Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

gen zu Wassersprützen, einige bricht man ab, andre baut
man von neuem. Weil das Schlos auf einem Berge
liegt; so hat der Garten eine etwas hängende Lage, man
kommt immer auf den Terrassen weiter hinab, kehrt man
sich aber um; so präsentirt sich das Schlos ganz unver-
gleichlich. Die Namen der Bildsäulen und ihrer Erfin-
der und Verfertiger stehen in jedem Almanac de Ver-
sailles.
Sie sind alle ganz aus weissem Marmor, das
Fußgestelle ist gewöhnlich fester, härter, und sehr hoch.
Ich bin von 10. Uhr bis 2. Uhr darinn herumgegangen,
und konnte doch nicht fertig werden; was mir am besten
gefallen hat, ist Folgendes:

1) Die Latona. Sie steht in der Mitte in einem
tiefen Bassin, aber auf etlichen Stufen von Marmor er-
höht, in der schönsten Stellung. Sie streckt die Hand
von sich, um sie herum sind die angenehmsten grünen Fel-
der, und eine Menge Frösche, die alle, wenn die Ma-
schinen angelassen werden, Wasser speien.
2) Ganymed mit einem Adler. -- Der Adler
ist doch unvergleichlich. Die dicken Pflaumfedern am
Bauch und Füssen, die runzliche Haut an den Füssen;
die Klauen, die Flügel, besonders die äusserste lange Fe-
der an dem linken aufgehabenen Flügel ist natürlich wie
am Adler.
3) Ceres mit Kornähren. Die Garbe ist etwas
colossalisch, wie alle Sachen von der Art, aber das gan-
ze Stück hat etwas Einnehmendes, Liebliches.
4) Bacchus. Er ist oft da, aber hier in dieser
Nachbarschaft am schönsten. Er hat Trauben in der
Hand, hält mit der linken die Schüssel unter, mit der
rechten

gen zu Waſſerſpruͤtzen, einige bricht man ab, andre baut
man von neuem. Weil das Schlos auf einem Berge
liegt; ſo hat der Garten eine etwas haͤngende Lage, man
kommt immer auf den Terraſſen weiter hinab, kehrt man
ſich aber um; ſo praͤſentirt ſich das Schlos ganz unver-
gleichlich. Die Namen der Bildſaͤulen und ihrer Erfin-
der und Verfertiger ſtehen in jedem Almanac de Ver-
ſailles.
Sie ſind alle ganz aus weiſſem Marmor, das
Fußgeſtelle iſt gewoͤhnlich feſter, haͤrter, und ſehr hoch.
Ich bin von 10. Uhr bis 2. Uhr darinn herumgegangen,
und konnte doch nicht fertig werden; was mir am beſten
gefallen hat, iſt Folgendes:

