sieht daraus, daß nicht alles überall wahr ist, was man von der Lebensart der Franzosen erzählt. Es gibt, -- und nicht nur unterm menu peuple, -- so viele Grobe unter ihnen, als in Teutschland. Ueberhaupt ist erstaunlich viel Schimmer, Windbeutelei und Prale- rei in allen Dingen der Franzosen. Bei jedem Schritt findet man an allen Bretern angeschmiert; De par le Roi, Magasin des Souliers, des Bourses, des Chevaux etc. Das Wort Bureau brauchen sie be- ständig, da heists: Bureau de l'encre, Bureau, ou on ecrit, -- und das ist ein hölzerner Kasten auf der Strasse, worin oft eine Frau, wenns hoch kömmt, ein steifgewordener Tanzmeister, ein alter Schneider, ein halbblinder Peruckenmacher sizt, der selber nicht schrei- ben kan. Weil man mir hier so übel begegnet hatte; so ging ich von dort weg und besah
Le Cabinet des Manuscrits du Roi. Der Garde dieser Samlung, Mr. Bejot, ein schon bejahrter, würdiger Mann, war in seinem Zimmer, und wurde im- mer höflicher, je länger ich mit ihm sprach. Er ging zwar heute nicht hin, hies mich aber, als ich ihm die immer viel geltende Empfehlung von Herrn D'Auben- ton überreichte, nur seinen Namen nennen, und fordern, was ich wollte. Ich fand diese erstaunend zahlreiche Sammlung, deren Wichtigkeit Europa längst kennt, über dem Kupferstichkabinet in etlichen langen Sälen, und traf einen jungen Mann an, der ausserordentlich gefällig war, mich überall herumführte, und mir zuletzt den ge- druckten Katalog vorlegte. Es sind 4. starke Folianten, der 1te enthält die Orientalischen, der 2te und 3te die La- teinischen, und der 4te die Griechischen Handschriften.
Man
M 3
ſieht daraus, daß nicht alles uͤberall wahr iſt, was man von der Lebensart der Franzoſen erzaͤhlt. Es gibt, — und nicht nur unterm menu peuple, — ſo viele Grobe unter ihnen, als in Teutſchland. Ueberhaupt iſt erſtaunlich viel Schimmer, Windbeutelei und Prale- rei in allen Dingen der Franzoſen. Bei jedem Schritt findet man an allen Bretern angeſchmiert; De par le Roi, Magaſin des Souliers, des Bourſes, des Chevaux etc. Das Wort Bureau brauchen ſie be- ſtaͤndig, da heiſts: Bureau de l’encre, Bureau, òu on ecrit, — und das iſt ein hoͤlzerner Kaſten auf der Straſſe, worin oft eine Frau, wenns hoch koͤmmt, ein ſteifgewordener Tanzmeiſter, ein alter Schneider, ein halbblinder Peruckenmacher ſizt, der ſelber nicht ſchrei- ben kan. Weil man mir hier ſo uͤbel begegnet hatte; ſo ging ich von dort weg und beſah
Le Cabinet des Manuſcrits du Roi. Der Garde dieſer Samlung, Mr. Bejot, ein ſchon bejahrter, wuͤrdiger Mann, war in ſeinem Zimmer, und wurde im- mer hoͤflicher, je laͤnger ich mit ihm ſprach. Er ging zwar heute nicht hin, hies mich aber, als ich ihm die immer viel geltende Empfehlung von Herrn D’Auben- ton uͤberreichte, nur ſeinen Namen nennen, und fordern, was ich wollte. Ich fand dieſe erſtaunend zahlreiche Sammlung, deren Wichtigkeit Europa laͤngſt kennt, uͤber dem Kupferſtichkabinet in etlichen langen Saͤlen, und traf einen jungen Mann an, der auſſerordentlich gefaͤllig war, mich uͤberall herumfuͤhrte, und mir zuletzt den ge- druckten Katalog vorlegte. Es ſind 4. ſtarke Folianten, der 1te enthaͤlt die Orientaliſchen, der 2te und 3te die La- teiniſchen, und der 4te die Griechiſchen Handſchriften.
