panier (im Korbe) einführe. Boisseau widerrieth mirs aber, weil die Seile am Korbe schlecht wären; bequemer wär's freilich gewesen, aber weil bei solchen Expeditionen man auf die Bequemlichkeit Verzicht thun muß, so wähl- te ich den andern Weg, par les Echelles (auf den Fahr- ten) und so fuhr ich zwischen ihm und noch einem Mi- neur, der den Arbeitern die bleierne Zeichen fürs Bu- reau austheilt, in Zeit von einer starken Viertelstunde 660. Schuh, oder 110. Toisen, (6. Schuh auf die Toise gerechnet) in die Teufe. Man gab mir graue Ueberho- sen, ein graues Westchen, daß vorne durch einen Nestel zugemacht wurde, eine Mütze, und einen Schlapphut; -- so komisch hab ich in meinem Leben nicht ausgesehen. Meine Kleider wurden indessen oben in einem Kuffer verschlossen. Die beiden Führer nahmen ihre Lichter auf den Hut, der hintre muste noch 3. zum Vorrathe mitneh- men, und so fingen wir an einzufahren, um halb 9. Uhr. Die ersten 40. Toisen ging der Weg gerade ne- ben der Wasserpumpe hinab; da war's nicht anders, als wär' ein künstliches Donnerwetter um mich herum. Das beständig herabsallende Wasser macht naß, wie der Re- gen, und die Schläge der Maschine sind in dem hohen engen Schachte so heftig, wie der Donner am Himmel. Von da gehen die unterirdischen Gange an, die man in die Steinkohlenminen getrieben, und jetzt mit Holz aus- gezimmert hat. Die Mine streicht immer von Morgen gegen Abend, oder je nachdem man sich stellt, von Abend gegen Morgen, und enfoncirt sich gegen Mittag. Die Ader von diesem Gange ist 3. Schuh, oder nach dem Decimalmaas 30. Zoll breit oder mächtig, es gibt andre, die nur 25. 20. Zoll mächtig sind. Jede Ader wird in
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panier (im Korbe) einfuͤhre. Boiſſeau widerrieth mirs aber, weil die Seile am Korbe ſchlecht waͤren; bequemer waͤr’s freilich geweſen, aber weil bei ſolchen Expeditionen man auf die Bequemlichkeit Verzicht thun muß, ſo waͤhl- te ich den andern Weg, par les Echelles (auf den Fahr- ten) und ſo fuhr ich zwiſchen ihm und noch einem Mi- neur, der den Arbeitern die bleierne Zeichen fuͤrs Bu- reau austheilt, in Zeit von einer ſtarken Viertelſtunde 660. Schuh, oder 110. Toiſen, (6. Schuh auf die Toiſe gerechnet) in die Teufe. Man gab mir graue Ueberho- ſen, ein graues Weſtchen, daß vorne durch einen Neſtel zugemacht wurde, eine Muͤtze, und einen Schlapphut; — ſo komiſch hab ich in meinem Leben nicht ausgeſehen. Meine Kleider wurden indeſſen oben in einem Kuffer verſchloſſen. Die beiden Fuͤhrer nahmen ihre Lichter auf den Hut, der hintre muſte noch 3. zum Vorrathe mitneh- men, und ſo fingen wir an einzufahren, um halb 9. Uhr. Die erſten 40. Toiſen ging der Weg gerade ne- ben der Waſſerpumpe hinab; da war’s nicht anders, als waͤr’ ein kuͤnſtliches Donnerwetter um mich herum. Das beſtaͤndig herabſallende Waſſer macht naß, wie der Re- gen, und die Schlaͤge der Maſchine ſind in dem hohen engen Schachte ſo heftig, wie der Donner am Himmel. Von da gehen die unterirdiſchen Gange an, die man in die Steinkohlenminen getrieben, und jetzt mit Holz aus- gezimmert hat. Die Mine ſtreicht immer von Morgen gegen Abend, oder je nachdem man ſich ſtellt, von Abend gegen Morgen, und enfoncirt ſich gegen Mittag. Die Ader von dieſem Gange iſt 3. Schuh, oder nach dem Decimalmaas 30. Zoll breit oder maͤchtig, es gibt andre, die nur 25. 20. Zoll maͤchtig ſind. Jede Ader wird in
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panier (im Korbe) einfuͤhre. Boiſſeau widerrieth mirs
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waͤr’s freilich geweſen, aber weil bei ſolchen Expeditionen
man auf die Bequemlichkeit Verzicht thun muß, ſo waͤhl-
te ich den andern Weg, par les Echelles (auf den Fahr-
ten) und ſo fuhr ich zwiſchen ihm und noch einem Mi-
neur, der den Arbeitern die bleierne Zeichen fuͤrs Bu-
reau austheilt, in Zeit von einer ſtarken Viertelſtunde
660. Schuh, oder 110. Toiſen, (6. Schuh auf die Toiſe
gerechnet) in die Teufe. Man gab mir graue Ueberho-
ſen, ein graues Weſtchen, daß vorne durch einen Neſtel
zugemacht wurde, eine Muͤtze, und einen Schlapphut;
— ſo komiſch hab ich in meinem Leben nicht ausgeſehen.
Meine Kleider wurden indeſſen oben in einem Kuffer
verſchloſſen. Die beiden Fuͤhrer nahmen ihre Lichter auf
den Hut, der hintre muſte noch 3. zum Vorrathe mitneh-
men, und ſo fingen wir an einzufahren, um halb 9.
Uhr. Die erſten 40. Toiſen ging der Weg gerade ne-
ben der Waſſerpumpe hinab; da war’s nicht anders, als
waͤr’ ein kuͤnſtliches Donnerwetter um mich herum. Das
beſtaͤndig herabſallende Waſſer macht naß, wie der Re-
gen, und die Schlaͤge der Maſchine ſind in dem hohen
engen Schachte ſo heftig, wie der Donner am Himmel.
Von da gehen die unterirdiſchen Gange an, die man in
die Steinkohlenminen getrieben, und jetzt mit Holz aus-
gezimmert hat. Die Mine ſtreicht immer von Morgen
gegen Abend, oder je nachdem man ſich ſtellt, von Abend
gegen Morgen, und enfoncirt ſich gegen Mittag. Die
Ader von dieſem Gange iſt 3. Schuh, oder nach dem
Decimalmaas 30. Zoll breit oder maͤchtig, es gibt andre,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/443>, abgerufen am 22.11.2024.
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