nen Augen, die hängenden Hände, die durchwühlten Füs- se, das wimmernde Gesicht des todten Erlösers, und die zärtliche Sorgfalt seiner beherzten Freunde, das Eilen der Männer, das Heben, das Tragen, das Unterstützen der Weiber, denen die Thränen aufm Gesicht hängen, die Mühe die sich jede gibt, -- mehr, als der beste Be- obachter sagen kan, dies alles druckt dies Gemälde aus. -- Die Gemälde gefielen oft noch weit mehr, wenn kei- ne Sticheleien auf die Ketzer, keine Dummheiten und Unrichtigkeiten in die Augen fielen. Von jenen findet sich in der Descr. des princ. Peint. N. 36. ein Bei- spiel; Adam und Eva haben Nabel; in der Anbetung der Weisen erblickt man Könige mit Kronen und im Purpur etc.
Die Walpurgiskirche. Die Einsetzung des heil. Abendmahls von de Vos, und Rubens Ge- mälde am Hochaltar, die Kreuzigung und Auferste- hung etc. vorstellend, sind hier das Beste. Die letztern Stücke sind so wie die schönsten in allen Kirchen, ver- schlossen, damit sie besser erhalten werden; zugleich aber ists ein Mittel, den Fremden Geld abzulocken, und man hat oft Gelegenheit, die Grobheit dieser Leute kennen zu lernen. Sie sind im Stande eine Krone zu fordern, wenn sie die Gallerie zu einem Hochaltar aufmachen, und einen Umhang aufrollen, wiewohl mir nichts Unan- genehmes wiederfahren ist. Einer in der Kathedralkir- che, der mir die Chapelle de la Mort, die ich offen fand, zuschlos, wollte nachher mit Ungestüm, la profi- te, wie er sagte, la profite, Monsieur, haben. Er meldete sich um 11. Uhr, als ich wegen der Abneh- mung etc. wiederkam, noch einmahl, bekam aber nichts, und die andern lachten ihn aus.
Die
nen Augen, die haͤngenden Haͤnde, die durchwuͤhlten Fuͤſ- ſe, das wimmernde Geſicht des todten Erloͤſers, und die zaͤrtliche Sorgfalt ſeiner beherzten Freunde, das Eilen der Maͤnner, das Heben, das Tragen, das Unterſtuͤtzen der Weiber, denen die Thraͤnen aufm Geſicht haͤngen, die Muͤhe die ſich jede gibt, — mehr, als der beſte Be- obachter ſagen kan, dies alles druckt dies Gemaͤlde aus. — Die Gemaͤlde gefielen oft noch weit mehr, wenn kei- ne Sticheleien auf die Ketzer, keine Dummheiten und Unrichtigkeiten in die Augen fielen. Von jenen findet ſich in der Deſcr. des princ. Peint. N. 36. ein Bei- ſpiel; Adam und Eva haben Nabel; in der Anbetung der Weiſen erblickt man Koͤnige mit Kronen und im Purpur ꝛc.
Die Walpurgiskirche. Die Einſetzung des heil. Abendmahls von de Vos, und Rubens Ge- maͤlde am Hochaltar, die Kreuzigung und Auferſte- hung ꝛc. vorſtellend, ſind hier das Beſte. Die letztern Stuͤcke ſind ſo wie die ſchoͤnſten in allen Kirchen, ver- ſchloſſen, damit ſie beſſer erhalten werden; zugleich aber iſts ein Mittel, den Fremden Geld abzulocken, und man hat oft Gelegenheit, die Grobheit dieſer Leute kennen zu lernen. Sie ſind im Stande eine Krone zu fordern, wenn ſie die Gallerie zu einem Hochaltar aufmachen, und einen Umhang aufrollen, wiewohl mir nichts Unan- genehmes wiederfahren iſt. Einer in der Kathedralkir- che, der mir die Chapelle de la Mort, die ich offen fand, zuſchlos, wollte nachher mit Ungeſtuͤm, la profi- te, wie er ſagte, la profite, Monſieur, haben. Er meldete ſich um 11. Uhr, als ich wegen der Abneh- mung ꝛc. wiederkam, noch einmahl, bekam aber nichts, und die andern lachten ihn aus.
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nen Augen, die haͤngenden Haͤnde, die durchwuͤhlten Fuͤſ-
ſe, das wimmernde Geſicht des todten Erloͤſers, und die
zaͤrtliche Sorgfalt ſeiner beherzten Freunde, das Eilen
der Maͤnner, das Heben, das Tragen, das Unterſtuͤtzen
der Weiber, denen die Thraͤnen aufm Geſicht haͤngen,
die Muͤhe die ſich jede gibt, — mehr, als der beſte Be-
obachter ſagen kan, dies alles druckt dies Gemaͤlde aus.
— Die Gemaͤlde gefielen oft noch weit mehr, wenn kei-
ne Sticheleien auf die Ketzer, keine Dummheiten und
Unrichtigkeiten in die Augen fielen. Von jenen findet
ſich in der Deſcr. des princ. Peint. N. 36. ein Bei-
ſpiel; Adam und Eva haben Nabel; in der Anbetung
der Weiſen erblickt man Koͤnige mit Kronen und im
Purpur ꝛc.
Die Walpurgiskirche. Die Einſetzung des
heil. Abendmahls von de Vos, und Rubens Ge-
maͤlde am Hochaltar, die Kreuzigung und Auferſte-
hung ꝛc. vorſtellend, ſind hier das Beſte. Die letztern
Stuͤcke ſind ſo wie die ſchoͤnſten in allen Kirchen, ver-
ſchloſſen, damit ſie beſſer erhalten werden; zugleich aber
iſts ein Mittel, den Fremden Geld abzulocken, und man
hat oft Gelegenheit, die Grobheit dieſer Leute kennen zu
lernen. Sie ſind im Stande eine Krone zu fordern,
wenn ſie die Gallerie zu einem Hochaltar aufmachen,
und einen Umhang aufrollen, wiewohl mir nichts Unan-
genehmes wiederfahren iſt. Einer in der Kathedralkir-
che, der mir die Chapelle de la Mort, die ich offen
fand, zuſchlos, wollte nachher mit Ungeſtuͤm, la profi-
te, wie er ſagte, la profite, Monſieur, haben.
Er meldete ſich um 11. Uhr, als ich wegen der Abneh-
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und die andern lachten ihn aus.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/478>, abgerufen am 22.11.2024.
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