Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Fernrohr.
allen Größen von 15 bis 102 cm angefertigt hat -- half ihm im
Jahre 1781 den Planeten Uranus entdecken, eine neue Welt den seit
den ältesten Zeiten bekannten hinzufügen. Der gewaltige Spiegel von
102 cm Durchmesser, zu dem ein Rohr von 12 m Länge gehörte, und
dessen Vollendung in das Jahr 1789 fällt, hat zwei Saturntrabanten
finden helfen, bei der Suche nach Nebelflecken hervorragende Dienste
geleistet und manchen Doppelstern zum wissenschaftlichen Dasein ge-
bracht. Nur zehn Jahre hat er indessen seinem Zwecke gedient, denn
die Metallspiegel zeigten nie eine solche Konstanz, um lange brauchbar
zu bleiben. Mit Herschels Riesenspiegel war der Höhepunkt in der
Entwickelung dieser Art Fernröhre erreicht. Zwar hat man neuerdings
in den versilberten Glasspiegeln einen vorzüglichen verhältnismäßig
billigen Ersatz gefunden, und damit sind die Kosten eines Spiegel-
teleskops weit geringer geworden als die eines ebenbürtigen Refraktors;
aber ihre Konstanz ist nicht wesentlich gewachsen, und für die Aus-
breitung unserer Herrschaft am Himmel haben sie deshalb wenig mehr
vermocht. Nur in der Himmelsphotographie scheinen sie zur Zeit noch
den Refraktoren überlegen zu sein, und die schönen Lichtbilder von
Nebeln, welche Roberts in Liverpool mit einem Spiegel von
50 cm und Common in Ealing bei London mit einem solchen
von fast 1 m Durchmesser erlangt haben, sind die besten, die bisher
bekannt geworden sind. Es erübrigt nur, die größten derartigen In-
strumente zu erwähnen, um von den Fortschritten, die auch hier die
Technik gemacht hat, eine Ahnung zu geben. Lord Rosse zu Par-
sonstown in Irland fertigte drei Spiegel, deren zwei 90 cm messen,
während der dritte im Jahre 1845 vollendete gar die doppelte Aus-
dehnung erreicht -- das größte im Gebrauch befindliche astronomische
Werkzeug. Seit 1870 besitzt die Sternwarte zu Melbourne ein Spiegel-
teleskop von 120 cm Öffnung, welches dem Geschick des englischen
Mechanikers Grubb seine Entstehung verdankt. Alle bisher erwähnten
Spiegel wurden aus einer besonderen Metallmischung, dem Spiegel-
metall, hergestellt. Die ersten größeren Glasspiegel entstanden in
Amerika, wo Draper 1858 einen von 38 cm und bald nachher einen
solchen von 70 cm fertigte. Die größten Glasspiegel befinden sich jetzt
in Frankreich, darunter einer von 120 cm auf der Pariser Sternwarte,
welchen wir in Fig. 497 abbilden, während in England Spiegel bis
zu 150 cm Durchmesser mit dem nötigen Zubehör für die gehörige
genaue Bewegung im Gebrauche sind. Für die feineren Untersuchungen,
bei denen die Struktur der Gestirne näher ergründet werden soll, ist
und bleibt aber der Refraktor ohne Nebenbuhler. Zwei Nachteile des
Spiegelteleskops liegen ja auf der Hand. Einmal wirft nämlich jeder
Spiegel nur einen Teil der auffallenden Strahlen zurück, während er
die übrigen verschluckt -- man muß daher die Ausdehnung der Spiegel
fortdauernd steigern, um eine genügende Wirkung zu erzielen, und dann
werden die Instrumente ihrer Größe wegen sehr unhandlich; Ver-

Das Fernrohr.