Man
M 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0205"n="181"/>ſieht daraus, daß nicht alles uͤberall wahr iſt, was man<lb/>
von der Lebensart der Franzoſen erzaͤhlt. Es gibt, —<lb/>
und nicht nur unterm <hirendition="#aq">menu peuple,</hi>—ſo viele<lb/>
Grobe unter ihnen, als in <hirendition="#fr">Teutſchland.</hi> Ueberhaupt<lb/>
iſt erſtaunlich viel Schimmer, Windbeutelei und Prale-<lb/>
rei in allen Dingen der Franzoſen. Bei jedem Schritt<lb/>
findet man an allen Bretern angeſchmiert; <hirendition="#aq">De par le<lb/>
Roi, Magaſin des Souliers, des Bourſes, des<lb/>
Chevaux etc.</hi> Das Wort <hirendition="#aq">Bureau</hi> brauchen ſie be-<lb/>ſtaͤndig, da heiſts: <hirendition="#aq">Bureau de l’encre, Bureau, òu<lb/>
on ecrit,</hi>— und das iſt ein hoͤlzerner Kaſten auf der<lb/>
Straſſe, worin oft eine Frau, wenns hoch koͤmmt, ein<lb/>ſteifgewordener Tanzmeiſter, ein alter Schneider, ein<lb/>
halbblinder Peruckenmacher ſizt, der ſelber nicht ſchrei-<lb/>
ben kan. Weil man mir hier ſo uͤbel begegnet hatte;<lb/>ſo ging ich von dort weg und beſah</p><lb/><p><hirendition="#aq">Le Cabinet des Manuſcrits du Roi.</hi> Der<lb/>
Garde dieſer Samlung, <hirendition="#aq">Mr. <hirendition="#i">Bejot,</hi></hi> ein ſchon bejahrter,<lb/>
wuͤrdiger Mann, war in ſeinem Zimmer, und wurde im-<lb/>
mer hoͤflicher, je laͤnger ich mit ihm ſprach. Er ging<lb/>
zwar heute nicht hin, hies mich aber, als ich ihm die<lb/>
immer viel geltende Empfehlung von Herrn <hirendition="#fr">D’Auben-<lb/>
ton</hi> uͤberreichte, nur ſeinen Namen nennen, und fordern,<lb/>
was ich wollte. Ich fand dieſe erſtaunend zahlreiche<lb/>
Sammlung, deren Wichtigkeit <hirendition="#fr">Europa</hi> laͤngſt kennt, uͤber<lb/>
dem Kupferſtichkabinet in etlichen langen Saͤlen, und<lb/>
traf einen jungen Mann an, der auſſerordentlich gefaͤllig<lb/>
war, mich uͤberall herumfuͤhrte, und mir zuletzt den ge-<lb/>
druckten Katalog vorlegte. Es ſind 4. ſtarke Folianten,<lb/>
der 1te enthaͤlt die Orientaliſchen, der 2te und 3te die La-<lb/>
teiniſchen, und der 4te die Griechiſchen Handſchriften.<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Man</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[181/0205]
ſieht daraus, daß nicht alles uͤberall wahr iſt, was man
von der Lebensart der Franzoſen erzaͤhlt. Es gibt, —
und nicht nur unterm menu peuple, — ſo viele
Grobe unter ihnen, als in Teutſchland. Ueberhaupt
iſt erſtaunlich viel Schimmer, Windbeutelei und Prale-
rei in allen Dingen der Franzoſen. Bei jedem Schritt
findet man an allen Bretern angeſchmiert; De par le
Roi, Magaſin des Souliers, des Bourſes, des
Chevaux etc. Das Wort Bureau brauchen ſie be-
ſtaͤndig, da heiſts: Bureau de l’encre, Bureau, òu
on ecrit, — und das iſt ein hoͤlzerner Kaſten auf der
Straſſe, worin oft eine Frau, wenns hoch koͤmmt, ein
ſteifgewordener Tanzmeiſter, ein alter Schneider, ein
halbblinder Peruckenmacher ſizt, der ſelber nicht ſchrei-
ben kan. Weil man mir hier ſo uͤbel begegnet hatte;
ſo ging ich von dort weg und beſah
Le Cabinet des Manuſcrits du Roi. Der
Garde dieſer Samlung, Mr. Bejot, ein ſchon bejahrter,
wuͤrdiger Mann, war in ſeinem Zimmer, und wurde im-
mer hoͤflicher, je laͤnger ich mit ihm ſprach. Er ging
zwar heute nicht hin, hies mich aber, als ich ihm die
immer viel geltende Empfehlung von Herrn D’Auben-
ton uͤberreichte, nur ſeinen Namen nennen, und fordern,
was ich wollte. Ich fand dieſe erſtaunend zahlreiche
Sammlung, deren Wichtigkeit Europa laͤngſt kennt, uͤber
dem Kupferſtichkabinet in etlichen langen Saͤlen, und
traf einen jungen Mann an, der auſſerordentlich gefaͤllig
war, mich uͤberall herumfuͤhrte, und mir zuletzt den ge-
druckten Katalog vorlegte. Es ſind 4. ſtarke Folianten,
der 1te enthaͤlt die Orientaliſchen, der 2te und 3te die La-
teiniſchen, und der 4te die Griechiſchen Handſchriften.
Man
M 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/205>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.