man die Blindscheibe b vor die Waschscheibe w. Die Walze T kann durch einen Hebel, der mit einem Kurbelrädchen in Thätigkeit gesetzt wird, gehoben oder gesenkt werden. Beim Ganzzeugholländer findet letzteres statt, sodaß die Messer einander mehr genähert werden; außerdem wird dann die Trommel T in schnellere Rotation versetzt. Während man dieselbe im Halbzeugholländer nur höchstens 180 Umdrehungen in der Minute machen läßt, steigert man diese Zahl im Ganzzeug- holländer bis auf 220. Die Messer an der Trommel sind übrigens mit ihrer Schärfe derjenigen der festen Messer entgegengesetzt, sodaß nicht wie bei einer Schere ein Zerschneiden, sondern vielmehr ein Zer- reißen der Hadern stattfindet.
Was geschieht nun mit der so gewonnenen wässerigen Fasermasse, dem Halbzeug? Dasselbe muß zunächst entwässert und gebleicht werden. Die Entwässerung findet entweder durch gewaltsames kreisendes Schleudern statt oder besser durch Pressen in der Halbzeugpresse, die eine Art Pappe liefert, welche sich sehr gut bleichen läßt. Das Bleichen erfolgte in früherer Zeit unmittelbar nach dem Kochen, jetzt aber erst nach der Halbzeugbereitung im Bleichholländer. Man unterscheidet die Gasbleiche und die Naßbleiche. Der Gasbleiche muß eine gute Ent- wässerung vorangehen, während diese, im Falle man die weit praktischere Naßbleiche anwendet, erst nachher vor sich geht. Zur Gasbleiche wird Chlor in gasförmigem Zustand verwandt, während bei der Naßbleiche Chlorkalk zur Benutzung gelangt. Man setzt gewöhnlich, um eine stärkere Bleichung zu erzielen, dem Chlorkalk Schwefelsäure zu. Diese bindet nämlich einen großen Teil des Kalkes, so daß die in Chlorkalk thatsächlich bleichend wirkende Substanz, das Chlor in größerer Menge frei wird. Ist die Bleiche beendet, so ist es erforderlich, das Chlor und die Säure wieder völlig aus dem Halbzeug zu entfernen. Dies findet durch mehrfaches Waschen teils mitreinem Wasser, teils mit schweflig- oder unterschwefligsaurem Natron statt.
Jetzt ist das Halbzeug soweit präpariert, um in den Ganzzeug- holländer zu kommen, in dem außer der oben schon erwähnten weiteren Zerkleinerung des Halbzeugs zu Ganzzeug meist noch gleichzeitig andere Operationen vorgenommen werden. Erstens erfolgt gewöhnlich das Mischen der verschiedenen Papiersorten, soweit dieselben zu einem und demselben Papier Verwendung finden sollen, im Ganzzeugholländer und zwar in der Weise, daß die Sorten, die noch am meisten mechanischer Verarbeitung bedürfen, zuerst, die feineren aber erst später in den Apparat gethan werden. Manche Fabrikanten mischen erst das fertige Ganzzeug, wobei sie sich eines besonderen Holländers, des Misch- holländers, bedienen. Ferner muß das Papier geleimt werden, da sonst zu leicht Flüssigkeiten in seine Poren eindringen würden, wie es bei dem ungeleimten Lösch- und Fließpapier der Fall ist. Wir haben bereits oben erwähnt, daß in früheren Zeiten die fertigen Bogen einzeln geleimt wurden, was natürlich sehr zeitraubend war. Die jetzt an-
Die Erfindung des Papiers.
man die Blindſcheibe b vor die Waſchſcheibe w. Die Walze T kann durch einen Hebel, der mit einem Kurbelrädchen in Thätigkeit geſetzt wird, gehoben oder geſenkt werden. Beim Ganzzeugholländer findet letzteres ſtatt, ſodaß die Meſſer einander mehr genähert werden; außerdem wird dann die Trommel T in ſchnellere Rotation verſetzt. Während man dieſelbe im Halbzeugholländer nur höchſtens 180 Umdrehungen in der Minute machen läßt, ſteigert man dieſe Zahl im Ganzzeug- holländer bis auf 220. Die Meſſer an der Trommel ſind übrigens mit ihrer Schärfe derjenigen der feſten Meſſer entgegengeſetzt, ſodaß nicht wie bei einer Schere ein Zerſchneiden, ſondern vielmehr ein Zer- reißen der Hadern ſtattfindet.
Was geſchieht nun mit der ſo gewonnenen wäſſerigen Faſermaſſe, dem Halbzeug? Dasſelbe muß zunächſt entwäſſert und gebleicht werden. Die Entwäſſerung findet entweder durch gewaltſames kreiſendes Schleudern ſtatt oder beſſer durch Preſſen in der Halbzeugpreſſe, die eine Art Pappe liefert, welche ſich ſehr gut bleichen läßt. Das Bleichen erfolgte in früherer Zeit unmittelbar nach dem Kochen, jetzt aber erſt nach der Halbzeugbereitung im Bleichholländer. Man unterſcheidet die Gasbleiche und die Naßbleiche. Der Gasbleiche muß eine gute Ent- wäſſerung vorangehen, während dieſe, im Falle man die weit praktiſchere Naßbleiche anwendet, erſt nachher vor ſich geht. Zur Gasbleiche wird Chlor in gasförmigem Zuſtand verwandt, während bei der Naßbleiche Chlorkalk zur Benutzung gelangt. Man ſetzt gewöhnlich, um eine ſtärkere Bleichung zu erzielen, dem Chlorkalk Schwefelſäure zu. Dieſe bindet nämlich einen großen Teil des Kalkes, ſo daß die in Chlorkalk thatſächlich bleichend wirkende Subſtanz, das Chlor in größerer Menge frei wird. Iſt die Bleiche beendet, ſo iſt es erforderlich, das Chlor und die Säure wieder völlig aus dem Halbzeug zu entfernen. Dies findet durch mehrfaches Waſchen teils mitreinem Waſſer, teils mit ſchweflig- oder unterſchwefligſaurem Natron ſtatt.
