Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Die optischen Instrumente.
spiegelnde Eigenschaft der regelmäßigen Krystallflächen, deren gegenseitige
Neigung bestimmt werden soll. Der Krystall wird auf einem geteilten
Kreise so aufgestellt, daß die Schnittkante der zu untersuchenden
Krystallflächen senkrecht auf der Ebene des Kreises steht. Auf diese
Schnittkante läßt man dann von einer Lichtquelle ein Strahlen-
bündel symmetrisch auffallen, sodaß es nach beiden Seiten hin teilweise
reflektiert wird. Ein mit dem Kreise drehbar verbundenes Fernrohr
dient dazu, nacheinander die beiden schmalen reflektierten Lichtbündel
einzustellen; an dem geteilten Kreise selbst wird der Drehungswinkel
des Fernrohres und damit der doppelte Winkel abgelesen, welchen die
Krystallflächen einschließen.

Der Heliostat ist in seiner einfachsten Form ein ebener Spiegel,
welcher mit einem Uhrwerk in Verbindung gebracht und in geeigneter
Weise so aufgestellt wird, daß die von der Sonne auf die Spiegelfläche
fallenden Strahlen nach der Reflexion unverändert dieselbe Richtung
behalten. Bei Beobachtungen oder Experimentalversuchen bewirkt das
Instrument also gleichsam, wie das auch schon der Name andeutet, ein
Stillstehen der Sonne. Die Konstruktion der Heliostaten ist verhältnis-
mäßig neu und in ihren wesentlichen Zügen von van Gravesande erst
im Jahre 1717 angegeben.

Einem wesentlich anderen Zweck dient der Heliotrop, dessen Er-
findung wir unserm großen Mathematiker Gauß (1821) verdanken. Dieses
Instrument soll optische Signale, Lichtblitze, namentlich für die Zwecke
der Feldmeßkunst, auf große Entfernungen, bis zu 100 km, vermitteln.
Am meisten eignet sich dazu wegen der beträchtlichen Intensität und
wohl bestimmten Form ein von einem Spiegel reflektiertes Sonnen-
bild, das einem entfernten Beobachter zugeworfen und von demselben
in einem geeigneten Fernrohr betrachtet wird. Um sicher sein zu können,
daß die Strahlen auch thatsächlich das Auge des Beobachters erreichen,
ist an der Ausgangsstation ein ähnliches Fernrohr aufgestellt und mit
dem Spiegel überdies ein genau senkrecht dazu stehender zweiter Spiegel
fest verbunden. Werden die beiden Fernrohre direkt auf einander ge-
richtet, so hat der das Signal entsendende Beobachter nur dafür Sorge
zu tragen, daß durch geeignete Drehung des Doppelspiegels ein Sonnen-
bild von dem einen Spiegel in seinem Fernrohr sichtbar wird; die von
dem anderen Spiegel ausgehenden Strahlen müssen dann notwendiger-
weise ihr Ziel erreichen.

Statt der gewöhnlichen ebenen Spiegel kommen auch oft durch-
sichtige Glasplatten zur Verwendung, die zwar weniger vollkommen
spiegelnd wirken, in manchen Fällen aber einer wichtigen Anwendung
fähig sind. Namentlich zur Hervorzauberung von Geistererscheinungen
im Theater sind sie unerläßlich. Um einen ganz einfachen Fall zu be-
schreiben, denke man sich einen auf einem Tisch liegenden Gegenstand,
hinter welchem man einen Spiegel geneigt aufstellt; bei einer bestimmten
Neigung wird man ein senkrechtes Spiegelbild erblicken. Auf diese Weise

Die optiſchen Inſtrumente.
ſpiegelnde Eigenſchaft der regelmäßigen Kryſtallflächen, deren gegenſeitige
Neigung beſtimmt werden ſoll. Der Kryſtall wird auf einem geteilten
Kreiſe ſo aufgeſtellt, daß die Schnittkante der zu unterſuchenden
Kryſtallflächen ſenkrecht auf der Ebene des Kreiſes ſteht. Auf dieſe
Schnittkante läßt man dann von einer Lichtquelle ein Strahlen-
bündel ſymmetriſch auffallen, ſodaß es nach beiden Seiten hin teilweiſe
reflektiert wird. Ein mit dem Kreiſe drehbar verbundenes Fernrohr
dient dazu, nacheinander die beiden ſchmalen reflektierten Lichtbündel
einzuſtellen; an dem geteilten Kreiſe ſelbſt wird der Drehungswinkel
des Fernrohres und damit der doppelte Winkel abgeleſen, welchen die
Kryſtallflächen einſchließen.

Der Helioſtat iſt in ſeiner einfachſten Form ein ebener Spiegel,
welcher mit einem Uhrwerk in Verbindung gebracht und in geeigneter
Weiſe ſo aufgeſtellt wird, daß die von der Sonne auf die Spiegelfläche
fallenden Strahlen nach der Reflexion unverändert dieſelbe Richtung
behalten. Bei Beobachtungen oder Experimentalverſuchen bewirkt das
Inſtrument alſo gleichſam, wie das auch ſchon der Name andeutet, ein
Stillſtehen der Sonne. Die Konſtruktion der Helioſtaten iſt verhältnis-
mäßig neu und in ihren weſentlichen Zügen von van Graveſande erſt
im Jahre 1717 angegeben.

