Die Börse. Ein sehr schönes, viereckigtes, mit Arkaden versehenes, geräumiges Gebäude, das die Am- sterdamer übertrift. Um 1. Uhr war sie am stärksten besetzt. Von hier holte mich Hr. Dr. Bicker ab, und zeigte mir
Den Versammlungssaal der naturhistorischen Gesellschaft. Im Sessionszimmer steht an der Wand überm Kamin ein Frauenzimmer, das die Erfahrung vorstellt, und einen Magnet mit einem Eisen hält, zu ihrer Rechten sieht man Feuer auf einem Heerde, und zur linken eine Wage. Ich hätte gewünscht, daß unten eine herrliche Gruppe von Pflanzen, Thieren und Mineralien angebracht wäre. Philos. exper. dabit fructus -- oder so was steht oben. Das Staatszimmer liegt dar- neben. In der Mitte zwischen den Stühlen ist ein präch- tiger Sitz für den Prinzen von Oranien, der Protektor und selbst schon da gewesen ist. Im Archiv ist noch al- les in grosser Unordnung, und ein Kabinet hat man auch noch nicht angefangen zu sammeln. Etliche reiche Bür- ger haben zur Errichtung Geld hergeschossen etc. Die Zimmer sind alle linker Hand über der Börse.
Ich wolte von hier nach Gouda, die Pfeifenfabrik zu sehen. Zu Wasser konnte man nicht, zu Lande ist es 3. Stunden, und soll ein häslicher Weg seyn. Das al- lein schreckte mich nicht ab, aber das: Man arbeitete in dieser Woche nicht dort, weil Marktwoche da war. Daher wolt' ich noch diesen Nachmittag von Rotterdam nach dem Haag gehen, aber es regnete beständig, mein Kopf erlaubte es nicht, ich brauchte die Ruhe, blieb also noch da.
Bemer-
Die Boͤrſe. Ein ſehr ſchoͤnes, viereckigtes, mit Arkaden verſehenes, geraͤumiges Gebaͤude, das die Am- ſterdamer uͤbertrift. Um 1. Uhr war ſie am ſtaͤrkſten beſetzt. Von hier holte mich Hr. Dr. Bicker ab, und zeigte mir
Den Verſammlungsſaal der naturhiſtoriſchen Geſellſchaft. Im Seſſionszimmer ſteht an der Wand uͤberm Kamin ein Frauenzimmer, das die Erfahrung vorſtellt, und einen Magnet mit einem Eiſen haͤlt, zu ihrer Rechten ſieht man Feuer auf einem Heerde, und zur linken eine Wage. Ich haͤtte gewuͤnſcht, daß unten eine herrliche Gruppe von Pflanzen, Thieren und Mineralien angebracht waͤre. Philoſ. exper. dabit fructus — oder ſo was ſteht oben. Das Staatszimmer liegt dar- neben. In der Mitte zwiſchen den Stuͤhlen iſt ein praͤch- tiger Sitz fuͤr den Prinzen von Oranien, der Protektor und ſelbſt ſchon da geweſen iſt. Im Archiv iſt noch al- les in groſſer Unordnung, und ein Kabinet hat man auch noch nicht angefangen zu ſammeln. Etliche reiche Buͤr- ger haben zur Errichtung Geld hergeſchoſſen ꝛc. Die Zimmer ſind alle linker Hand uͤber der Boͤrſe.
Ich wolte von hier nach Gouda, die Pfeifenfabrik zu ſehen. Zu Waſſer konnte man nicht, zu Lande iſt es 3. Stunden, und ſoll ein haͤslicher Weg ſeyn. Das al- lein ſchreckte mich nicht ab, aber das: Man arbeitete in dieſer Woche nicht dort, weil Marktwoche da war. Daher wolt’ ich noch dieſen Nachmittag von Rotterdam nach dem Haag gehen, aber es regnete beſtaͤndig, mein Kopf erlaubte es nicht, ich brauchte die Ruhe, blieb alſo noch da.
Bemer-
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Die Boͤrſe. Ein ſehr ſchoͤnes, viereckigtes, mit
Arkaden verſehenes, geraͤumiges Gebaͤude, das die Am-
ſterdamer uͤbertrift. Um 1. Uhr war ſie am ſtaͤrkſten
beſetzt. Von hier holte mich Hr. Dr. Bicker ab, und
zeigte mir
Den Verſammlungsſaal der naturhiſtoriſchen
Geſellſchaft. Im Seſſionszimmer ſteht an der Wand
uͤberm Kamin ein Frauenzimmer, das die Erfahrung
vorſtellt, und einen Magnet mit einem Eiſen haͤlt, zu
ihrer Rechten ſieht man Feuer auf einem Heerde, und zur
linken eine Wage. Ich haͤtte gewuͤnſcht, daß unten eine
herrliche Gruppe von Pflanzen, Thieren und Mineralien
angebracht waͤre. Philoſ. exper. dabit fructus —
oder ſo was ſteht oben. Das Staatszimmer liegt dar-
neben. In der Mitte zwiſchen den Stuͤhlen iſt ein praͤch-
tiger Sitz fuͤr den Prinzen von Oranien, der Protektor
und ſelbſt ſchon da geweſen iſt. Im Archiv iſt noch al-
les in groſſer Unordnung, und ein Kabinet hat man auch
noch nicht angefangen zu ſammeln. Etliche reiche Buͤr-
ger haben zur Errichtung Geld hergeſchoſſen ꝛc. Die
Zimmer ſind alle linker Hand uͤber der Boͤrſe.
Ich wolte von hier nach Gouda, die Pfeifenfabrik
zu ſehen. Zu Waſſer konnte man nicht, zu Lande iſt es
3. Stunden, und ſoll ein haͤslicher Weg ſeyn. Das al-
lein ſchreckte mich nicht ab, aber das: Man arbeitete
in dieſer Woche nicht dort, weil Marktwoche da war.
Daher wolt’ ich noch dieſen Nachmittag von Rotterdam
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 477. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/501>, abgerufen am 22.11.2024.
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