1) Die Latona. Sie ſteht in der Mitte in einem
tiefen Baſſin, aber auf etlichen Stufen von Marmor er-
hoͤht, in der ſchoͤnſten Stellung. Sie ſtreckt die Hand
von ſich, um ſie herum ſind die angenehmſten gruͤnen Fel-
der, und eine Menge Froͤſche, die alle, wenn die Ma-
ſchinen angelaſſen werden, Waſſer ſpeien.
2) Ganymed mit einem Adler. — Der Adler
iſt doch unvergleichlich. Die dicken Pflaumfedern am
Bauch und Fuͤſſen, die runzliche Haut an den Fuͤſſen;
die Klauen, die Fluͤgel, beſonders die aͤuſſerſte lange Fe-
der an dem linken aufgehabenen Fluͤgel iſt natuͤrlich wie
am Adler.
3) Ceres mit Kornaͤhren. Die Garbe iſt etwas
coloſſaliſch, wie alle Sachen von der Art, aber das gan-
ze Stuͤck hat etwas Einnehmendes, Liebliches.
4) Bacchus. Er iſt oft da, aber hier in dieſer
Nachbarſchaft am ſchoͤnſten. Er hat Trauben in der
Hand, haͤlt mit der linken die Schuͤſſel unter, mit der
rechten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0324" n="300"/>
gen zu Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;pru&#x0364;tzen, einige bricht man ab, andre baut<lb/>
man von neuem. Weil das Schlos auf einem Berge<lb/>
liegt; &#x017F;o hat der Garten eine etwas ha&#x0364;ngende Lage, man<lb/>
kommt immer auf den Terra&#x017F;&#x017F;en weiter hinab, kehrt man<lb/>
&#x017F;ich aber um; &#x017F;o pra&#x0364;&#x017F;entirt &#x017F;ich das Schlos ganz unver-<lb/>
gleichlich. Die Namen der Bild&#x017F;a&#x0364;ulen und ihrer Erfin-<lb/>
der und Verfertiger &#x017F;tehen in jedem <hi rendition="#aq">Almanac de <hi rendition="#i">Ver-<lb/>
&#x017F;ailles.</hi></hi> Sie &#x017F;ind alle ganz aus wei&#x017F;&#x017F;em Marmor, das<lb/>
Fußge&#x017F;telle i&#x017F;t gewo&#x0364;hnlich fe&#x017F;ter, ha&#x0364;rter, und &#x017F;ehr hoch.<lb/>
Ich bin von 10. Uhr bis 2. Uhr darinn herumgegangen,<lb/>
und konnte doch nicht fertig werden; was mir am be&#x017F;ten<lb/>
gefallen hat, i&#x017F;t Folgendes:</p><lb/>
            <list>
              <item>1) Die <hi rendition="#fr">Latona.</hi> Sie &#x017F;teht in der Mitte in einem<lb/>
tiefen Ba&#x017F;&#x017F;in, aber auf etlichen Stufen von Marmor er-<lb/>
ho&#x0364;ht, in der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Stellung. Sie &#x017F;treckt die Hand<lb/>
von &#x017F;ich, um &#x017F;ie herum &#x017F;ind die angenehm&#x017F;ten gru&#x0364;nen Fel-<lb/>
der, und eine Menge Fro&#x0364;&#x017F;che, die alle, wenn die Ma-<lb/>
&#x017F;chinen angela&#x017F;&#x017F;en werden, Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;peien.</item><lb/>
              <item>2) <hi rendition="#fr">Ganymed mit einem Adler.</hi> &#x2014; Der Adler<lb/>
i&#x017F;t doch unvergleichlich. Die dicken Pflaumfedern am<lb/>
Bauch und Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, die runzliche Haut an den Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
die Klauen, die Flu&#x0364;gel, be&#x017F;onders die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te lange Fe-<lb/>
der an dem linken aufgehabenen Flu&#x0364;gel i&#x017F;t natu&#x0364;rlich wie<lb/>
am Adler.</item><lb/>
              <item>3) <hi rendition="#fr">Ceres mit Korna&#x0364;hren.</hi> Die Garbe i&#x017F;t etwas<lb/>
colo&#x017F;&#x017F;ali&#x017F;ch, wie alle Sachen von der Art, aber das gan-<lb/>
ze Stu&#x0364;ck hat etwas Einnehmendes, Liebliches.</item><lb/>
              <item>4) <hi rendition="#fr">Bacchus.</hi> Er i&#x017F;t oft da, aber hier in die&#x017F;er<lb/>
Nachbar&#x017F;chaft am &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten. Er hat Trauben in der<lb/>
Hand, ha&#x0364;lt mit der linken die Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el unter, mit der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rechten</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[300/0324] gen zu Waſſerſpruͤtzen, einige bricht man ab, andre baut man von neuem. Weil das Schlos auf einem Berge liegt; ſo hat der Garten eine etwas haͤngende Lage, man kommt immer auf den Terraſſen weiter hinab, kehrt man ſich aber um; ſo praͤſentirt ſich das Schlos ganz unver- gleichlich. Die Namen der Bildſaͤulen und ihrer Erfin- der und Verfertiger ſtehen in jedem Almanac de Ver- ſailles. Sie ſind alle ganz aus weiſſem Marmor, das Fußgeſtelle iſt gewoͤhnlich feſter, haͤrter, und ſehr hoch. Ich bin von 10. Uhr bis 2. Uhr darinn herumgegangen, und konnte doch nicht fertig werden; was mir am beſten gefallen hat, iſt Folgendes: 1) Die Latona. Sie ſteht in der Mitte in einem tiefen Baſſin, aber auf etlichen Stufen von Marmor er- hoͤht, in der ſchoͤnſten Stellung. Sie ſtreckt die Hand von ſich, um ſie herum ſind die angenehmſten gruͤnen Fel- der, und eine Menge Froͤſche, die alle, wenn die Ma- ſchinen angelaſſen werden, Waſſer ſpeien. 2) Ganymed mit einem Adler. — Der Adler iſt doch unvergleichlich. Die dicken Pflaumfedern am Bauch und Fuͤſſen, die runzliche Haut an den Fuͤſſen; die Klauen, die Fluͤgel, beſonders die aͤuſſerſte lange Fe- der an dem linken aufgehabenen Fluͤgel iſt natuͤrlich wie am Adler. 3) Ceres mit Kornaͤhren. Die Garbe iſt etwas coloſſaliſch, wie alle Sachen von der Art, aber das gan- ze Stuͤck hat etwas Einnehmendes, Liebliches. 4) Bacchus. Er iſt oft da, aber hier in dieſer Nachbarſchaft am ſchoͤnſten. Er hat Trauben in der Hand, haͤlt mit der linken die Schuͤſſel unter, mit der rechten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/324
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/324>, abgerufen am 24.08.2024.