dann jedenfalls sehr schnell und zwar besonders in Deutschland, wo Albrecht Dürer auch diesem Zweige künstlerischen Vervielfältigungs- verfahrens ein Förderer wurde und eine der wichtigsten Kupferstech- manieren, die Radier- oder Ätzmanier, erfand. Einen besonderen Auf- schwung und besondere technische Vervollkommnung erfuhr sie aber in der Zeit des großen Malers Rubens (1577 bis 1640); gelang es doch den damaligen Meistern, was man bis dahin nicht gekonnt hatte, die Farbentöne auf dem Kupferstich durch die Art der Behandlung zum Ausdruck und zur Unterscheidung zu bringen. Eine Blütezeit des Kupferstichs brachte das vorige Jahrhundert. Aber auch in diesem Jahrhundert haben der Stahlstich und die vielen anderen Verviel- fältigungsmethoden es immer nur vermocht, auf kurze Zeit den Kupfer- stich zurückzudrängen, der aus dem sich dann erhebenden Wettkampfe schließlich immer wieder als Sieger hervorging. Die Weichheit des Holzschnitts und die Feinheit des Stahlstichs vereinigt heute der Kupfer- stich in vollendetster Weise.
Das wesentliche, was den Kupferstich und ebenso den Stahlstich vom Holzschnitt unterscheidet, ist, daß bei letzterem die Figuren, die Schatten, kurz alles, was im Druck schwarz erscheinen soll, erhaben stehen bleibt, während bei Kupfer- und Stahlstich gerade diese Stellen vertieft, mit dem Stichel oder der Nadel ausgearbeitet werden und die weißen Stellen erhaben stehen bleiben.
Der Druck von Kupferstich und Stahlstich kann daher auch nicht in direkter Verbindung mit dem gewöhnlichen Druck vorgenommen werden, wie das beim Holzschnitt der Fall ist. Es werden vielmehr die vertieften Stellen mit Druckerschwärze angefüllt und dann wird diese glatt abgestrichen und von den hochstehenden Teilen des Stichs sauber abgewischt. Darauf wird das Druckpapier auf den Stich gelegt und mittels Presse ein Abdruck genommen. Zuweilen wird auch ein leichter Hauch von Druckerschwärze auf den Erhöhungen belassen, um eine sattere Tönung des Stiches zu erhalten. Leider ist der Kupfer- stich gegen den Abdruck nicht sehr widerstandsfähig, sodaß die späteren Abzüge an Schönheit sehr hinter den ersten, den sogenannten "avant la lettre" zurückstehen. Der Stahlstich erlaubt, ungefähr 12 mal so viel Abzüge zu machen, wie der Kupferstich. Doch hat man in neuester Zeit in der Galvanoplastik (vgl. S. 137 ff.) ein Mittel gefunden, diesem Übelstande abzuhelfen. Noch ein anderes Verfahren, das der Verstählung der Kupferplatten auch auf galvanischem Wege ist in den letzten Jahren erfunden, das in noch einfacherer Weise den gleichen Zweck erreichen läßt.
Wenden wir nun noch einen kurzen Blick auf die verschiedenen Manieren der Kupferstecherkunst, so haben wir als wesentlichste 1) die Linienmanier, 2) die Punktiermanier, 3) die Radiermanier oder Ätz- kunst, 4) die Schwarzkunst und 5) die Aquatinta- oder Tuschmanier zu erwähnen.
Der Kupferſtich.
dann jedenfalls ſehr ſchnell und zwar beſonders in Deutſchland, wo Albrecht Dürer auch dieſem Zweige künſtleriſchen Vervielfältigungs- verfahrens ein Förderer wurde und eine der wichtigſten Kupferſtech- manieren, die Radier- oder Ätzmanier, erfand. Einen beſonderen Auf- ſchwung und beſondere techniſche Vervollkommnung erfuhr ſie aber in der Zeit des großen Malers Rubens (1577 bis 1640); gelang es doch den damaligen Meiſtern, was man bis dahin nicht gekonnt hatte, die Farbentöne auf dem Kupferſtich durch die Art der Behandlung zum Ausdruck und zur Unterſcheidung zu bringen. Eine Blütezeit des Kupferſtichs brachte das vorige Jahrhundert. Aber auch in dieſem Jahrhundert haben der Stahlſtich und die vielen anderen Verviel- fältigungsmethoden es immer nur vermocht, auf kurze Zeit den Kupfer- ſtich zurückzudrängen, der aus dem ſich dann erhebenden Wettkampfe ſchließlich immer wieder als Sieger hervorging. Die Weichheit des Holzſchnitts und die Feinheit des Stahlſtichs vereinigt heute der Kupfer- ſtich in vollendetſter Weiſe.
Das weſentliche, was den Kupferſtich und ebenſo den Stahlſtich vom Holzſchnitt unterſcheidet, iſt, daß bei letzterem die Figuren, die Schatten, kurz alles, was im Druck ſchwarz erſcheinen ſoll, erhaben ſtehen bleibt, während bei Kupfer- und Stahlſtich gerade dieſe Stellen vertieft, mit dem Stichel oder der Nadel ausgearbeitet werden und die weißen Stellen erhaben ſtehen bleiben.