allen Größen von 15 bis 102 cm angefertigt hat — half ihm im
Jahre 1781 den Planeten Uranus entdecken, eine neue Welt den ſeit
den älteſten Zeiten bekannten hinzufügen. Der gewaltige Spiegel von
102 cm Durchmeſſer, zu dem ein Rohr von 12 m Länge gehörte, und
deſſen Vollendung in das Jahr 1789 fällt, hat zwei Saturntrabanten
finden helfen, bei der Suche nach Nebelflecken hervorragende Dienſte
geleiſtet und manchen Doppelſtern zum wiſſenſchaftlichen Daſein ge-
bracht. Nur zehn Jahre hat er indeſſen ſeinem Zwecke gedient, denn
die Metallſpiegel zeigten nie eine ſolche Konſtanz, um lange brauchbar
zu bleiben. Mit Herſchels Rieſenſpiegel war der Höhepunkt in der
Entwickelung dieſer Art Fernröhre erreicht. Zwar hat man neuerdings
in den verſilberten Glasſpiegeln einen vorzüglichen verhältnismäßig
billigen Erſatz gefunden, und damit ſind die Koſten eines Spiegel-
teleſkops weit geringer geworden als die eines ebenbürtigen Refraktors;
aber ihre Konſtanz iſt nicht weſentlich gewachſen, und für die Aus-
breitung unſerer Herrſchaft am Himmel haben ſie deshalb wenig mehr
vermocht. Nur in der Himmelsphotographie ſcheinen ſie zur Zeit noch
den Refraktoren überlegen zu ſein, und die ſchönen Lichtbilder von
Nebeln, welche Roberts in Liverpool mit einem Spiegel von
50 cm und Common in Ealing bei London mit einem ſolchen
von faſt 1 m Durchmeſſer erlangt haben, ſind die beſten, die bisher
bekannt geworden ſind. Es erübrigt nur, die größten derartigen In-
ſtrumente zu erwähnen, um von den Fortſchritten, die auch hier die
Technik gemacht hat, eine Ahnung zu geben. Lord Roſſe zu Par-
ſonstown in Irland fertigte drei Spiegel, deren zwei 90 cm meſſen,
während der dritte im Jahre 1845 vollendete gar die doppelte Aus-
dehnung erreicht — das größte im Gebrauch befindliche aſtronomiſche
Werkzeug. Seit 1870 beſitzt die Sternwarte zu Melbourne ein Spiegel-
teleſkop von 120 cm Öffnung, welches dem Geſchick des engliſchen
Mechanikers Grubb ſeine Entſtehung verdankt. Alle bisher erwähnten
Spiegel wurden aus einer beſonderen Metallmiſchung, dem Spiegel-
metall, hergeſtellt. Die erſten größeren Glasſpiegel entſtanden in
Amerika, wo Draper 1858 einen von 38 cm und bald nachher einen
ſolchen von 70 cm fertigte. Die größten Glasſpiegel befinden ſich jetzt
in Frankreich, darunter einer von 120 cm auf der Pariſer Sternwarte,
welchen wir in Fig. 497 abbilden, während in England Spiegel bis
zu 150 cm Durchmeſſer mit dem nötigen Zubehör für die gehörige
genaue Bewegung im Gebrauche ſind. Für die feineren Unterſuchungen,
bei denen die Struktur der Geſtirne näher ergründet werden ſoll, iſt
und bleibt aber der Refraktor ohne Nebenbuhler. Zwei Nachteile des
Spiegelteleſkops liegen ja auf der Hand. Einmal wirft nämlich jeder
Spiegel nur einen Teil der auffallenden Strahlen zurück, während er
die übrigen verſchluckt — man muß daher die Ausdehnung der Spiegel
fortdauernd ſteigern, um eine genügende Wirkung zu erzielen, und dann
werden die Inſtrumente ihrer Größe wegen ſehr unhandlich; Ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0929" n="911"/><fw place="top" type="header">Das Fernrohr.</fw><lb/>
allen Größen von 15 bis 102 <hi rendition="#aq">cm</hi> angefertigt hat &#x2014; half ihm im<lb/>
Jahre 1781 den Planeten Uranus entdecken, eine neue Welt den &#x017F;eit<lb/>
den älte&#x017F;ten Zeiten bekannten hinzufügen. Der gewaltige Spiegel von<lb/>
102 <hi rendition="#aq">cm</hi> Durchme&#x017F;&#x017F;er, zu dem ein Rohr von 12 <hi rendition="#aq">m</hi> Länge gehörte, und<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Vollendung in das Jahr 1789 fällt, hat zwei Saturntrabanten<lb/>
