mehr hat sie eine lange Geschichte und bildet eine Kette von gedanken- reichen Entdeckungen und Erfindungen. Sie beruht in erster Linie auf der chemischen Wirkung des Lichtes auf eine große Reihe von Sub- stanzen, auf der Wirkung des Lichtes, die Farbe dieser Substanzen zu verändern, indem es die Bildung neuer oder die Trennung bestehender chemischer Verbindungen fördert. Die Erkenntnis von einem solchen, die Farben gewisser Körper verändernden Einfluß des Sonnen- lichtes insbesondere ist uralt. Gehört doch zu dieser Gruppe von Naturerscheinungen, die man unter dem Namen Photochemie zusammen- faßt, die schon den ältesten Völkern bekannte Thatsache, daß manche Stoffe, wenn sie dem Sonnenlicht ausgesetzt werden, allmählich aus- bleichen. Auch die Erkenntnis, daß das Grün der Blätter und Pflanzen eine Folge der Sonnenstrahlung ist, gehört in dieses Gebiet; diese Erkenntnis finden wir aber schon in den Werken des Griechen Aristoteles ausgesprochen. In den letzten Jahrhunderten v. Chr. Ge- burt wurde man auch bereits darauf aufmerksam, daß manche Farben, besonders Zinnoberrot, unter der Wirkung der Lichtstrahlen von Sonne und Mond Farbenänderungen, das Zinnoberrot z. B. Schwärzung erleiden.
Erst im Mittelalter sehen wir dann eine weitere Entwickelung der Forschung und Erkenntnis auf dem Gebiete der Photochemie. Be- sondere Gelegenheit zu derartigen Entdeckungen hatten die Alchimisten bei ihren Versuchen, deren Ziele ja allerdings meist weit ab vom Wege der Wissenschaft im Zauberland von Phantasie und Mystik lagen. Sicher war schon im 16. Jahrhundert die schwärzende Wirkung der Sonne auf Silbersalze bekannt, doch gelangte man noch nicht zur vollen Einsicht, daß das Licht die Ursache des Vorgangs sei, machte sich vielmehr unklare Vorstellungen von einer dahingehenden Wirkung der Luft. Der Engländer Ray war der erste, der im Jahre 1686 be- stimmt darauf hinwies, daß z. B. das Grün der Blätter eine Folge der Sonnenstrahlung, nicht des Lufteinflusses sei.
Der Entdecker der Lichtempfindlichkeit der Silbersalze aber war der deutsche Arzt J. H. Schulze (1687--1744), der bei einem chemischen Versuch im Jahre 1727 bemerkte, daß sich eine Lösung von Scheidewasser, Silber und Kreide an den Stellen, die von der Sonne belichtet waren, violett- schwarz färbte, während die von der Sonne abgewandten Teile weiß blieben. Schulze untersuchte die Erscheinung näher und stellte vor allem fest, daß es nicht eine Wärme-, sondern eine Lichtwirkung sei, indem er seine Lösung in die Nähe eines heißen Ofens brachte, ohne eine Veränderung derselben erzielen zu können. Bald fand er auch, daß eine reine, nicht kreidehaltige, salpetersaure Silberlösung sich unter der Einwirkung des Lichtes schwarz färbte. Schulze ging aber weiter, schnitt Schablonen von Schriftzügen aus, klebte dieselben auf eine mit Silbersalz gefüllte Flasche und setzte diese der Sonne aus. Wurde dann im Dunkeln die Schablone abgenommen, so sah man die Buch-
Die vervielfältigenden Künſte.
mehr hat ſie eine lange Geſchichte und bildet eine Kette von gedanken- reichen Entdeckungen und Erfindungen. Sie beruht in erſter Linie auf der chemiſchen Wirkung des Lichtes auf eine große Reihe von Sub- ſtanzen, auf der Wirkung des Lichtes, die Farbe dieſer Subſtanzen zu verändern, indem es die Bildung neuer oder die Trennung beſtehender chemiſcher Verbindungen fördert. Die Erkenntnis von einem ſolchen, die Farben gewiſſer Körper verändernden Einfluß des Sonnen- lichtes insbeſondere iſt uralt. Gehört doch zu dieſer Gruppe von Naturerſcheinungen, die man unter dem Namen Photochemie zuſammen- faßt, die ſchon den älteſten Völkern bekannte Thatſache, daß manche Stoffe, wenn ſie dem Sonnenlicht ausgeſetzt werden, allmählich aus- bleichen. Auch die Erkenntnis, daß das Grün der Blätter und Pflanzen eine Folge der Sonnenſtrahlung iſt, gehört in dieſes Gebiet; dieſe Erkenntnis finden wir aber ſchon in den Werken des Griechen Ariſtoteles ausgeſprochen. In den letzten Jahrhunderten v. Chr. Ge- burt wurde man auch bereits darauf aufmerkſam, daß manche Farben, beſonders Zinnoberrot, unter der Wirkung der Lichtſtrahlen von Sonne und Mond Farbenänderungen, das Zinnoberrot z. B. Schwärzung erleiden.
Erſt im Mittelalter ſehen wir dann eine weitere Entwickelung der Forſchung und Erkenntnis auf dem Gebiete der Photochemie. Be- ſondere Gelegenheit zu derartigen Entdeckungen hatten die Alchimiſten bei ihren Verſuchen, deren Ziele ja allerdings meiſt weit ab vom Wege der Wiſſenſchaft im Zauberland von Phantaſie und Myſtik lagen. Sicher war ſchon im 16. Jahrhundert die ſchwärzende Wirkung der Sonne auf Silberſalze bekannt, doch gelangte man noch nicht zur vollen Einſicht, daß das Licht die Urſache des Vorgangs ſei, machte ſich vielmehr unklare Vorſtellungen von einer dahingehenden Wirkung der Luft. Der Engländer Ray war der erſte, der im Jahre 1686 be- ſtimmt darauf hinwies, daß z. B. das Grün der Blätter eine Folge der Sonnenſtrahlung, nicht des Lufteinfluſſes ſei.
