ten alle Tage auslüften. In den Stubenböden weis man nicht, wo man hintreten soll, so kostbare Tapeten hat man darin liegen.
An den Kanälen sah ich Wolle waschen. Die Schaaswolle aus Nordholland ist sehr fett und schmu- tzig. Man gibt einem Kerl des Tages 6. Centner Wol- le in eine Schuyt, daran hat er den ganzen Tag zu wa- schen. Dazu haben sie Körbe, thun unten die Wolle darein, und fahren damit ins Wasser. Das Wasser im Schiff wird davon sehr schmutzig, gelb, und trübe. Die Kerle stehen mit nackten Füssen im Wasser; nachher wird sie auf grossen Ebnen getrocknet, sortirt, verarbeitet, und stark nach Frankreich verführt. Man hört überall auf den Strassen das Geräusch der Weberstühle.
Man macht hier viel Johannisbeerbrantwein. Man schüttet Brantwein, Zucker und starkriechende Kräu- ter auf die Johannisbeeren, und läßts in Bouteillen an der Sonne digeriren.
Den 6ten August.
Am frühen Morgen ging ich auf einem herrlichen Spaziergange zwischen dem hellsten Wasser, nach dem
Pesthaus, das eine kleine halbe Stunde vor der Stadt liegt, durch Gräben, Brücken, Wasser und Wal- dungen abgesondert ist, und gewis gesehen zu werden ver- dient. Es ist ein grosses viereckigtes Gebäude, dessen unterer Theil in 8. Zimmer eingetheilt ist, die ganz mit Betten angefüllt sind. Die Bettstätten stehen an den Wänden in unglaublicher Menge herum, in jedem liegt
ein
ten alle Tage ausluͤften. In den Stubenboͤden weis man nicht, wo man hintreten ſoll, ſo koſtbare Tapeten hat man darin liegen.
An den Kanaͤlen ſah ich Wolle waſchen. Die Schaaſwolle aus Nordholland iſt ſehr fett und ſchmu- tzig. Man gibt einem Kerl des Tages 6. Centner Wol- le in eine Schuyt, daran hat er den ganzen Tag zu wa- ſchen. Dazu haben ſie Koͤrbe, thun unten die Wolle darein, und fahren damit ins Waſſer. Das Waſſer im Schiff wird davon ſehr ſchmutzig, gelb, und truͤbe. Die Kerle ſtehen mit nackten Fuͤſſen im Waſſer; nachher wird ſie auf groſſen Ebnen getrocknet, ſortirt, verarbeitet, und ſtark nach Frankreich verfuͤhrt. Man hoͤrt uͤberall auf den Straſſen das Geraͤuſch der Weberſtuͤhle.
Man macht hier viel Johannisbeerbrantwein. Man ſchuͤttet Brantwein, Zucker und ſtarkriechende Kraͤu- ter auf die Johannisbeeren, und laͤßts in Bouteillen an der Sonne digeriren.
Den 6ten Auguſt.
Am fruͤhen Morgen ging ich auf einem herrlichen Spaziergange zwiſchen dem hellſten Waſſer, nach dem
Peſthaus, das eine kleine halbe Stunde vor der Stadt liegt, durch Graͤben, Bruͤcken, Waſſer und Wal- dungen abgeſondert iſt, und gewis geſehen zu werden ver- dient. Es iſt ein groſſes viereckigtes Gebaͤude, deſſen unterer Theil in 8. Zimmer eingetheilt iſt, die ganz mit Betten angefuͤllt ſind. Die Bettſtaͤtten ſtehen an den Waͤnden in unglaublicher Menge herum, in jedem liegt
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ten alle Tage ausluͤften. In den Stubenboͤden weis
man nicht, wo man hintreten ſoll, ſo koſtbare Tapeten hat
man darin liegen.
An den Kanaͤlen ſah ich Wolle waſchen. Die
Schaaſwolle aus Nordholland iſt ſehr fett und ſchmu-
tzig. Man gibt einem Kerl des Tages 6. Centner Wol-
le in eine Schuyt, daran hat er den ganzen Tag zu wa-
ſchen. Dazu haben ſie Koͤrbe, thun unten die Wolle
darein, und fahren damit ins Waſſer. Das Waſſer im
Schiff wird davon ſehr ſchmutzig, gelb, und truͤbe. Die
Kerle ſtehen mit nackten Fuͤſſen im Waſſer; nachher wird
ſie auf groſſen Ebnen getrocknet, ſortirt, verarbeitet, und
ſtark nach Frankreich verfuͤhrt. Man hoͤrt uͤberall auf
den Straſſen das Geraͤuſch der Weberſtuͤhle.
Man macht hier viel Johannisbeerbrantwein.
Man ſchuͤttet Brantwein, Zucker und ſtarkriechende Kraͤu-
ter auf die Johannisbeeren, und laͤßts in Bouteillen an
der Sonne digeriren.
Den 6ten Auguſt.
Am fruͤhen Morgen ging ich auf einem herrlichen
Spaziergange zwiſchen dem hellſten Waſſer, nach dem
Peſthaus, das eine kleine halbe Stunde vor der
Stadt liegt, durch Graͤben, Bruͤcken, Waſſer und Wal-
dungen abgeſondert iſt, und gewis geſehen zu werden ver-
dient. Es iſt ein groſſes viereckigtes Gebaͤude, deſſen
unterer Theil in 8. Zimmer eingetheilt iſt, die ganz mit
Betten angefuͤllt ſind. Die Bettſtaͤtten ſtehen an den
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/549>, abgerufen am 21.11.2024.
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