finden helfen, bei der Suche nach Nebelflecken hervorragende Dien&#x017F;te<lb/>
gelei&#x017F;tet und manchen Doppel&#x017F;tern zum wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Da&#x017F;ein ge-<lb/>
bracht. Nur zehn Jahre hat er inde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;einem Zwecke gedient, denn<lb/>
die Metall&#x017F;piegel zeigten nie eine &#x017F;olche Kon&#x017F;tanz, um lange brauchbar<lb/>
zu bleiben. Mit Her&#x017F;chels Rie&#x017F;en&#x017F;piegel war der Höhepunkt in der<lb/>
Entwickelung die&#x017F;er Art Fernröhre erreicht. Zwar hat man neuerdings<lb/>
in den ver&#x017F;ilberten Glas&#x017F;piegeln einen vorzüglichen verhältnismäßig<lb/>
billigen Er&#x017F;atz gefunden, und damit &#x017F;ind die Ko&#x017F;ten eines Spiegel-<lb/>
tele&#x017F;kops weit geringer geworden als die eines ebenbürtigen Refraktors;<lb/>
aber ihre Kon&#x017F;tanz i&#x017F;t nicht we&#x017F;entlich gewach&#x017F;en, und für die Aus-<lb/>
breitung un&#x017F;erer Herr&#x017F;chaft am Himmel haben &#x017F;ie deshalb wenig mehr<lb/>
vermocht. Nur in der Himmelsphotographie &#x017F;cheinen &#x017F;ie zur Zeit noch<lb/>
den Refraktoren überlegen zu &#x017F;ein, und die &#x017F;chönen Lichtbilder von<lb/>
Nebeln, welche Roberts in Liverpool mit einem Spiegel von<lb/>
50 <hi rendition="#aq">cm</hi> und Common in Ealing bei London mit einem &#x017F;olchen<lb/>
von fa&#x017F;t 1 <hi rendition="#aq">m</hi> Durchme&#x017F;&#x017F;er erlangt haben, &#x017F;ind die be&#x017F;ten, die bisher<lb/>
bekannt geworden &#x017F;ind. Es erübrigt nur, die größten derartigen In-<lb/>
&#x017F;trumente zu erwähnen, um von den Fort&#x017F;chritten, die auch hier die<lb/>
Technik gemacht hat, eine Ahnung zu geben. Lord Ro&#x017F;&#x017F;e zu Par-<lb/>
&#x017F;onstown in Irland fertigte drei Spiegel, deren zwei 90 <hi rendition="#aq">cm</hi> me&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
während der dritte im Jahre 1845 vollendete gar die doppelte Aus-<lb/>
dehnung erreicht &#x2014; das größte im Gebrauch befindliche a&#x017F;tronomi&#x017F;che<lb/>
Werkzeug. Seit 1870 be&#x017F;itzt die Sternwarte zu Melbourne ein Spiegel-<lb/>
tele&#x017F;kop von 120 <hi rendition="#aq">cm</hi> Öffnung, welches dem Ge&#x017F;chick des engli&#x017F;chen<lb/>
Mechanikers Grubb &#x017F;eine Ent&#x017F;tehung verdankt. Alle bisher erwähnten<lb/>
Spiegel wurden aus einer be&#x017F;onderen Metallmi&#x017F;chung, dem Spiegel-<lb/>
metall, herge&#x017F;tellt. Die er&#x017F;ten größeren Glas&#x017F;piegel ent&#x017F;tanden in<lb/>
Amerika, wo Draper 1858 einen von 38 <hi rendition="#aq">cm</hi> und bald nachher einen<lb/>
&#x017F;olchen von 70 <hi rendition="#aq">cm</hi> fertigte. Die größten Glas&#x017F;piegel befinden &#x017F;ich jetzt<lb/>
in Frankreich, darunter einer von 120 <hi rendition="#aq">cm</hi> auf der Pari&#x017F;er Sternwarte,<lb/>
welchen wir in Fig. 497 abbilden, während in England Spiegel bis<lb/>
zu 150 <hi rendition="#aq">cm</hi> Durchme&#x017F;&#x017F;er mit dem nötigen Zubehör für die gehörige<lb/>
genaue Bewegung im Gebrauche &#x017F;ind. Für die feineren Unter&#x017F;uchungen,<lb/>
bei denen die Struktur der Ge&#x017F;tirne näher ergründet werden &#x017F;oll, i&#x017F;t<lb/>
und bleibt aber der Refraktor ohne Nebenbuhler. Zwei Nachteile des<lb/>
Spiegeltele&#x017F;kops liegen ja auf der Hand. Einmal wirft nämlich jeder<lb/>
Spiegel nur einen Teil der auffallenden Strahlen zurück, während er<lb/>