Der Entdecker der Lichtempfindlichkeit der Silberſalze aber war der deutſche Arzt J. H. Schulze (1687—1744), der bei einem chemiſchen Verſuch im Jahre 1727 bemerkte, daß ſich eine Löſung von Scheidewaſſer, Silber und Kreide an den Stellen, die von der Sonne belichtet waren, violett- ſchwarz färbte, während die von der Sonne abgewandten Teile weiß blieben. Schulze unterſuchte die Erſcheinung näher und ſtellte vor allem feſt, daß es nicht eine Wärme-, ſondern eine Lichtwirkung ſei, indem er ſeine Löſung in die Nähe eines heißen Ofens brachte, ohne eine Veränderung derſelben erzielen zu können. Bald fand er auch, daß eine reine, nicht kreidehaltige, ſalpeterſaure Silberlöſung ſich unter der Einwirkung des Lichtes ſchwarz färbte. Schulze ging aber weiter, ſchnitt Schablonen von Schriftzügen aus, klebte dieſelben auf eine mit Silberſalz gefüllte Flaſche und ſetzte dieſe der Sonne aus. Wurde dann im Dunkeln die Schablone abgenommen, ſo ſah man die Buch-
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Die vervielfältigenden Künſte.
mehr hat ſie eine lange Geſchichte und bildet eine Kette von gedanken-
reichen Entdeckungen und Erfindungen. Sie beruht in erſter Linie auf
der chemiſchen Wirkung des Lichtes auf eine große Reihe von Sub-
ſtanzen, auf der Wirkung des Lichtes, die Farbe dieſer Subſtanzen
zu verändern, indem es die Bildung neuer oder die Trennung
beſtehender chemiſcher Verbindungen fördert. Die Erkenntnis von einem
ſolchen, die Farben gewiſſer Körper verändernden Einfluß des Sonnen-
lichtes insbeſondere iſt uralt. Gehört doch zu dieſer Gruppe von
Naturerſcheinungen, die man unter dem Namen Photochemie zuſammen-
faßt, die ſchon den älteſten Völkern bekannte Thatſache, daß manche
Stoffe, wenn ſie dem Sonnenlicht ausgeſetzt werden, allmählich aus-
bleichen. Auch die Erkenntnis, daß das Grün der Blätter und
Pflanzen eine Folge der Sonnenſtrahlung iſt, gehört in dieſes Gebiet;
dieſe Erkenntnis finden wir aber ſchon in den Werken des Griechen
Ariſtoteles ausgeſprochen. In den letzten Jahrhunderten v. Chr. Ge-
burt wurde man auch bereits darauf aufmerkſam, daß manche
Farben, beſonders Zinnoberrot, unter der Wirkung der Lichtſtrahlen
von Sonne und Mond Farbenänderungen, das Zinnoberrot z. B.
Schwärzung erleiden.
Erſt im Mittelalter ſehen wir dann eine weitere Entwickelung der
Forſchung und Erkenntnis auf dem Gebiete der Photochemie. Be-
ſondere Gelegenheit zu derartigen Entdeckungen hatten die Alchimiſten
bei ihren Verſuchen, deren Ziele ja allerdings meiſt weit ab vom Wege
der Wiſſenſchaft im Zauberland von Phantaſie und Myſtik lagen.
Sicher war ſchon im 16. Jahrhundert die ſchwärzende Wirkung der
Sonne auf Silberſalze bekannt, doch gelangte man noch nicht zur
vollen Einſicht, daß das Licht die Urſache des Vorgangs ſei, machte
ſich vielmehr unklare Vorſtellungen von einer dahingehenden Wirkung der
Luft. Der Engländer Ray war der erſte, der im Jahre 1686 be-
ſtimmt darauf hinwies, daß z. B. das Grün der Blätter eine Folge
der Sonnenſtrahlung, nicht des Lufteinfluſſes ſei.
Der Entdecker der Lichtempfindlichkeit der Silberſalze aber war der
deutſche Arzt J. H. Schulze (1687—1744), der bei einem chemiſchen Verſuch
im Jahre 1727 bemerkte, daß ſich eine Löſung von Scheidewaſſer, Silber
und Kreide an den Stellen, die von der Sonne belichtet waren, violett-
ſchwarz färbte, während die von der Sonne abgewandten Teile weiß
blieben. Schulze unterſuchte die Erſcheinung näher und ſtellte vor
allem feſt, daß es nicht eine Wärme-, ſondern eine Lichtwirkung ſei,
indem er ſeine Löſung in die Nähe eines heißen Ofens brachte, ohne
eine Veränderung derſelben erzielen zu können. Bald fand er auch,
daß eine reine, nicht kreidehaltige, ſalpeterſaure Silberlöſung ſich unter
der Einwirkung des Lichtes ſchwarz färbte. Schulze ging aber weiter,
ſchnitt Schablonen von Schriftzügen aus, klebte dieſelben auf eine mit
Silberſalz gefüllte Flaſche und ſetzte dieſe der Sonne aus. Wurde
dann im Dunkeln die Schablone abgenommen, ſo ſah man die Buch-
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 978. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/996>, abgerufen am 22.11.2024.
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