Unten ist ein Ofen, der beständig mit Steinkohlen geheizt wird. Der Kerl lies mich hinein sehen. Es war ein erschreckliches Feuer. Die Hitze spürt man wohl, aber keinen Gestank. Entweder vertreibts der Wind gleich, oder ich war schon daran gewöhnt.
Ueber dem Ofen ist ein Kessel mit Wasser einge- mauert, der nicht hoch ist, aber eine grosse weite Peri- pherie, und darunter einen sehr breiten Herd hat.
Die Luft oder die Dünste, die von dem kochenden Wasser aufsteigen, sind es eigentlich, die da machen, daß das Wasser in den Pumpen in die Höhe steigt. Denn alle diese Dünste steigen in einen weiten Cylinder, der über dem Kessel hängt. -- Dazu sind ringsherum am Kessel mehrere kleine Gänge angebracht. Der Mann, der mir die Sachen wies, wollte mich die Menge und die Gewalt der Dünste, die von dem kochenden Wasser be- ständig aufsteigen, sehen lassen, öfnete daher eine von die- sen kleinen Röhren. Hätte er mir nicht vorhergesagt: Monsieur, n'ayez pas peur, so hätt' ich geglaubt, ich müste hier in meinem naturhistorischen Beruf ersti- cken. Es fuhr eine solche ungeheure Menge Dünste mit einer so ungeheuren Heftigkeit heraus, daß ich erstaunen mußte. -- Da kan man sehen, wie viel Luft im Was- ser steckt, und wie wenig sie sich pressen läßt, wie er- schrecklich sie verdünnt werden kan, wie gern sie sich in ei- nen weiten Raum ausdehnt.
Doch im Cylinder wird diese Menge und Gewalt der Dünste gleich gedämpft. Denn durch einen Hammer, der immer steigt und fällt, und durch eine eiserne Stan- ge, die bald vorwärts geht, bald zurückstöst, fließt be-
ständig
Unten iſt ein Ofen, der beſtaͤndig mit Steinkohlen geheizt wird. Der Kerl lies mich hinein ſehen. Es war ein erſchreckliches Feuer. Die Hitze ſpuͤrt man wohl, aber keinen Geſtank. Entweder vertreibts der Wind gleich, oder ich war ſchon daran gewoͤhnt.
Ueber dem Ofen iſt ein Keſſel mit Waſſer einge- mauert, der nicht hoch iſt, aber eine groſſe weite Peri- pherie, und darunter einen ſehr breiten Herd hat.
Die Luft oder die Duͤnſte, die von dem kochenden Waſſer aufſteigen, ſind es eigentlich, die da machen, daß das Waſſer in den Pumpen in die Hoͤhe ſteigt. Denn alle dieſe Duͤnſte ſteigen in einen weiten Cylinder, der uͤber dem Keſſel haͤngt. — Dazu ſind ringsherum am Keſſel mehrere kleine Gaͤnge angebracht. Der Mann, der mir die Sachen wies, wollte mich die Menge und die Gewalt der Duͤnſte, die von dem kochenden Waſſer be- ſtaͤndig aufſteigen, ſehen laſſen, oͤfnete daher eine von die- ſen kleinen Roͤhren. Haͤtte er mir nicht vorhergeſagt: Monſieur, n’ayez pas peur, ſo haͤtt’ ich geglaubt, ich muͤſte hier in meinem naturhiſtoriſchen Beruf erſti- cken. Es fuhr eine ſolche ungeheure Menge Duͤnſte mit einer ſo ungeheuren Heftigkeit heraus, daß ich erſtaunen mußte. — Da kan man ſehen, wie viel Luft im Waſ- ſer ſteckt, und wie wenig ſie ſich preſſen laͤßt, wie er- ſchrecklich ſie verduͤnnt werden kan, wie gern ſie ſich in ei- nen weiten Raum ausdehnt.