die übrigen ver&#x017F;chluckt &#x2014; man muß daher die Ausdehnung der Spiegel<lb/>
fortdauernd &#x017F;teigern, um eine genügende Wirkung zu erzielen, und dann<lb/>
werden die In&#x017F;trumente ihrer Größe wegen &#x017F;ehr unhandlich; Ver-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[911/0929] Das Fernrohr. allen Größen von 15 bis 102 cm angefertigt hat — half ihm im Jahre 1781 den Planeten Uranus entdecken, eine neue Welt den ſeit den älteſten Zeiten bekannten hinzufügen. Der gewaltige Spiegel von 102 cm Durchmeſſer, zu dem ein Rohr von 12 m Länge gehörte, und deſſen Vollendung in das Jahr 1789 fällt, hat zwei Saturntrabanten finden helfen, bei der Suche nach Nebelflecken hervorragende Dienſte geleiſtet und manchen Doppelſtern zum wiſſenſchaftlichen Daſein ge- bracht. Nur zehn Jahre hat er indeſſen ſeinem Zwecke gedient, denn die Metallſpiegel zeigten nie eine ſolche Konſtanz, um lange brauchbar zu bleiben. Mit Herſchels Rieſenſpiegel war der Höhepunkt in der Entwickelung dieſer Art Fernröhre erreicht. Zwar hat man neuerdings in den verſilberten Glasſpiegeln einen vorzüglichen verhältnismäßig billigen Erſatz gefunden, und damit ſind die Koſten eines Spiegel- teleſkops weit geringer geworden als die eines ebenbürtigen Refraktors; aber ihre Konſtanz iſt nicht weſentlich gewachſen, und für die Aus- breitung unſerer Herrſchaft am Himmel haben ſie deshalb wenig mehr vermocht. Nur in der Himmelsphotographie ſcheinen ſie zur Zeit noch den Refraktoren überlegen zu ſein, und die ſchönen Lichtbilder von Nebeln, welche Roberts in Liverpool mit einem Spiegel von 50 cm und Common in Ealing bei London mit einem ſolchen von faſt 1 m Durchmeſſer erlangt haben, ſind die beſten, die bisher bekannt geworden ſind. Es erübrigt nur, die größten derartigen In- ſtrumente zu erwähnen, um von den Fortſchritten, die auch hier die Technik gemacht hat, eine Ahnung zu geben. Lord Roſſe zu Par- ſonstown in Irland fertigte drei Spiegel, deren zwei 90 cm meſſen, während der dritte im Jahre 1845 vollendete gar die doppelte Aus- dehnung erreicht — das größte im Gebrauch befindliche aſtronomiſche Werkzeug. Seit 1870 beſitzt die Sternwarte zu Melbourne ein Spiegel- teleſkop von 120 cm Öffnung, welches dem Geſchick des engliſchen Mechanikers Grubb ſeine Entſtehung verdankt. Alle bisher erwähnten Spiegel wurden aus einer beſonderen Metallmiſchung, dem Spiegel- metall, hergeſtellt. Die erſten größeren Glasſpiegel entſtanden in Amerika, wo Draper 1858 einen von 38 cm und bald nachher einen ſolchen von 70 cm fertigte. Die größten Glasſpiegel befinden ſich jetzt in Frankreich, darunter einer von 120 cm auf der Pariſer Sternwarte, welchen wir in Fig. 497 abbilden, während in England Spiegel bis zu 150 cm Durchmeſſer mit dem nötigen Zubehör für die gehörige genaue Bewegung im Gebrauche ſind. Für die feineren Unterſuchungen, bei denen die Struktur der Geſtirne näher ergründet werden ſoll, iſt und bleibt aber der Refraktor ohne Nebenbuhler. Zwei Nachteile des Spiegelteleſkops liegen ja auf der Hand. Einmal wirft nämlich jeder Spiegel nur einen Teil der auffallenden Strahlen zurück, während er die übrigen verſchluckt — man muß daher die Ausdehnung der Spiegel fortdauernd ſteigern, um eine genügende Wirkung zu erzielen, und dann werden die Inſtrumente ihrer Größe wegen ſehr unhandlich; Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/929
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 911. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/929>, abgerufen am 28.11.2024.