gab immer Streit wegen der Zeit bei den lutherischen Kommunionen. Es ward daher befohlen, daß allemahl 3. Kommunikanten das Brod auf einmahl nehmen, und man die Worte der Einsetzung für alle 3. nur einmahl, und beim Kelch für 2. nur einmahl sprechen soll; nun sind die Streitigkeiten beigelegt.
Man trinkt hier in sehr vielen Häusern Thee von Schlüsselblümchen; er schmeckt recht gut.
Unter den Sallat thun die Franzosen viel Apium Petroselinum.
Es gehört zum Karakter der Nation, daß sie be- ständig singt. Selten geht einer die Treppe hinauf, oder hinab, ohne zu trillern; die Köchin in der Küche, der Soldat auf dem Posten, die Kinderwärterin, der Beckerjunge, der Ladendiener, kurz alles singt.
Drei Stunden von Strasburg hat der vortrefliche Stättmeister und Lieutenant, Hr. General von Hohen- hayn ein Landgut, das ein Meisterstück der Oekonomie seyn soll, selbst angelegt. Unter andern sind seine Wein- berge als ein Amphitheater angelegt; an den Seiten ste- hen Pfosten, an diesen sind eiserne Drathe durch den ganzen Weinberg gezogen, und an diesen, nicht an Pfäh- len, sind alle Rebstöcke befestigt.
Die Abgaben an den König sind sehr gros. Die Leute sind auch meist sehr arm, und wissen nie was sie geben müssen; es gibt beständig Veränderungen. Ein Becker, der nichts hat, als ein halbes Haus zu seinem Handwerk, gibt der Stadt, und dem Könige alle Jahr 80. Gulden.
Im
gab immer Streit wegen der Zeit bei den lutheriſchen Kommunionen. Es ward daher befohlen, daß allemahl 3. Kommunikanten das Brod auf einmahl nehmen, und man die Worte der Einſetzung fuͤr alle 3. nur einmahl, und beim Kelch fuͤr 2. nur einmahl ſprechen ſoll; nun ſind die Streitigkeiten beigelegt.
Man trinkt hier in ſehr vielen Haͤuſern Thee von Schluͤſſelbluͤmchen; er ſchmeckt recht gut.
Unter den Sallat thun die Franzoſen viel Apium Petroſelinum.
Es gehoͤrt zum Karakter der Nation, daß ſie be- ſtaͤndig ſingt. Selten geht einer die Treppe hinauf, oder hinab, ohne zu trillern; die Koͤchin in der Kuͤche, der Soldat auf dem Poſten, die Kinderwaͤrterin, der Beckerjunge, der Ladendiener, kurz alles ſingt.
Drei Stunden von Strasburg hat der vortrefliche Staͤttmeiſter und Lieutenant, Hr. General von Hohen- hayn ein Landgut, das ein Meiſterſtuͤck der Oekonomie ſeyn ſoll, ſelbſt angelegt. Unter andern ſind ſeine Wein- berge als ein Amphitheater angelegt; an den Seiten ſte- hen Pfoſten, an dieſen ſind eiſerne Drathe durch den ganzen Weinberg gezogen, und an dieſen, nicht an Pfaͤh- len, ſind alle Rebſtoͤcke befeſtigt.
Die Abgaben an den Koͤnig ſind ſehr gros. Die Leute ſind auch meiſt ſehr arm, und wiſſen nie was ſie geben muͤſſen; es gibt beſtaͤndig Veraͤnderungen. Ein Becker, der nichts hat, als ein halbes Haus zu ſeinem Handwerk, gibt der Stadt, und dem Koͤnige alle Jahr 80. Gulden.
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und beim Kelch fuͤr 2. nur einmahl ſprechen ſoll; nun
ſind die Streitigkeiten beigelegt.
Man trinkt hier in ſehr vielen Haͤuſern Thee von
Schluͤſſelbluͤmchen; er ſchmeckt recht gut.
Unter den Sallat thun die Franzoſen viel Apium
Petroſelinum.
Es gehoͤrt zum Karakter der Nation, daß ſie be-
ſtaͤndig ſingt. Selten geht einer die Treppe hinauf,
oder hinab, ohne zu trillern; die Koͤchin in der Kuͤche,
der Soldat auf dem Poſten, die Kinderwaͤrterin, der
Beckerjunge, der Ladendiener, kurz alles ſingt.
Drei Stunden von Strasburg hat der vortrefliche
Staͤttmeiſter und Lieutenant, Hr. General von Hohen-
hayn ein Landgut, das ein Meiſterſtuͤck der Oekonomie
ſeyn ſoll, ſelbſt angelegt. Unter andern ſind ſeine Wein-
berge als ein Amphitheater angelegt; an den Seiten ſte-
hen Pfoſten, an dieſen ſind eiſerne Drathe durch den
ganzen Weinberg gezogen, und an dieſen, nicht an Pfaͤh-
len, ſind alle Rebſtoͤcke befeſtigt.
Die Abgaben an den Koͤnig ſind ſehr gros. Die
Leute ſind auch meiſt ſehr arm, und wiſſen nie was ſie
geben muͤſſen; es gibt beſtaͤndig Veraͤnderungen. Ein
Becker, der nichts hat, als ein halbes Haus zu ſeinem
Handwerk, gibt der Stadt, und dem Koͤnige alle Jahr
80. Gulden.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/40>, abgerufen am 24.11.2024.
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