austheilt, verschaft ihnen auch die Lichter. Es sind dünne Talchlichter mit groben Tochten. Ein Mineur bekömmt deren des Tages 3, ein Traineur 2. Man verbraucht jährlich 15000. Pfund, das Pfund kömmt ih- nen 8. Sous zu stehen. Der Lichtstock ist von Holz und zugespitzt, damit sie ihn ins Holz, oder durch die Schlei- fe am Hut stecken können. Holz braucht man hier alle Jahr ebenfalls 15000. Quarres, das Quarre hat 25. Combes oder Stücke. -- Alle diese Stücke bringt man durch die leeren Kübel in die Grube hinab, unten stellt und legt man sie über einander wie Holzschragen, und von denen kommt kein einziges wieder ans Tageslicht. Ich sah auch die Löcher zum Schiespulver in dem Hängenden und Liegenden. Sie sind nicht über Fin- gerslänge tief. Auf den Fahrten ist gar keine Gefahr. Die Fahrt-Sprossen werden alle 14. Tage, von ei- gen dazu bestellten Leuten visitirt, weil's der gewöhnliche Weg für alle Arbeiter ist. -- Es arbeiten Knaben und Mädchen in Hosen von 10. -- 12. Jahren da, und fah- ren alle des Tags auf und nieder, so oft man will. Vor Kurzen ward ein dicker Mann beim Ausfahren ohnmäch- tig, er kam aber durch Wasser wieder zu sich. Man hat beim Ausfahren mehr Mühe als beim Einfahren, kan aber überall ausruhen, und welch eine Freude, wenn man die Sonne, das Tageslicht wieder sieht! Die Leute wissen aus langer Gewohnheit die Zeit in dieser Tiefe ganz genau. Es rieth einer, daß es jetzt halb 10. Uhr wäre, ich suchte unter den Ueberhosen meine Uhr, und es war halbzehn. Er war schon um 4. Uhr des Mor- gens eingefahren.
Nachmittag ward die Abreise besorgt, auch hatt' ich der Ruhe auf das Steigen und Kriechen höchst nöthig.
Reise
D d 4
austheilt, verſchaft ihnen auch die Lichter. Es ſind duͤnne Talchlichter mit groben Tochten. Ein Mineur bekoͤmmt deren des Tages 3, ein Traineur 2. Man verbraucht jaͤhrlich 15000. Pfund, das Pfund koͤmmt ih- nen 8. Sous zu ſtehen. Der Lichtſtock iſt von Holz und zugeſpitzt, damit ſie ihn ins Holz, oder durch die Schlei- fe am Hut ſtecken koͤnnen. Holz braucht man hier alle Jahr ebenfalls 15000. Quarrés, das Quarré hat 25. Combes oder Stuͤcke. — Alle dieſe Stuͤcke bringt man durch die leeren Kuͤbel in die Grube hinab, unten ſtellt und legt man ſie uͤber einander wie Holzſchragen, und von denen kommt kein einziges wieder ans Tageslicht. Ich ſah auch die Loͤcher zum Schiespulver in dem Haͤngenden und Liegenden. Sie ſind nicht uͤber Fin- gerslaͤnge tief. Auf den Fahrten iſt gar keine Gefahr. Die Fahrt-Sproſſen werden alle 14. Tage, von ei- gen dazu beſtellten Leuten viſitirt, weil’s der gewoͤhnliche Weg fuͤr alle Arbeiter iſt. — Es arbeiten Knaben und Maͤdchen in Hoſen von 10. — 12. Jahren da, und fah- ren alle des Tags auf und nieder, ſo oft man will. Vor Kurzen ward ein dicker Mann beim Ausfahren ohnmaͤch- tig, er kam aber durch Waſſer wieder zu ſich. Man hat beim Ausfahren mehr Muͤhe als beim Einfahren, kan aber uͤberall ausruhen, und welch eine Freude, wenn man die Sonne, das Tageslicht wieder ſieht! Die Leute wiſſen aus langer Gewohnheit die Zeit in dieſer Tiefe ganz genau. Es rieth einer, daß es jetzt halb 10. Uhr waͤre, ich ſuchte unter den Ueberhoſen meine Uhr, und es war halbzehn. Er war ſchon um 4. Uhr des Mor- gens eingefahren.
Nachmittag ward die Abreiſe beſorgt, auch hatt’ ich der Ruhe auf das Steigen und Kriechen hoͤchſt noͤthig.
Reiſe
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austheilt, verſchaft ihnen auch die Lichter. Es ſind
duͤnne Talchlichter mit groben Tochten. Ein Mineur
bekoͤmmt deren des Tages 3, ein Traineur 2. Man
verbraucht jaͤhrlich 15000. Pfund, das Pfund koͤmmt ih-
nen 8. Sous zu ſtehen. Der Lichtſtock iſt von Holz und
zugeſpitzt, damit ſie ihn ins Holz, oder durch die Schlei-
fe am Hut ſtecken koͤnnen. Holz braucht man hier alle
Jahr ebenfalls 15000. Quarrés, das Quarré hat 25.
Combes oder Stuͤcke. — Alle dieſe Stuͤcke bringt
man durch die leeren Kuͤbel in die Grube hinab, unten
ſtellt und legt man ſie uͤber einander wie Holzſchragen, und
von denen kommt kein einziges wieder ans Tageslicht.
Ich ſah auch die Loͤcher zum Schiespulver in dem
Haͤngenden und Liegenden. Sie ſind nicht uͤber Fin-
gerslaͤnge tief. Auf den Fahrten iſt gar keine Gefahr.
Die Fahrt-Sproſſen werden alle 14. Tage, von ei-
gen dazu beſtellten Leuten viſitirt, weil’s der gewoͤhnliche
Weg fuͤr alle Arbeiter iſt. — Es arbeiten Knaben und
Maͤdchen in Hoſen von 10. — 12. Jahren da, und fah-
ren alle des Tags auf und nieder, ſo oft man will. Vor
Kurzen ward ein dicker Mann beim Ausfahren ohnmaͤch-
tig, er kam aber durch Waſſer wieder zu ſich. Man
hat beim Ausfahren mehr Muͤhe als beim Einfahren,
kan aber uͤberall ausruhen, und welch eine Freude, wenn
man die Sonne, das Tageslicht wieder ſieht! Die Leute
wiſſen aus langer Gewohnheit die Zeit in dieſer Tiefe
ganz genau. Es rieth einer, daß es jetzt halb 10. Uhr
waͤre, ich ſuchte unter den Ueberhoſen meine Uhr, und
es war halbzehn. Er war ſchon um 4. Uhr des Mor-
gens eingefahren.
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der Ruhe auf das Steigen und Kriechen hoͤchſt noͤthig.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/447>, abgerufen am 22.11.2024.
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