Einem weſentlich anderen Zweck dient der Heliotrop, deſſen Er-
findung wir unſerm großen Mathematiker Gauß (1821) verdanken. Dieſes
Inſtrument ſoll optiſche Signale, Lichtblitze, namentlich für die Zwecke
der Feldmeßkunſt, auf große Entfernungen, bis zu 100 km, vermitteln.
Am meiſten eignet ſich dazu wegen der beträchtlichen Intenſität und
wohl beſtimmten Form ein von einem Spiegel reflektiertes Sonnen-
bild, das einem entfernten Beobachter zugeworfen und von demſelben
in einem geeigneten Fernrohr betrachtet wird. Um ſicher ſein zu können,
daß die Strahlen auch thatſächlich das Auge des Beobachters erreichen,
iſt an der Ausgangsſtation ein ähnliches Fernrohr aufgeſtellt und mit
dem Spiegel überdies ein genau ſenkrecht dazu ſtehender zweiter Spiegel
feſt verbunden. Werden die beiden Fernrohre direkt auf einander ge-
richtet, ſo hat der das Signal entſendende Beobachter nur dafür Sorge
zu tragen, daß durch geeignete Drehung des Doppelſpiegels ein Sonnen-
bild von dem einen Spiegel in ſeinem Fernrohr ſichtbar wird; die von
dem anderen Spiegel ausgehenden Strahlen müſſen dann notwendiger-
weiſe ihr Ziel erreichen.

