛc. ziehen ihnen das wieder vom Hu- renlohn ab, zuletzt — — ach, vermuthlich ſtoſſen ſie ſie aus, und uͤberlaſſen ſie dem aͤuſſerſten Elende. — Sel- ten ſind Beiſpiele, daß Leute aus dieſen Klauen wieder errettet worden. Sollten wir nicht, wir Gluͤcklichen und Beguͤterten im Menſchengeſchlecht, wenn wir oft von Be- luſtigungen, mit allem Guten auf Gottes Erde geſaͤttigt, zuruͤckkommen, und im weichen Bett, fern von jedem Ungluͤck und Kummer, Naͤchte durchſchlummern, ſollten wir nicht alsdann die Gottheit auch fuͤr unſere ungluͤckli- chen Bruͤder anrufen, die das Opfer der Bosheit und der Gewinnſucht andrer werden muͤſſen, und um Mitternacht in der traurigen Schiffskammer unter dem Bruͤllen des Meers bittre Thraͤnen weinen, am duͤrren Fiſch nagen, und von der ganzen Erde an Gottes Richterſtuhl appelliren?
Heute
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auf junge Weibsperſonen, die hier Verwandte beſuchen,
oder Dienſte ſuchen wollen, oder von Kaufleuten verſchrie-
ben werden, theils auf junge unerfahrne Handwerksbur-
ſche lauern, die der Wege in der Stadt, der Wirthshaͤu-
ſer und der Sprache unkundig ſind, ſich nach ihren Be-
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lockt werden, wo der Wirth ihnen fuͤr jeden Kerl Geld
zahlt. Die Spitzbuben verſtehen ſich durch Zeichen, ſie
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zuruͤckkommen, und im weichen Bett, fern von jedem
Ungluͤck und Kummer, Naͤchte durchſchlummern, ſollten
wir nicht alsdann die Gottheit auch fuͤr unſere ungluͤckli-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/570>, abgerufen am 23.11.2024.
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