artigsten Parthien des Gartens ist das grosse Labyrinth, ein in viele in einander laufende Kreise eingetheilter Platz. Da blühte jetzt Ligustrum vulgare sativum und ver- breitete seinen lieblichen Geruch überall.
Man wies mir die Apartemens, in denen der Fus- boden -- ausgenommen in den Schlafzimmern -- ebenfalls steinern ist, wie durchgängig in Paris. Die grösten Spiegel, die kostbarsten Vasen von Porzellän, die herrlichsten Tapeten, die niedlichsten Vorhänge, Bet- ten, Stühle etc. fanden wir überall. Der Schweizer war gar zu dienstfertig, und wies mir sogar mit vielem Gepränge die Kommodität des Königs, grade neben dem Schlafzimmer. Unter den Gemälden gefiel mir ein Portrait der Königin im Schlafzimmer des Königs vor- züglich. Neben dem Schlafzimmer ist die Kapelle für die Königl. Familie. Sie ist klein. Es stand ein Bet- schemmel mit rothem Sammtbeschlagen darin und an den grösten Fenstern waren vergoldete Namen. Das De- ckenstück stellt der Mariä Himmelfahrt vor, und ist unge- mein schön. Hierauf lies man mich.
La Table mouvante, -- eine der grösten me- chanischen Erfindungen, die vielleicht in der Welt ist, so- hen. Ein Arzt, D. Girard, aus Languedoc, unter Louis XV. ist der Urheber davon. Im Speisesaal steht ein runder, sehr grosser Tisch, an dem wohl 12. Per- sonen sitzen können. Dieser Tisch ist etwa eine Hand breit, vom äussern Rande einwärts gerechnet, ausgeschnit- ten, und dies innre Stück der Tafel läuft, wenn es stark, (weil die Tafel von Nußbaumholz, und sehr dicht ist) angetrieben wird, herum. Unten ist ein Zirkel von Ei- sen, der eine Vertiefung hat. In dieser laufen die klei-
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artigſten Parthien des Gartens iſt das groſſe Labyrinth, ein in viele in einander laufende Kreiſe eingetheilter Platz. Da bluͤhte jetzt Liguſtrum vulgare ſativum und ver- breitete ſeinen lieblichen Geruch uͤberall.
Man wies mir die Apartemens, in denen der Fus- boden — ausgenommen in den Schlafzimmern — ebenfalls ſteinern iſt, wie durchgaͤngig in Paris. Die groͤſten Spiegel, die koſtbarſten Vaſen von Porzellaͤn, die herrlichſten Tapeten, die niedlichſten Vorhaͤnge, Bet- ten, Stuͤhle ꝛc. fanden wir uͤberall. Der Schweizer war gar zu dienſtfertig, und wies mir ſogar mit vielem Gepraͤnge die Kommoditaͤt des Koͤnigs, grade neben dem Schlafzimmer. Unter den Gemaͤlden gefiel mir ein Portrait der Koͤnigin im Schlafzimmer des Koͤnigs vor- zuͤglich. Neben dem Schlafzimmer iſt die Kapelle fuͤr die Koͤnigl. Familie. Sie iſt klein. Es ſtand ein Bet- ſchemmel mit rothem Sammtbeſchlagen darin und an den groͤſten Fenſtern waren vergoldete Namen. Das De- ckenſtuͤck ſtellt der Mariaͤ Himmelfahrt vor, und iſt unge- mein ſchoͤn. Hierauf lies man mich.
La Table mouvante, — eine der groͤſten me- chaniſchen Erfindungen, die vielleicht in der Welt iſt, ſo- hen. Ein Arzt, D. Girard, aus Languedoc, unter Louis XV. iſt der Urheber davon. Im Speiſeſaal ſteht ein runder, ſehr groſſer Tiſch, an dem wohl 12. Per- ſonen ſitzen koͤnnen. Dieſer Tiſch iſt etwa eine Hand breit, vom aͤuſſern Rande einwaͤrts gerechnet, ausgeſchnit- ten, und dies innre Stuͤck der Tafel laͤuft, wenn es ſtark, (weil die Tafel von Nußbaumholz, und ſehr dicht iſt) angetrieben wird, herum. Unten iſt ein Zirkel von Ei- ſen, der eine Vertiefung hat. In dieſer laufen die klei-
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artigſten Parthien des Gartens iſt das groſſe Labyrinth,
ein in viele in einander laufende Kreiſe eingetheilter Platz.
Da bluͤhte jetzt Liguſtrum vulgare ſativum und ver-
breitete ſeinen lieblichen Geruch uͤberall.
Man wies mir die Apartemens, in denen der Fus-
boden — ausgenommen in den Schlafzimmern —
ebenfalls ſteinern iſt, wie durchgaͤngig in Paris. Die
groͤſten Spiegel, die koſtbarſten Vaſen von Porzellaͤn,
die herrlichſten Tapeten, die niedlichſten Vorhaͤnge, Bet-
ten, Stuͤhle ꝛc. fanden wir uͤberall. Der Schweizer
war gar zu dienſtfertig, und wies mir ſogar mit vielem
Gepraͤnge die Kommoditaͤt des Koͤnigs, grade neben dem
Schlafzimmer. Unter den Gemaͤlden gefiel mir ein
Portrait der Koͤnigin im Schlafzimmer des Koͤnigs vor-
zuͤglich. Neben dem Schlafzimmer iſt die Kapelle fuͤr
die Koͤnigl. Familie. Sie iſt klein. Es ſtand ein Bet-
ſchemmel mit rothem Sammtbeſchlagen darin und an den
groͤſten Fenſtern waren vergoldete Namen. Das De-
ckenſtuͤck ſtellt der Mariaͤ Himmelfahrt vor, und iſt unge-
mein ſchoͤn. Hierauf lies man mich.
La Table mouvante, — eine der groͤſten me-
chaniſchen Erfindungen, die vielleicht in der Welt iſt, ſo-
hen. Ein Arzt, D. Girard, aus Languedoc, unter
Louis XV. iſt der Urheber davon. Im Speiſeſaal
ſteht ein runder, ſehr groſſer Tiſch, an dem wohl 12. Per-
ſonen ſitzen koͤnnen. Dieſer Tiſch iſt etwa eine Hand
breit, vom aͤuſſern Rande einwaͤrts gerechnet, ausgeſchnit-
ten, und dies innre Stuͤck der Tafel laͤuft, wenn es ſtark,
(weil die Tafel von Nußbaumholz, und ſehr dicht iſt)
angetrieben wird, herum. Unten iſt ein Zirkel von Ei-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/287>, abgerufen am 22.11.2024.
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