Schmerzen und lebte wieder auf. So gros ist die Liebe dieses Mannes noch im traurigen Alter für die Naturge- schichte. Er ward zuletzt recht munter, stand auf, und dankte mir herzlich, daß ich ihn besucht hätte. "Es sei "ein Werk der christlichen Liebe," sagt' er etc. Ach Gott, dacht' ich, im Weggehen, was ist der Mensch am Ende eines geschäftigen Lebens! Doch die Liebe zur Naturge- schichte stirbt nie in der Seele. Sie jagt den Jüngling durch die Welt und erfrischt den Greis auf dem Schmer- zensbette! -- -- Ich sah auch bei ihm eine von den kleinen niedlichen Tobakspfeifen, davon nur 5. in der Welt sind, und davon der Prinz von Oranien eine be- sitzt etc. Myn Heer Danens, der wirklich die gröste und schönste Tabakspfeiffenfabrike in Gouda besitzt, hat sie gemacht.
Der Engelländer und ich gingen hierauf spatzieren, besahen die Spaziergänge der Stadt, die Maschinen, grosse Moräste auszutrocknen, und die Windmühlen, worauf die Holländer das Holz, das sie in der ganzen Welt aufkaufen, ohne Kosten und ohne viele Menschen in Breter schneiden: ferner das Pesthaus, oder ein La- zareth, eine halbe Stunde vor der Stadt, das auf einer Insel steht und durch Kanäle vom andern Lande abge- schnitten ist. Ein Engelländer, der vor einigen Jah- ren, weil man in London statt des Gefängnisses von Newgate ein neues bauen wollte, blos deswegen her- umreiste, um allerlei Einrichtungen dieser Art zu se- hen, fand sonst nirgends in der Welt so eine beque- me Lage *) als hier. Aber die Einrichtung ist, wie die
Aerzte
*) Dies war Howard, der um die Gefängnisse, Zucht- und Arbeitshäuser und dergleichen in Frankreich,
Holland,
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Schmerzen und lebte wieder auf. So gros iſt die Liebe dieſes Mannes noch im traurigen Alter fuͤr die Naturge- ſchichte. Er ward zuletzt recht munter, ſtand auf, und dankte mir herzlich, daß ich ihn beſucht haͤtte. „Es ſei „ein Werk der chriſtlichen Liebe,“ ſagt’ er ꝛc. Ach Gott, dacht’ ich, im Weggehen, was iſt der Menſch am Ende eines geſchaͤftigen Lebens! Doch die Liebe zur Naturge- ſchichte ſtirbt nie in der Seele. Sie jagt den Juͤngling durch die Welt und erfriſcht den Greis auf dem Schmer- zensbette! — — Ich ſah auch bei ihm eine von den kleinen niedlichen Tobakspfeifen, davon nur 5. in der Welt ſind, und davon der Prinz von Oranien eine be- ſitzt ꝛc. Myn Heer Danens, der wirklich die groͤſte und ſchoͤnſte Tabakspfeiffenfabrike in Gouda beſitzt, hat ſie gemacht.
Der Engellaͤnder und ich gingen hierauf ſpatzieren, beſahen die Spaziergaͤnge der Stadt, die Maſchinen, groſſe Moraͤſte auszutrocknen, und die Windmuͤhlen, worauf die Hollaͤnder das Holz, das ſie in der ganzen Welt aufkaufen, ohne Koſten und ohne viele Menſchen in Breter ſchneiden: ferner das Peſthaus, oder ein La- zareth, eine halbe Stunde vor der Stadt, das auf einer Inſel ſteht und durch Kanaͤle vom andern Lande abge- ſchnitten iſt. Ein Engellaͤnder, der vor einigen Jah- ren, weil man in London ſtatt des Gefaͤngniſſes von Newgate ein neues bauen wollte, blos deswegen her- umreiſte, um allerlei Einrichtungen dieſer Art zu ſe- hen, fand ſonſt nirgends in der Welt ſo eine beque- me Lage *) als hier. Aber die Einrichtung iſt, wie die
Aerzte
*) Dies war Howard, der um die Gefaͤngniſſe, Zucht- und Arbeitshaͤuſer und dergleichen in Frankreich,
Holland,
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Schmerzen und lebte wieder auf. So gros iſt die Liebe
dieſes Mannes noch im traurigen Alter fuͤr die Naturge-
ſchichte. Er ward zuletzt recht munter, ſtand auf, und
dankte mir herzlich, daß ich ihn beſucht haͤtte. „Es ſei
„ein Werk der chriſtlichen Liebe,“ ſagt’ er ꝛc. Ach Gott,
dacht’ ich, im Weggehen, was iſt der Menſch am Ende
eines geſchaͤftigen Lebens! Doch die Liebe zur Naturge-
ſchichte ſtirbt nie in der Seele. Sie jagt den Juͤngling
durch die Welt und erfriſcht den Greis auf dem Schmer-
zensbette! — — Ich ſah auch bei ihm eine von den
kleinen niedlichen Tobakspfeifen, davon nur 5. in der
Welt ſind, und davon der Prinz von Oranien eine be-
ſitzt ꝛc. Myn Heer Danens, der wirklich die groͤſte
und ſchoͤnſte Tabakspfeiffenfabrike in Gouda beſitzt, hat
ſie gemacht.
Der Engellaͤnder und ich gingen hierauf ſpatzieren,
beſahen die Spaziergaͤnge der Stadt, die Maſchinen,
groſſe Moraͤſte auszutrocknen, und die Windmuͤhlen,
worauf die Hollaͤnder das Holz, das ſie in der ganzen
Welt aufkaufen, ohne Koſten und ohne viele Menſchen
in Breter ſchneiden: ferner das Peſthaus, oder ein La-
zareth, eine halbe Stunde vor der Stadt, das auf einer
Inſel ſteht und durch Kanaͤle vom andern Lande abge-
ſchnitten iſt. Ein Engellaͤnder, der vor einigen Jah-
ren, weil man in London ſtatt des Gefaͤngniſſes von
Newgate ein neues bauen wollte, blos deswegen her-
umreiſte, um allerlei Einrichtungen dieſer Art zu ſe-
hen, fand ſonſt nirgends in der Welt ſo eine beque-
me Lage *) als hier. Aber die Einrichtung iſt, wie die
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*) Dies war Howard, der um die Gefaͤngniſſe, Zucht-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/495>, abgerufen am 22.11.2024.
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