Jetzt iſt das Halbzeug ſoweit präpariert, um in den Ganzzeug- holländer zu kommen, in dem außer der oben ſchon erwähnten weiteren Zerkleinerung des Halbzeugs zu Ganzzeug meiſt noch gleichzeitig andere Operationen vorgenommen werden. Erſtens erfolgt gewöhnlich das Miſchen der verſchiedenen Papierſorten, ſoweit dieſelben zu einem und demſelben Papier Verwendung finden ſollen, im Ganzzeugholländer und zwar in der Weiſe, daß die Sorten, die noch am meiſten mechaniſcher Verarbeitung bedürfen, zuerſt, die feineren aber erſt ſpäter in den Apparat gethan werden. Manche Fabrikanten miſchen erſt das fertige Ganzzeug, wobei ſie ſich eines beſonderen Holländers, des Miſch- holländers, bedienen. Ferner muß das Papier geleimt werden, da ſonſt zu leicht Flüſſigkeiten in ſeine Poren eindringen würden, wie es bei dem ungeleimten Löſch- und Fließpapier der Fall iſt. Wir haben bereits oben erwähnt, daß in früheren Zeiten die fertigen Bogen einzeln geleimt wurden, was natürlich ſehr zeitraubend war. Die jetzt an-
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[927/0945]
Die Erfindung des Papiers.
man die Blindſcheibe b vor die Waſchſcheibe w. Die Walze T kann
durch einen Hebel, der mit einem Kurbelrädchen in Thätigkeit geſetzt
wird, gehoben oder geſenkt werden. Beim Ganzzeugholländer findet
letzteres ſtatt, ſodaß die Meſſer einander mehr genähert werden; außerdem
wird dann die Trommel T in ſchnellere Rotation verſetzt. Während
man dieſelbe im Halbzeugholländer nur höchſtens 180 Umdrehungen
in der Minute machen läßt, ſteigert man dieſe Zahl im Ganzzeug-
holländer bis auf 220. Die Meſſer an der Trommel ſind übrigens
mit ihrer Schärfe derjenigen der feſten Meſſer entgegengeſetzt, ſodaß
nicht wie bei einer Schere ein Zerſchneiden, ſondern vielmehr ein Zer-
reißen der Hadern ſtattfindet.
Was geſchieht nun mit der ſo gewonnenen wäſſerigen Faſermaſſe,
dem Halbzeug? Dasſelbe muß zunächſt entwäſſert und gebleicht
werden. Die Entwäſſerung findet entweder durch gewaltſames kreiſendes
Schleudern ſtatt oder beſſer durch Preſſen in der Halbzeugpreſſe, die
eine Art Pappe liefert, welche ſich ſehr gut bleichen läßt. Das Bleichen
erfolgte in früherer Zeit unmittelbar nach dem Kochen, jetzt aber erſt
nach der Halbzeugbereitung im Bleichholländer. Man unterſcheidet die
Gasbleiche und die Naßbleiche. Der Gasbleiche muß eine gute Ent-
wäſſerung vorangehen, während dieſe, im Falle man die weit praktiſchere
Naßbleiche anwendet, erſt nachher vor ſich geht. Zur Gasbleiche wird
Chlor in gasförmigem Zuſtand verwandt, während bei der Naßbleiche
Chlorkalk zur Benutzung gelangt. Man ſetzt gewöhnlich, um eine
ſtärkere Bleichung zu erzielen, dem Chlorkalk Schwefelſäure zu. Dieſe
bindet nämlich einen großen Teil des Kalkes, ſo daß die in Chlorkalk
thatſächlich bleichend wirkende Subſtanz, das Chlor in größerer Menge
frei wird. Iſt die Bleiche beendet, ſo iſt es erforderlich, das Chlor
und die Säure wieder völlig aus dem Halbzeug zu entfernen. Dies
findet durch mehrfaches Waſchen teils mitreinem Waſſer, teils mit
ſchweflig- oder unterſchwefligſaurem Natron ſtatt.
Jetzt iſt das Halbzeug ſoweit präpariert, um in den Ganzzeug-
holländer zu kommen, in dem außer der oben ſchon erwähnten weiteren
Zerkleinerung des Halbzeugs zu Ganzzeug meiſt noch gleichzeitig andere
Operationen vorgenommen werden. Erſtens erfolgt gewöhnlich das
Miſchen der verſchiedenen Papierſorten, ſoweit dieſelben zu einem und
demſelben Papier Verwendung finden ſollen, im Ganzzeugholländer
und zwar in der Weiſe, daß die Sorten, die noch am meiſten mechaniſcher
Verarbeitung bedürfen, zuerſt, die feineren aber erſt ſpäter in den
Apparat gethan werden. Manche Fabrikanten miſchen erſt das fertige
Ganzzeug, wobei ſie ſich eines beſonderen Holländers, des Miſch-
holländers, bedienen. Ferner muß das Papier geleimt werden, da ſonſt
zu leicht Flüſſigkeiten in ſeine Poren eindringen würden, wie es bei dem
ungeleimten Löſch- und Fließpapier der Fall iſt. Wir haben bereits
oben erwähnt, daß in früheren Zeiten die fertigen Bogen einzeln
geleimt wurden, was natürlich ſehr zeitraubend war. Die jetzt an-
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 927. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/945>, abgerufen am 23.11.2024.
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