wie dünn geschlagenes Blech, läßt sich aber doch nicht sonderlich biegen. Wenn Charon lauter solche Obo- los bekam; so hätt' er sich schon lange einen neuen Rock und ein neues Schifchen anschaffen können. So ganz Unrecht haben also die Türken doch nicht, daß sie keine Mumien mehr noch Europa lassen wollen, weil diese oft Geld bei sich haben sollen. VII)Goldne Französi- sche Medaillen. Von Henri IV. mit seiner Ge- mahlin von Medicis; damals trugen noch alle Manns- leute ihren Bart. Vom Kardinal Richelien, dessen Kopfputz etwa so aussieht, wie jetzt ein stark abgeschabter Bauerhut. Von Ludwig dem 1[4]ten hat man 318. Münzen, viele von Gold und erstaunlich gros, aber die gröste ist hohl; seine Vermählung mit der Anne d' Au- triche; seine Einnahme von Dünkirchen; der Ein- zug der Königin in Paris, wo ein Genius Kutscher ist, und sie mit dem Scepter da sitzt; die Geburt des Dau- phins, wo alle Zeichen des Thierkreises ausgedrukt sind; eine goldne Münze darüber, wie Louis XIV. einmahl in Versailles seine Musquetiers kommandirte. Man denke nur, wie unerhört, wie höchst wichtig diese an sich unbedeutende Sache für die Franzmänner war! -- Gleich muste eine Münze drauf geschlagen werden, da- mit ja die Welt nicht um das Andenken der unsterblichen That käme! Als ich diese und andre Vergötterungen die- ses Königs sah, dessen schreckliche Heere die Pfalz und mein Vaterland so jämmerlich verheerten, -- da er- wachte allemahl deutscher Sinn, deutsches Gefühl in mir. -- Ueberall und auch über diesem Schranke hängt sein Bildnis. Eine Münze sah ich noch von der Anne d' Autriche, wo Val de Grace darauf steht etc. VIII) Eine falsche Münze, aus den Zeiten der Römer, die
damals
wie duͤnn geſchlagenes Blech, laͤßt ſich aber doch nicht ſonderlich biegen. Wenn Charon lauter ſolche Obo- los bekam; ſo haͤtt’ er ſich ſchon lange einen neuen Rock und ein neues Schifchen anſchaffen koͤnnen. So ganz Unrecht haben alſo die Tuͤrken doch nicht, daß ſie keine Mumien mehr noch Europa laſſen wollen, weil dieſe oft Geld bei ſich haben ſollen. VII)Goldne Franzoͤſi- ſche Medaillen. Von Henri IV. mit ſeiner Ge- mahlin von Medicis; damals trugen noch alle Manns- leute ihren Bart. Vom Kardinal Richelien, deſſen Kopfputz etwa ſo ausſieht, wie jetzt ein ſtark abgeſchabter Bauerhut. Von Ludwig dem 1[4]ten hat man 318. Muͤnzen, viele von Gold und erſtaunlich gros, aber die groͤſte iſt hohl; ſeine Vermaͤhlung mit der Anne d’ Au- triche; ſeine Einnahme von Duͤnkirchen; der Ein- zug der Koͤnigin in Paris, wo ein Genius Kutſcher iſt, und ſie mit dem Scepter da ſitzt; die Geburt des Dau- phins, wo alle Zeichen des Thierkreiſes ausgedrukt ſind; eine goldne Muͤnze daruͤber, wie Louis XIV. einmahl in Verſailles ſeine Musquetiers kommandirte. Man denke nur, wie unerhoͤrt, wie hoͤchſt wichtig dieſe an ſich unbedeutende Sache fuͤr die Franzmaͤnner war! — Gleich muſte eine Muͤnze drauf geſchlagen werden, da- mit ja die Welt nicht um das Andenken der unſterblichen That kaͤme! Als ich dieſe und andre Vergoͤtterungen die- ſes Koͤnigs ſah, deſſen ſchreckliche Heere die Pfalz und mein Vaterland ſo jaͤmmerlich verheerten, — da er- wachte allemahl deutſcher Sinn, deutſches Gefuͤhl in mir. — Ueberall und auch uͤber dieſem Schranke haͤngt ſein Bildnis. Eine Muͤnze ſah ich noch von der Anne d’ Autriche, wo Val de Grace darauf ſteht ꝛc. VIII) Eine falſche Muͤnze, aus den Zeiten der Roͤmer, die
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wie duͤnn geſchlagenes Blech, laͤßt ſich aber doch nicht
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und ein neues Schifchen anſchaffen koͤnnen. So ganz
Unrecht haben alſo die Tuͤrken doch nicht, daß ſie keine
Mumien mehr noch Europa laſſen wollen, weil dieſe oft
Geld bei ſich haben ſollen. VII) Goldne Franzoͤſi-
ſche Medaillen. Von Henri IV. mit ſeiner Ge-
mahlin von Medicis; damals trugen noch alle Manns-
leute ihren Bart. Vom Kardinal Richelien, deſſen
Kopfputz etwa ſo ausſieht, wie jetzt ein ſtark abgeſchabter
Bauerhut. Von Ludwig dem 14ten hat man 318.
Muͤnzen, viele von Gold und erſtaunlich gros, aber die
groͤſte iſt hohl; ſeine Vermaͤhlung mit der Anne d’ Au-
triche; ſeine Einnahme von Duͤnkirchen; der Ein-
zug der Koͤnigin in Paris, wo ein Genius Kutſcher iſt,
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denke nur, wie unerhoͤrt, wie hoͤchſt wichtig dieſe an ſich
unbedeutende Sache fuͤr die Franzmaͤnner war! —
Gleich muſte eine Muͤnze drauf geſchlagen werden, da-
mit ja die Welt nicht um das Andenken der unſterblichen
That kaͤme! Als ich dieſe und andre Vergoͤtterungen die-
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mein Vaterland ſo jaͤmmerlich verheerten, — da er-
wachte allemahl deutſcher Sinn, deutſches Gefuͤhl in mir.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/216>, abgerufen am 27.11.2024.
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