Doch im Cylinder wird dieſe Menge und Gewalt der Duͤnſte gleich gedaͤmpft. Denn durch einen Hammer, der immer ſteigt und faͤllt, und durch eine eiſerne Stan- ge, die bald vorwaͤrts geht, bald zuruͤckſtoͤſt, fließt be-
ſtaͤndig
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0419"n="395"/><p>Unten iſt ein <hirendition="#fr">Ofen,</hi> der beſtaͤndig mit Steinkohlen<lb/>
geheizt wird. Der Kerl lies mich hinein ſehen. Es<lb/>
war ein erſchreckliches Feuer. Die Hitze ſpuͤrt man<lb/>
wohl, aber keinen Geſtank. Entweder vertreibts der<lb/>
Wind gleich, oder ich war ſchon daran gewoͤhnt.</p><lb/><p>Ueber dem Ofen iſt ein <hirendition="#fr">Keſſel</hi> mit Waſſer einge-<lb/>
mauert, der nicht hoch iſt, aber eine groſſe weite Peri-<lb/>
pherie, und darunter einen ſehr breiten Herd hat.</p><lb/><p>Die <hirendition="#fr">Luft</hi> oder die <hirendition="#fr">Duͤnſte,</hi> die von dem kochenden<lb/>
Waſſer aufſteigen, ſind es eigentlich, die da machen, daß<lb/>
das Waſſer in den Pumpen in die Hoͤhe ſteigt. Denn<lb/>
alle dieſe Duͤnſte ſteigen in einen weiten Cylinder, der<lb/>
uͤber dem Keſſel haͤngt. — Dazu ſind ringsherum am<lb/>
Keſſel mehrere <hirendition="#fr">kleine Gaͤnge</hi> angebracht. Der Mann,<lb/>
der mir die Sachen wies, wollte mich die Menge und die<lb/>
Gewalt der Duͤnſte, die von dem kochenden Waſſer be-<lb/>ſtaͤndig aufſteigen, ſehen laſſen, oͤfnete daher eine von die-<lb/>ſen kleinen Roͤhren. Haͤtte er mir nicht vorhergeſagt:<lb/><hirendition="#aq">Monſieur, n’ayez pas peur,</hi>ſo haͤtt’ ich geglaubt,<lb/>
ich muͤſte hier in meinem naturhiſtoriſchen Beruf erſti-<lb/>
cken. Es fuhr eine ſolche ungeheure Menge Duͤnſte mit<lb/>
einer ſo ungeheuren Heftigkeit heraus, daß ich erſtaunen<lb/>
mußte. — Da kan man ſehen, wie viel Luft im Waſ-<lb/>ſer ſteckt, und wie wenig ſie ſich preſſen laͤßt, wie er-<lb/>ſchrecklich ſie verduͤnnt werden kan, wie gern ſie ſich in ei-<lb/>
nen weiten Raum ausdehnt.</p><lb/><p>Doch im Cylinder wird dieſe Menge und Gewalt der<lb/>
Duͤnſte gleich gedaͤmpft. Denn durch <hirendition="#fr">einen Hammer,</hi><lb/>
der immer ſteigt und faͤllt, und durch eine eiſerne Stan-<lb/>
ge, die bald vorwaͤrts geht, bald zuruͤckſtoͤſt, fließt be-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſtaͤndig</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[395/0419]
Unten iſt ein Ofen, der beſtaͤndig mit Steinkohlen
geheizt wird. Der Kerl lies mich hinein ſehen. Es
war ein erſchreckliches Feuer. Die Hitze ſpuͤrt man
wohl, aber keinen Geſtank. Entweder vertreibts der
Wind gleich, oder ich war ſchon daran gewoͤhnt.
Ueber dem Ofen iſt ein Keſſel mit Waſſer einge-
mauert, der nicht hoch iſt, aber eine groſſe weite Peri-
pherie, und darunter einen ſehr breiten Herd hat.
Die Luft oder die Duͤnſte, die von dem kochenden
Waſſer aufſteigen, ſind es eigentlich, die da machen, daß
das Waſſer in den Pumpen in die Hoͤhe ſteigt. Denn
alle dieſe Duͤnſte ſteigen in einen weiten Cylinder, der
uͤber dem Keſſel haͤngt. — Dazu ſind ringsherum am
Keſſel mehrere kleine Gaͤnge angebracht. Der Mann,
der mir die Sachen wies, wollte mich die Menge und die
Gewalt der Duͤnſte, die von dem kochenden Waſſer be-
ſtaͤndig aufſteigen, ſehen laſſen, oͤfnete daher eine von die-
ſen kleinen Roͤhren. Haͤtte er mir nicht vorhergeſagt:
Monſieur, n’ayez pas peur, ſo haͤtt’ ich geglaubt,
ich muͤſte hier in meinem naturhiſtoriſchen Beruf erſti-
cken. Es fuhr eine ſolche ungeheure Menge Duͤnſte mit
einer ſo ungeheuren Heftigkeit heraus, daß ich erſtaunen
mußte. — Da kan man ſehen, wie viel Luft im Waſ-
ſer ſteckt, und wie wenig ſie ſich preſſen laͤßt, wie er-
ſchrecklich ſie verduͤnnt werden kan, wie gern ſie ſich in ei-
nen weiten Raum ausdehnt.
Doch im Cylinder wird dieſe Menge und Gewalt der
Duͤnſte gleich gedaͤmpft. Denn durch einen Hammer,
der immer ſteigt und faͤllt, und durch eine eiſerne Stan-
ge, die bald vorwaͤrts geht, bald zuruͤckſtoͤſt, fließt be-
ſtaͤndig
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/419>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.