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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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derbarer Kleidung, in seidnen Schuhen mit grossen ro-
then Bandschleifen, in solcher weibischer geputzter Tracht,
daß man eher an jemand anders, als an einen Helden
denken möchte. Die Leibgarde neben ihm, und die
Pferde, sind aber allemahl, was man schön sagen kan.
Die Belagerung von Douay 1667. wo ein Ka-
nonenschuß hart hinterm König einen Garde du
Corps tödtet.
Das Pferd mit dem Blut, das aus
der grossen Wunde am Hinterbacken prächtig roth auf dem
weissen Grund herausquillt, im Niederstürzen, und der
Garde du Corps todt hingeschmettert, darneben, seine
Mütze auf der Erde, der König herumgekehrt, voll
Schrecken und Erstaunen, der vordre Garde du Corps
schon herab von seinem Pferde, und hinten das ganze
Gefolge voll Bestürzung; das ist ein Anblick, den man
keinem beschreiben kan. Le Sacre de Louis XIV. auch
ein kostbares Stück. Er kniet in einem blausammtnen
Mantel mit einem goldnen und purpurnen Kragen, auf
einem ebenfalls blausammtnen Teppich vor dem Erzbischof
von Rheims. Mantel, Teppich, Küssen, -- alles ist
mit goldnen Lilien besäet. Der Erzbischof faßt die Kro-
ne an beiden Seiten an, 2. andre Bischöffe darneben he-
ben noch an den Seiten, der König kniet, hinter ihm
steht ein Tisch auch mit einem blauen und goldenen Tep-
pich, die ganze Kirche ist voll von dem prächtigen Königl.
Hofstaat. Von der Flasche mit dem heiligen Oele sieht
man nichts. Tempelreinigung. O lang hab's ichs
angesehen, und indem ichs schreibe, möcht' ichs noch ein-
mahl sehen! Christus im Mannseifer streckt beide Arme
in die Höhe, in der einen einen Strick haltend, das
Auge sagt viel, das Gesicht glüht ihm, die Schafe drän-
gen sich; dort hat einer einen Ochsen am Strick, und

zerrt

derbarer Kleidung, in ſeidnen Schuhen mit groſſen ro-
then Bandſchleifen, in ſolcher weibiſcher geputzter Tracht,
daß man eher an jemand anders, als an einen Helden
denken moͤchte. Die Leibgarde neben ihm, und die
Pferde, ſind aber allemahl, was man ſchoͤn ſagen kan.
Die Belagerung von Douay 1667. wo ein Ka-
nonenſchuß hart hinterm Koͤnig einen Garde du
Corps toͤdtet.
Das Pferd mit dem Blut, das aus
der groſſen Wunde am Hinterbacken praͤchtig roth auf dem
weiſſen Grund herausquillt, im Niederſtuͤrzen, und der
Garde du Corps todt hingeſchmettert, darneben, ſeine
Muͤtze auf der Erde, der Koͤnig herumgekehrt, voll
Schrecken und Erſtaunen, der vordre Garde du Corps
ſchon herab von ſeinem Pferde, und hinten das ganze
Gefolge voll Beſtuͤrzung; das iſt ein Anblick, den man
keinem beſchreiben kan. Le Sacre de Louis XIV. auch
ein koſtbares Stuͤck. Er kniet in einem blauſammtnen
Mantel mit einem goldnen und purpurnen Kragen, auf
einem ebenfalls blauſammtnen Teppich vor dem Erzbiſchof
von Rheims. Mantel, Teppich, Kuͤſſen, — alles iſt
mit goldnen Lilien beſaͤet. Der Erzbiſchof faßt die Kro-
ne an beiden Seiten an, 2. andre Biſchoͤffe darneben he-
ben noch an den Seiten, der Koͤnig kniet, hinter ihm
ſteht ein Tiſch auch mit einem blauen und goldenen Tep-
pich, die ganze Kirche iſt voll von dem praͤchtigen Koͤnigl.
Hofſtaat. Von der Flaſche mit dem heiligen Oele ſieht
man nichts. Tempelreinigung. O lang hab’s ichs
angeſehen, und indem ichs ſchreibe, moͤcht’ ichs noch ein-
mahl ſehen! Chriſtus im Mannseifer ſtreckt beide Arme
in die Hoͤhe, in der einen einen Strick haltend, das
Auge ſagt viel, das Geſicht gluͤht ihm, die Schafe draͤn-
gen ſich; dort hat einer einen Ochſen am Strick, und

zerrt
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[150/0174] derbarer Kleidung, in ſeidnen Schuhen mit groſſen ro- then Bandſchleifen, in ſolcher weibiſcher geputzter Tracht, daß man eher an jemand anders, als an einen Helden denken moͤchte. Die Leibgarde neben ihm, und die Pferde, ſind aber allemahl, was man ſchoͤn ſagen kan. Die Belagerung von Douay 1667. wo ein Ka- nonenſchuß hart hinterm Koͤnig einen Garde du Corps toͤdtet. Das Pferd mit dem Blut, das aus der groſſen Wunde am Hinterbacken praͤchtig roth auf dem weiſſen Grund herausquillt, im Niederſtuͤrzen, und der Garde du Corps todt hingeſchmettert, darneben, ſeine Muͤtze auf der Erde, der Koͤnig herumgekehrt, voll Schrecken und Erſtaunen, der vordre Garde du Corps ſchon herab von ſeinem Pferde, und hinten das ganze Gefolge voll Beſtuͤrzung; das iſt ein Anblick, den man keinem beſchreiben kan. Le Sacre de Louis XIV. auch ein koſtbares Stuͤck. Er kniet in einem blauſammtnen Mantel mit einem goldnen und purpurnen Kragen, auf einem ebenfalls blauſammtnen Teppich vor dem Erzbiſchof von Rheims. Mantel, Teppich, Kuͤſſen, — alles iſt mit goldnen Lilien beſaͤet. Der Erzbiſchof faßt die Kro- ne an beiden Seiten an, 2. andre Biſchoͤffe darneben he- ben noch an den Seiten, der Koͤnig kniet, hinter ihm ſteht ein Tiſch auch mit einem blauen und goldenen Tep- pich, die ganze Kirche iſt voll von dem praͤchtigen Koͤnigl. Hofſtaat. Von der Flaſche mit dem heiligen Oele ſieht man nichts. Tempelreinigung. O lang hab’s ichs angeſehen, und indem ichs ſchreibe, moͤcht’ ichs noch ein- mahl ſehen! Chriſtus im Mannseifer ſtreckt beide Arme in die Hoͤhe, in der einen einen Strick haltend, das Auge ſagt viel, das Geſicht gluͤht ihm, die Schafe draͤn- gen ſich; dort hat einer einen Ochſen am Strick, und zerrt

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/174>, abgerufen am 22.11.2024.