auf der andern vor dem Haus ein See mit einer Mauer eingefaßt, und Einrichtungen zum Feuerwerk. Dieses niedliche, wohlangelegte Gebäude heist das Colise[']e. In- wendig trift man erst grosse Gänge an, da stehen Bouti- quen, die alle Galanteriewaaren auskramen. Dann sind an den Seiten die Treppen nach oben zu. In der Mitte ist ein grosser Zirkel, in dem stehen die prächtigsten Säulen, die grösten silbernen Leuchter hängen überall herab; am Platfond sieht man kostbare Gemälde, im Ton, den die Nation liebt; man geht durch kleine Stufen hinab, da sitzen Musikanten, Sängerinnen; die Leute versammeln sich da, man tanzt, plaudert etc. an den Wänden umher stehen Stühle, Canape's. Oben sind 2. Gallerien übereinander, mit rothem Plüsch ausge- schlagen, und mit rothen Stühlen, von da sieht man herab auf das Gewühl unten. Alles, was beau mon- de in Paris ist, versammelt sich Mittwochs und Sonn- tags Abend um halb 8. -- 10. -- 11. Uhr hier. Gan- ze Reihen von Karossen, Chaisen, Kabriolets, Portechai- sen etc. stehen in der Ferne hinter einander. Heute waren etliche tausend Menschen da. Man bezahlt 30. Sous Entre'e, bekomt ein Billet, und passirt durch Wachen. Erst sieht man im Garten einen Drachen, an einer ho- hen Stange, mit Pulver gefüllt, nach dem schiest man oft 6. -- 8. Wochen mit Raketen, bis ihn einer endlich anzündet, und den Preis davon trägt. Man lief herum, besah die Waaren, hörte Musik, plauderte, um halb 9. Uhr setzte sich alles vor den See, und erwartete das Feuer- werk. Um 9. Uhr gings an, etliche schwache Schüsse hinter der Mauer verkündigten es uns. Es dauerte fast eine halbe Stunde, war meist schön, einige Stücke reus- sirten nicht wegen des Winds. Weil alles im Wasser
war,
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auf der andern vor dem Haus ein See mit einer Mauer eingefaßt, und Einrichtungen zum Feuerwerk. Dieſes niedliche, wohlangelegte Gebaͤude heiſt das Coliſe[’]e. In- wendig trift man erſt groſſe Gaͤnge an, da ſtehen Bouti- quen, die alle Galanteriewaaren auskramen. Dann ſind an den Seiten die Treppen nach oben zu. In der Mitte iſt ein groſſer Zirkel, in dem ſtehen die praͤchtigſten Saͤulen, die groͤſten ſilbernen Leuchter haͤngen uͤberall herab; am Platfond ſieht man koſtbare Gemaͤlde, im Ton, den die Nation liebt; man geht durch kleine Stufen hinab, da ſitzen Muſikanten, Saͤngerinnen; die Leute verſammeln ſich da, man tanzt, plaudert ꝛc. an den Waͤnden umher ſtehen Stuͤhle, Canape’s. Oben ſind 2. Gallerien uͤbereinander, mit rothem Pluͤſch ausge- ſchlagen, und mit rothen Stuͤhlen, von da ſieht man herab auf das Gewuͤhl unten. Alles, was beau mon- de in Paris iſt, verſammelt ſich Mittwochs und Sonn- tags Abend um halb 8. — 10. — 11. Uhr hier. Gan- ze Reihen von Karoſſen, Chaiſen, Kabriolets, Portechai- ſen ꝛc. ſtehen in der Ferne hinter einander. Heute waren etliche tauſend Menſchen da. Man bezahlt 30. Sous Entre’e, bekomt ein Billet, und paſſirt durch Wachen. Erſt ſieht man im Garten einen Drachen, an einer ho- hen Stange, mit Pulver gefuͤllt, nach dem ſchieſt man oft 6. — 8. Wochen mit Raketen, bis ihn einer endlich anzuͤndet, und den Preis davon traͤgt. Man lief herum, beſah die Waaren, hoͤrte Muſik, plauderte, um halb 9. Uhr ſetzte ſich alles vor den See, und erwartete das Feuer- werk. Um 9. Uhr gings an, etliche ſchwache Schuͤſſe hinter der Mauer verkuͤndigten es uns. Es dauerte faſt eine halbe Stunde, war meiſt ſchoͤn, einige Stuͤcke reuſ- ſirten nicht wegen des Winds. Weil alles im Waſſer
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[177/0201]
auf der andern vor dem Haus ein See mit einer Mauer
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niedliche, wohlangelegte Gebaͤude heiſt das Coliſe’e. In-
wendig trift man erſt groſſe Gaͤnge an, da ſtehen Bouti-
quen, die alle Galanteriewaaren auskramen. Dann
ſind an den Seiten die Treppen nach oben zu. In der
Mitte iſt ein groſſer Zirkel, in dem ſtehen die praͤchtigſten
Saͤulen, die groͤſten ſilbernen Leuchter haͤngen uͤberall
herab; am Platfond ſieht man koſtbare Gemaͤlde, im
Ton, den die Nation liebt; man geht durch kleine
Stufen hinab, da ſitzen Muſikanten, Saͤngerinnen; die
Leute verſammeln ſich da, man tanzt, plaudert ꝛc. an
den Waͤnden umher ſtehen Stuͤhle, Canape’s. Oben
ſind 2. Gallerien uͤbereinander, mit rothem Pluͤſch ausge-
ſchlagen, und mit rothen Stuͤhlen, von da ſieht man
herab auf das Gewuͤhl unten. Alles, was beau mon-
de in Paris iſt, verſammelt ſich Mittwochs und Sonn-
tags Abend um halb 8. — 10. — 11. Uhr hier. Gan-
ze Reihen von Karoſſen, Chaiſen, Kabriolets, Portechai-
ſen ꝛc. ſtehen in der Ferne hinter einander. Heute waren
etliche tauſend Menſchen da. Man bezahlt 30. Sous
Entre’e, bekomt ein Billet, und paſſirt durch Wachen.
Erſt ſieht man im Garten einen Drachen, an einer ho-
hen Stange, mit Pulver gefuͤllt, nach dem ſchieſt man
oft 6. — 8. Wochen mit Raketen, bis ihn einer endlich
anzuͤndet, und den Preis davon traͤgt. Man lief herum,
beſah die Waaren, hoͤrte Muſik, plauderte, um halb 9.
Uhr ſetzte ſich alles vor den See, und erwartete das Feuer-
werk. Um 9. Uhr gings an, etliche ſchwache Schuͤſſe
hinter der Mauer verkuͤndigten es uns. Es dauerte faſt
eine halbe Stunde, war meiſt ſchoͤn, einige Stuͤcke reuſ-
ſirten nicht wegen des Winds. Weil alles im Waſſer
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/201>, abgerufen am 22.11.2024.
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