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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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an der Luft nach einigen Jahren so häßlich schwarz wer-
den. Man muß es sehr in der Nähe betrachten, wenn
man's bewundern soll. Dann sieht man aber an jedem
Fenstergesimse, etc. Menschenköpfe, Blumen, Laubwerk,
Säulen, und auf dem Dache über jedem Fenster eine
Statüe. Prächtig, göttlich müst' es aussehen, wenn
das alles aus einem Steine gemacht wäre, der eine dau-
erhafte Farbe, die hell in's Auge fiele, hätte, aber so ist
der gröste Theil dieser kunstvollen Sachen für die meisten
Augen verloren. Es hat einen ungeheuern Umfang,
steht hoch, und geht weit herab in die Stadt, hat er-
staunlich breite Treppen, eine Menge Thore und Neben-
thüren, und eine unzählbare Menge Fenster. Das was
man immer in der grösten Entfernung oben hervorstechen
sieht, ist die Kuppel der Kapelle, von der ich nachher
sprechen will. Ich besah drauf

Les Appartements, ou les grands Apparte-
mens.
Geht man eine grosse Treppe hinauf, so findet
man zu beiden Seiten die prächtigsten Sachen ausgestellt.
Man kan beständig in eine Reihe von Zimmern hinein-
gehen, wo man auf dem Boden, an den Wänden, an
der Decke, an Spiegeln, Säulen, Girandolen, überall
Vergoldungen, und unbeschreibliche Königl. Pracht fin-
det. Es ist unmöglich, alles zu beschreiben, man sieht
so viel, es ist alles so nett, so überhäuft und beständig
mit so vielen Fremden umstellt, daß man sich Jahre dazu
nehmen müste, wenn man alles sehen wollte. Auf die-
ser Seite war für mich merkwürdig: 1) Das Ochsen-
auge,
ein grosses Zimmer, welches nur ein Fenster hat,
das aber ein grosses Oval ist. 2) Die grosse Gallerie
37. Toisen lang, und 18. breit. Das Gewölbe oben ist

von

an der Luft nach einigen Jahren ſo haͤßlich ſchwarz wer-
den. Man muß es ſehr in der Naͤhe betrachten, wenn
man’s bewundern ſoll. Dann ſieht man aber an jedem
Fenſtergeſimſe, ꝛc. Menſchenkoͤpfe, Blumen, Laubwerk,
Saͤulen, und auf dem Dache uͤber jedem Fenſter eine
Statuͤe. Praͤchtig, goͤttlich muͤſt’ es ausſehen, wenn
das alles aus einem Steine gemacht waͤre, der eine dau-
erhafte Farbe, die hell in’s Auge fiele, haͤtte, aber ſo iſt
der groͤſte Theil dieſer kunſtvollen Sachen fuͤr die meiſten
Augen verloren. Es hat einen ungeheuern Umfang,
ſteht hoch, und geht weit herab in die Stadt, hat er-
ſtaunlich breite Treppen, eine Menge Thore und Neben-
thuͤren, und eine unzaͤhlbare Menge Fenſter. Das was
man immer in der groͤſten Entfernung oben hervorſtechen
ſieht, iſt die Kuppel der Kapelle, von der ich nachher
ſprechen will. Ich beſah drauf

Les Appartements, ou les grands Apparte-
mens.
Geht man eine groſſe Treppe hinauf, ſo findet
man zu beiden Seiten die praͤchtigſten Sachen ausgeſtellt.
Man kan beſtaͤndig in eine Reihe von Zimmern hinein-
gehen, wo man auf dem Boden, an den Waͤnden, an
der Decke, an Spiegeln, Saͤulen, Girandolen, uͤberall
Vergoldungen, und unbeſchreibliche Koͤnigl. Pracht fin-
det. Es iſt unmoͤglich, alles zu beſchreiben, man ſieht
ſo viel, es iſt alles ſo nett, ſo uͤberhaͤuft und beſtaͤndig
mit ſo vielen Fremden umſtellt, daß man ſich Jahre dazu
nehmen muͤſte, wenn man alles ſehen wollte. Auf die-
ſer Seite war fuͤr mich merkwuͤrdig: 1) Das Ochſen-
auge,
ein groſſes Zimmer, welches nur ein Fenſter hat,
das aber ein groſſes Oval iſt. 2) Die groſſe Gallerie
37. Toiſen lang, und 18. breit. Das Gewoͤlbe oben iſt

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[292/0316] an der Luft nach einigen Jahren ſo haͤßlich ſchwarz wer- den. Man muß es ſehr in der Naͤhe betrachten, wenn man’s bewundern ſoll. Dann ſieht man aber an jedem Fenſtergeſimſe, ꝛc. Menſchenkoͤpfe, Blumen, Laubwerk, Saͤulen, und auf dem Dache uͤber jedem Fenſter eine Statuͤe. Praͤchtig, goͤttlich muͤſt’ es ausſehen, wenn das alles aus einem Steine gemacht waͤre, der eine dau- erhafte Farbe, die hell in’s Auge fiele, haͤtte, aber ſo iſt der groͤſte Theil dieſer kunſtvollen Sachen fuͤr die meiſten Augen verloren. Es hat einen ungeheuern Umfang, ſteht hoch, und geht weit herab in die Stadt, hat er- ſtaunlich breite Treppen, eine Menge Thore und Neben- thuͤren, und eine unzaͤhlbare Menge Fenſter. Das was man immer in der groͤſten Entfernung oben hervorſtechen ſieht, iſt die Kuppel der Kapelle, von der ich nachher ſprechen will. Ich beſah drauf Les Appartements, ou les grands Apparte- mens. Geht man eine groſſe Treppe hinauf, ſo findet man zu beiden Seiten die praͤchtigſten Sachen ausgeſtellt. Man kan beſtaͤndig in eine Reihe von Zimmern hinein- gehen, wo man auf dem Boden, an den Waͤnden, an der Decke, an Spiegeln, Saͤulen, Girandolen, uͤberall Vergoldungen, und unbeſchreibliche Koͤnigl. Pracht fin- det. Es iſt unmoͤglich, alles zu beſchreiben, man ſieht ſo viel, es iſt alles ſo nett, ſo uͤberhaͤuft und beſtaͤndig mit ſo vielen Fremden umſtellt, daß man ſich Jahre dazu nehmen muͤſte, wenn man alles ſehen wollte. Auf die- ſer Seite war fuͤr mich merkwuͤrdig: 1) Das Ochſen- auge, ein groſſes Zimmer, welches nur ein Fenſter hat, das aber ein groſſes Oval iſt. 2) Die groſſe Gallerie 37. Toiſen lang, und 18. breit. Das Gewoͤlbe oben iſt von

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/316>, abgerufen am 22.11.2024.