sig von diesem rothen Wein hat keine Kraft. Aus der weissen Erde baut man auch alle Mauren und Häuser, und brennt Backsteine daraus, so daß alle Dörfer und Städte weißgrau aussehen. Der Fluß, die Marne, ist in Chalons am beträchtlichsten; sie hat ein schmutziges Wasser, man muß oft über sie fahren, sie theilt sich in etliche Arme, und ergießt sich bei Paris in die Seine.
In den Wirthshäusern wird meistens auf lauter Porzellän gespeißt, das an vielen Orten in Frankreich und zum Theil recht schön gemacht wird. Das meiste aber ist doch plump und hat keine schöne Weisse. Den Wirth sieht man selten. Die Wirthin besorgt alles, und die Filles warten auf. Ueberall ist das Akkordiren nicht üblich. Zu Nachts muß man, ehe man zu Bett geht, bezahlen. Man hat meist Zimmer mit 4. bis 5. Betten. Die Decken sind leicht, und dünn. Die Wülste statt des Kopfküssens, fallen dem Deutschen im Anfang sehr beschwerlich. Alle Wände sind tapezirt, oder nach Ta- petenart beschmiert. Die Franzosen feuern noch im Mai in ihren Kaminen, sitzen davor, machen eine wich- tige Sache daraus, das Feuer recht zu schüren, sonder- lich ist das die Sache des Chapeau, wenn Damen da- bei sind. Sie halten den Fuß mit Schuh und Strüm- pfen in die Flamme. Ueberall findet man gute Lichter, aber selten gutes Wasser. Das Essen wird fast alles auf einmahl aufgesetzt, und wird fast allemahl kalt. Die Postillions haben keine eigne Kleidung und tragen auch kein Posthorn. Sie gehen aber unbarmherzig mit den Pferden um. Trinkgeld ist man ihnen auf der Sta- tion nicht schuldig, man zahlt es schon mit dem Postgelde, es wird ihnen von Zeit zu Zeit ausbezahlt, aber freilich vom Bureau sehr spät, daher betteln sie doch.
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ſig von dieſem rothen Wein hat keine Kraft. Aus der weiſſen Erde baut man auch alle Mauren und Haͤuſer, und brennt Backſteine daraus, ſo daß alle Doͤrfer und Staͤdte weißgrau ausſehen. Der Fluß, die Marne, iſt in Chalons am betraͤchtlichſten; ſie hat ein ſchmutziges Waſſer, man muß oft uͤber ſie fahren, ſie theilt ſich in etliche Arme, und ergießt ſich bei Paris in die Seine.
In den Wirthshaͤuſern wird meiſtens auf lauter Porzellaͤn geſpeißt, das an vielen Orten in Frankreich und zum Theil recht ſchoͤn gemacht wird. Das meiſte aber iſt doch plump und hat keine ſchoͤne Weiſſe. Den Wirth ſieht man ſelten. Die Wirthin beſorgt alles, und die Filles warten auf. Ueberall iſt das Akkordiren nicht uͤblich. Zu Nachts muß man, ehe man zu Bett geht, bezahlen. Man hat meiſt Zimmer mit 4. bis 5. Betten. Die Decken ſind leicht, und duͤnn. Die Wuͤlſte ſtatt des Kopfkuͤſſens, fallen dem Deutſchen im Anfang ſehr beſchwerlich. Alle Waͤnde ſind tapezirt, oder nach Ta- petenart beſchmiert. Die Franzoſen feuern noch im Mai in ihren Kaminen, ſitzen davor, machen eine wich- tige Sache daraus, das Feuer recht zu ſchuͤren, ſonder- lich iſt das die Sache des Chapeau, wenn Damen da- bei ſind. Sie halten den Fuß mit Schuh und Struͤm- pfen in die Flamme. Ueberall findet man gute Lichter, aber ſelten gutes Waſſer. Das Eſſen wird faſt alles auf einmahl aufgeſetzt, und wird faſt allemahl kalt. Die Poſtillions haben keine eigne Kleidung und tragen auch kein Poſthorn. Sie gehen aber unbarmherzig mit den Pferden um. Trinkgeld iſt man ihnen auf der Sta- tion nicht ſchuldig, man zahlt es ſchon mit dem Poſtgelde, es wird ihnen von Zeit zu Zeit ausbezahlt, aber freilich vom Bureau ſehr ſpaͤt, daher betteln ſie doch.
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ſig von dieſem rothen Wein hat keine Kraft. Aus der
weiſſen Erde baut man auch alle Mauren und Haͤuſer, und
brennt Backſteine daraus, ſo daß alle Doͤrfer und Staͤdte
weißgrau ausſehen. Der Fluß, die Marne, iſt in
Chalons am betraͤchtlichſten; ſie hat ein ſchmutziges
Waſſer, man muß oft uͤber ſie fahren, ſie theilt ſich in
etliche Arme, und ergießt ſich bei Paris in die Seine.
In den Wirthshaͤuſern wird meiſtens auf lauter
Porzellaͤn geſpeißt, das an vielen Orten in Frankreich
und zum Theil recht ſchoͤn gemacht wird. Das meiſte
aber iſt doch plump und hat keine ſchoͤne Weiſſe. Den
Wirth ſieht man ſelten. Die Wirthin beſorgt alles, und
die Filles warten auf. Ueberall iſt das Akkordiren nicht
uͤblich. Zu Nachts muß man, ehe man zu Bett geht,
bezahlen. Man hat meiſt Zimmer mit 4. bis 5. Betten.
Die Decken ſind leicht, und duͤnn. Die Wuͤlſte ſtatt
des Kopfkuͤſſens, fallen dem Deutſchen im Anfang ſehr
beſchwerlich. Alle Waͤnde ſind tapezirt, oder nach Ta-
petenart beſchmiert. Die Franzoſen feuern noch im
Mai in ihren Kaminen, ſitzen davor, machen eine wich-
tige Sache daraus, das Feuer recht zu ſchuͤren, ſonder-
lich iſt das die Sache des Chapeau, wenn Damen da-
bei ſind. Sie halten den Fuß mit Schuh und Struͤm-
pfen in die Flamme. Ueberall findet man gute Lichter,
aber ſelten gutes Waſſer. Das Eſſen wird faſt alles
auf einmahl aufgeſetzt, und wird faſt allemahl kalt.
Die Poſtillions haben keine eigne Kleidung und tragen
auch kein Poſthorn. Sie gehen aber unbarmherzig mit
den Pferden um. Trinkgeld iſt man ihnen auf der Sta-
tion nicht ſchuldig, man zahlt es ſchon mit dem Poſtgelde,
es wird ihnen von Zeit zu Zeit ausbezahlt, aber freilich
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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