2. Stangen gegeneinander aufgerichtet. Hoch oben sind diese durch eine Queerstange verbunden, und von dieser hängen an 2. Punkten 4. starke Taue herab; diese tragen unten eine kleine, leichte, hölzerne Kalesche, in der 2. Si- tze sind, die gegeneinander über stehen, die Stricke gehen unter der Kalesche durch eiserne Ringe durch, sie ist etwa einen Schuh über der Erde, und schwingt so darinnen. Mit leichter Mühe kan man sie zurückziehen und ihr einen Stos geben. Alles ist mit grüner Oelfarbe angestrichen: an den Seiten sind Bänke für die Zuschauer.
Nachmittags verlies ich diesen angenehmen Ort, -- den Ort, wo mir Frankreich am besten gefallen hat, und reiste nach Senlis ab, um da den folgenden Mor- gen die Diligence von Paris abzuwarten, die mich nach Valenciennes bringen sollte.
Der Weg dahin ist 11/2. Stunden lang und geht durch kleine Dörfer zwischen angenehmen Fruchtfeldern hin. Man sieht Senlis wohl 3/4. Stunden vorher, weil's hoch auf einem Berge liegt. Vor der Stadt findet man gan- ze Felder mit Artischocken, die reihenweis an Stecken, wie bei uns die Bohnen, gepflanzt werden.
Senlis. Die Vorstadt ist schöner und regelmässi- ger gebaut, als die Stadt selbst, die bergicht, uneben und eng ist. In einer Kirche fand ich die schönsten Ma- lereien auf den Glasfenstern, die ich je gesehen habe. Es sind ganze Stücke, die ganze Lebensgeschichte Christi vor- stellend, mit Inschriften, mit alten lateinischen Buchsta- ben, dergleichen mir noch nicht vorgekommen ist. Be- sonders sind die Taufe Christi, die Einsetzung des heil. Abendmahls und die Kreuzigung auf dem kleinen Raum
eines
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2. Stangen gegeneinander aufgerichtet. Hoch oben ſind dieſe durch eine Queerſtange verbunden, und von dieſer haͤngen an 2. Punkten 4. ſtarke Taue herab; dieſe tragen unten eine kleine, leichte, hoͤlzerne Kaleſche, in der 2. Si- tze ſind, die gegeneinander uͤber ſtehen, die Stricke gehen unter der Kaleſche durch eiſerne Ringe durch, ſie iſt etwa einen Schuh uͤber der Erde, und ſchwingt ſo darinnen. Mit leichter Muͤhe kan man ſie zuruͤckziehen und ihr einen Stos geben. Alles iſt mit gruͤner Oelfarbe angeſtrichen: an den Seiten ſind Baͤnke fuͤr die Zuſchauer.
Nachmittags verlies ich dieſen angenehmen Ort, — den Ort, wo mir Frankreich am beſten gefallen hat, und reiſte nach Senlis ab, um da den folgenden Mor- gen die Diligence von Paris abzuwarten, die mich nach Valenciennes bringen ſollte.
Der Weg dahin iſt 1½. Stunden lang und geht durch kleine Doͤrfer zwiſchen angenehmen Fruchtfeldern hin. Man ſieht Senlis wohl ¾. Stunden vorher, weil’s hoch auf einem Berge liegt. Vor der Stadt findet man gan- ze Felder mit Artiſchocken, die reihenweis an Stecken, wie bei uns die Bohnen, gepflanzt werden.
Senlis. Die Vorſtadt iſt ſchoͤner und regelmaͤſſi- ger gebaut, als die Stadt ſelbſt, die bergicht, uneben und eng iſt. In einer Kirche fand ich die ſchoͤnſten Ma- lereien auf den Glasfenſtern, die ich je geſehen habe. Es ſind ganze Stuͤcke, die ganze Lebensgeſchichte Chriſti vor- ſtellend, mit Inſchriften, mit alten lateiniſchen Buchſta- ben, dergleichen mir noch nicht vorgekommen iſt. Be- ſonders ſind die Taufe Chriſti, die Einſetzung des heil. Abendmahls und die Kreuzigung auf dem kleinen Raum
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2. Stangen gegeneinander aufgerichtet. Hoch oben ſind
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haͤngen an 2. Punkten 4. ſtarke Taue herab; dieſe tragen
unten eine kleine, leichte, hoͤlzerne Kaleſche, in der 2. Si-
tze ſind, die gegeneinander uͤber ſtehen, die Stricke gehen
unter der Kaleſche durch eiſerne Ringe durch, ſie iſt etwa
einen Schuh uͤber der Erde, und ſchwingt ſo darinnen.
Mit leichter Muͤhe kan man ſie zuruͤckziehen und ihr einen
Stos geben. Alles iſt mit gruͤner Oelfarbe angeſtrichen:
an den Seiten ſind Baͤnke fuͤr die Zuſchauer.
Nachmittags verlies ich dieſen angenehmen Ort, —
den Ort, wo mir Frankreich am beſten gefallen hat,
und reiſte nach Senlis ab, um da den folgenden Mor-
gen die Diligence von Paris abzuwarten, die mich
nach Valenciennes bringen ſollte.
Der Weg dahin iſt 1½. Stunden lang und geht durch
kleine Doͤrfer zwiſchen angenehmen Fruchtfeldern hin.
Man ſieht Senlis wohl ¾. Stunden vorher, weil’s hoch
auf einem Berge liegt. Vor der Stadt findet man gan-
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wie bei uns die Bohnen, gepflanzt werden.
Senlis. Die Vorſtadt iſt ſchoͤner und regelmaͤſſi-
ger gebaut, als die Stadt ſelbſt, die bergicht, uneben
und eng iſt. In einer Kirche fand ich die ſchoͤnſten Ma-
lereien auf den Glasfenſtern, die ich je geſehen habe. Es
ſind ganze Stuͤcke, die ganze Lebensgeſchichte Chriſti vor-
ſtellend, mit Inſchriften, mit alten lateiniſchen Buchſta-
ben, dergleichen mir noch nicht vorgekommen iſt. Be-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/409>, abgerufen am 22.11.2024.
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