Der Druck von Kupferſtich und Stahlſtich kann daher auch nicht in direkter Verbindung mit dem gewöhnlichen Druck vorgenommen werden, wie das beim Holzſchnitt der Fall iſt. Es werden vielmehr die vertieften Stellen mit Druckerſchwärze angefüllt und dann wird dieſe glatt abgeſtrichen und von den hochſtehenden Teilen des Stichs ſauber abgewiſcht. Darauf wird das Druckpapier auf den Stich gelegt und mittels Preſſe ein Abdruck genommen. Zuweilen wird auch ein leichter Hauch von Druckerſchwärze auf den Erhöhungen belaſſen, um eine ſattere Tönung des Stiches zu erhalten. Leider iſt der Kupfer- ſtich gegen den Abdruck nicht ſehr widerſtandsfähig, ſodaß die ſpäteren Abzüge an Schönheit ſehr hinter den erſten, den ſogenannten „avant la lettre“ zurückſtehen. Der Stahlſtich erlaubt, ungefähr 12 mal ſo viel Abzüge zu machen, wie der Kupferſtich. Doch hat man in neueſter Zeit in der Galvanoplaſtik (vgl. S. 137 ff.) ein Mittel gefunden, dieſem Übelſtande abzuhelfen. Noch ein anderes Verfahren, das der Verſtählung der Kupferplatten auch auf galvaniſchem Wege iſt in den letzten Jahren erfunden, das in noch einfacherer Weiſe den gleichen Zweck erreichen läßt.
Wenden wir nun noch einen kurzen Blick auf die verſchiedenen Manieren der Kupferſtecherkunſt, ſo haben wir als weſentlichſte 1) die Linienmanier, 2) die Punktiermanier, 3) die Radiermanier oder Ätz- kunſt, 4) die Schwarzkunſt und 5) die Aquatinta- oder Tuſchmanier zu erwähnen.
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Der Kupferſtich.
dann jedenfalls ſehr ſchnell und zwar beſonders in Deutſchland, wo
Albrecht Dürer auch dieſem Zweige künſtleriſchen Vervielfältigungs-
verfahrens ein Förderer wurde und eine der wichtigſten Kupferſtech-
manieren, die Radier- oder Ätzmanier, erfand. Einen beſonderen Auf-
ſchwung und beſondere techniſche Vervollkommnung erfuhr ſie aber in
der Zeit des großen Malers Rubens (1577 bis 1640); gelang es
doch den damaligen Meiſtern, was man bis dahin nicht gekonnt hatte,
die Farbentöne auf dem Kupferſtich durch die Art der Behandlung
zum Ausdruck und zur Unterſcheidung zu bringen. Eine Blütezeit des
Kupferſtichs brachte das vorige Jahrhundert. Aber auch in dieſem
Jahrhundert haben der Stahlſtich und die vielen anderen Verviel-
fältigungsmethoden es immer nur vermocht, auf kurze Zeit den Kupfer-
ſtich zurückzudrängen, der aus dem ſich dann erhebenden Wettkampfe
ſchließlich immer wieder als Sieger hervorging. Die Weichheit des
Holzſchnitts und die Feinheit des Stahlſtichs vereinigt heute der Kupfer-
ſtich in vollendetſter Weiſe.
Das weſentliche, was den Kupferſtich und ebenſo den Stahlſtich
vom Holzſchnitt unterſcheidet, iſt, daß bei letzterem die Figuren, die
Schatten, kurz alles, was im Druck ſchwarz erſcheinen ſoll, erhaben
ſtehen bleibt, während bei Kupfer- und Stahlſtich gerade dieſe Stellen
vertieft, mit dem Stichel oder der Nadel ausgearbeitet werden und
die weißen Stellen erhaben ſtehen bleiben.
Der Druck von Kupferſtich und Stahlſtich kann daher auch nicht
in direkter Verbindung mit dem gewöhnlichen Druck vorgenommen
werden, wie das beim Holzſchnitt der Fall iſt. Es werden vielmehr
die vertieften Stellen mit Druckerſchwärze angefüllt und dann wird
dieſe glatt abgeſtrichen und von den hochſtehenden Teilen des Stichs
ſauber abgewiſcht. Darauf wird das Druckpapier auf den Stich gelegt
und mittels Preſſe ein Abdruck genommen. Zuweilen wird auch ein
leichter Hauch von Druckerſchwärze auf den Erhöhungen belaſſen, um
eine ſattere Tönung des Stiches zu erhalten. Leider iſt der Kupfer-
ſtich gegen den Abdruck nicht ſehr widerſtandsfähig, ſodaß die ſpäteren
Abzüge an Schönheit ſehr hinter den erſten, den ſogenannten „avant
la lettre“ zurückſtehen. Der Stahlſtich erlaubt, ungefähr 12 mal ſo
viel Abzüge zu machen, wie der Kupferſtich. Doch hat man in
neueſter Zeit in der Galvanoplaſtik (vgl. S. 137 ff.) ein Mittel gefunden,
dieſem Übelſtande abzuhelfen. Noch ein anderes Verfahren, das der
Verſtählung der Kupferplatten auch auf galvaniſchem Wege iſt in den
letzten Jahren erfunden, das in noch einfacherer Weiſe den gleichen
Zweck erreichen läßt.
Wenden wir nun noch einen kurzen Blick auf die verſchiedenen
Manieren der Kupferſtecherkunſt, ſo haben wir als weſentlichſte 1) die
Linienmanier, 2) die Punktiermanier, 3) die Radiermanier oder Ätz-
kunſt, 4) die Schwarzkunſt und 5) die Aquatinta- oder Tuſchmanier
zu erwähnen.
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 969. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/987>, abgerufen am 25.11.2024.
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