Statt der gewöhnlichen ebenen Spiegel kommen auch oft durch-
ſichtige Glasplatten zur Verwendung, die zwar weniger vollkommen
ſpiegelnd wirken, in manchen Fällen aber einer wichtigen Anwendung
fähig ſind. Namentlich zur Hervorzauberung von Geiſtererſcheinungen
im Theater ſind ſie unerläßlich. Um einen ganz einfachen Fall zu be-
ſchreiben, denke man ſich einen auf einem Tiſch liegenden Gegenſtand,
hinter welchem man einen Spiegel geneigt aufſtellt; bei einer beſtimmten
Neigung wird man ein ſenkrechtes Spiegelbild erblicken. Auf dieſe Weiſe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0906" n="888"/><fw place="top" type="header">Die opti&#x017F;chen In&#x017F;trumente.</fw><lb/>
&#x017F;piegelnde Eigen&#x017F;chaft der regelmäßigen Kry&#x017F;tallflächen, deren gegen&#x017F;eitige<lb/>
Neigung be&#x017F;timmt werden &#x017F;oll. Der Kry&#x017F;tall wird auf einem geteilten<lb/>
Krei&#x017F;e &#x017F;o aufge&#x017F;tellt, daß die Schnittkante der zu unter&#x017F;uchenden<lb/>
Kry&#x017F;tallflächen &#x017F;enkrecht auf der Ebene des Krei&#x017F;es &#x017F;teht. Auf die&#x017F;e<lb/>
Schnittkante läßt man dann von einer Lichtquelle ein Strahlen-<lb/>
bündel &#x017F;ymmetri&#x017F;ch auffallen, &#x017F;odaß es nach beiden Seiten hin teilwei&#x017F;e<lb/>
reflektiert wird. Ein mit dem Krei&#x017F;e drehbar verbundenes Fernrohr<lb/>
dient dazu, nacheinander die beiden &#x017F;chmalen reflektierten Lichtbündel<lb/>
einzu&#x017F;tellen; an dem geteilten Krei&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;t wird der Drehungswinkel<lb/>
des Fernrohres und damit der doppelte Winkel abgele&#x017F;en, welchen die<lb/>
Kry&#x017F;tallflächen ein&#x017F;chließen.</p><lb/>
          <p>Der Helio&#x017F;tat i&#x017F;t in &#x017F;einer einfach&#x017F;ten Form ein ebener Spiegel,<lb/>
welcher mit einem Uhrwerk in Verbindung gebracht und in geeigneter<lb/>
Wei&#x017F;e &#x017F;o aufge&#x017F;tellt wird, daß die von der Sonne auf die Spiegelfläche<lb/>
fallenden Strahlen nach der Reflexion unverändert die&#x017F;elbe Richtung<lb/>
behalten. Bei Beobachtungen oder Experimentalver&#x017F;uchen bewirkt das<lb/>
In&#x017F;trument al&#x017F;o gleich&#x017F;am, wie das auch &#x017F;chon der Name andeutet, ein<lb/>
Still&#x017F;tehen der Sonne. Die Kon&#x017F;truktion der Helio&#x017F;taten i&#x017F;t verhältnis-<lb/>
mäßig neu und in ihren we&#x017F;entlichen Zügen von van Grave&#x017F;ande er&#x017F;t<lb/>
im Jahre 1717 angegeben.</p><lb/>
          <p>Einem we&#x017F;entlich anderen Zweck dient der Heliotrop, de&#x017F;&#x017F;en Er-<lb/>
findung wir un&#x017F;erm großen Mathematiker Gauß (1821) verdanken. Die&#x017F;es<lb/>
In&#x017F;trument &#x017F;oll opti&#x017F;che Signale, Lichtblitze, namentlich für die Zwecke<lb/>
der Feldmeßkun&#x017F;t, auf große Entfernungen, bis zu 100 <hi rendition="#aq">km</hi>, vermitteln.<lb/>
Am mei&#x017F;ten eignet &#x017F;ich dazu wegen der beträchtlichen Inten&#x017F;ität und<lb/>
wohl be&#x017F;timmten Form ein von einem Spiegel reflektiertes Sonnen-<lb/>
bild, das einem entfernten Beobachter zugeworfen und von dem&#x017F;elben<lb/>
in einem geeigneten Fernrohr betrachtet wird. Um &#x017F;icher &#x017F;ein zu können,<lb/>
daß die Strahlen auch that&#x017F;ächlich das Auge des Beobachters erreichen,<lb/>
i&#x017F;t an der Ausgangs&#x017F;tation ein ähnliches Fernrohr aufge&#x017F;tellt und mit<lb/>
dem Spiegel überdies ein genau &#x017F;enkrecht dazu &#x017F;tehender zweiter Spiegel<lb/>
fe&#x017F;t verbunden. Werden die beiden Fernrohre direkt auf einander ge-<lb/>
richtet, &#x017F;o hat der das Signal ent&#x017F;endende Beobachter nur dafür Sorge<lb/>
zu tragen, daß durch geeignete Drehung des Doppel&#x017F;piegels ein Sonnen-<lb/>
bild von dem einen Spiegel in &#x017F;einem Fernrohr &#x017F;ichtbar wird; die von<lb/>
dem anderen Spiegel ausgehenden Strahlen mü&#x017F;&#x017F;en dann notwendiger-<lb/>
wei&#x017F;e ihr Ziel erreichen.</p><lb/>
          <p>Statt der gewöhnlichen ebenen Spiegel kommen auch oft durch-<lb/>
&#x017F;ichtige Glasplatten zur Verwendung, die zwar weniger vollkommen<lb/>
&#x017F;piegelnd wirken, in manchen Fällen aber einer wichtigen Anwendung<lb/>
fähig &#x017F;ind. Namentlich zur Hervorzauberung von Gei&#x017F;terer&#x017F;cheinungen<lb/>
im Theater &#x017F;ind &#x017F;ie unerläßlich. Um einen ganz einfachen Fall zu be-<lb/>
&#x017F;chreiben, denke man &#x017F;ich einen auf einem Ti&#x017F;ch liegenden Gegen&#x017F;tand,<lb/>
hinter welchem man einen Spiegel geneigt auf&#x017F;tellt; bei einer be&#x017F;timmten<lb/>
Neigung wird man ein &#x017F;enkrechtes Spiegelbild erblicken. Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[888/0906] Die optiſchen Inſtrumente. ſpiegelnde Eigenſchaft der regelmäßigen Kryſtallflächen, deren gegenſeitige Neigung beſtimmt werden ſoll. Der Kryſtall wird auf einem geteilten Kreiſe ſo aufgeſtellt, daß die Schnittkante der zu unterſuchenden Kryſtallflächen ſenkrecht auf der Ebene des Kreiſes ſteht. Auf dieſe Schnittkante läßt man dann von einer Lichtquelle ein Strahlen- bündel ſymmetriſch auffallen, ſodaß es nach beiden Seiten hin teilweiſe reflektiert wird. Ein mit dem Kreiſe drehbar verbundenes Fernrohr dient dazu, nacheinander die beiden ſchmalen reflektierten Lichtbündel einzuſtellen; an dem geteilten Kreiſe ſelbſt wird der Drehungswinkel des Fernrohres und damit der doppelte Winkel abgeleſen, welchen die Kryſtallflächen einſchließen. Der Helioſtat iſt in ſeiner einfachſten Form ein ebener Spiegel, welcher mit einem Uhrwerk in Verbindung gebracht und in geeigneter Weiſe ſo aufgeſtellt wird, daß die von der Sonne auf die Spiegelfläche fallenden Strahlen nach der Reflexion unverändert dieſelbe Richtung behalten. Bei Beobachtungen oder Experimentalverſuchen bewirkt das Inſtrument alſo gleichſam, wie das auch ſchon der Name andeutet, ein Stillſtehen der Sonne. Die Konſtruktion der Helioſtaten iſt verhältnis- mäßig neu und in ihren weſentlichen Zügen von van Graveſande erſt im Jahre 1717 angegeben. Einem weſentlich anderen Zweck dient der Heliotrop, deſſen Er- findung wir unſerm großen Mathematiker Gauß (1821) verdanken. Dieſes Inſtrument ſoll optiſche Signale, Lichtblitze, namentlich für die Zwecke der Feldmeßkunſt, auf große Entfernungen, bis zu 100 km, vermitteln. Am meiſten eignet ſich dazu wegen der beträchtlichen Intenſität und wohl beſtimmten Form ein von einem Spiegel reflektiertes Sonnen- bild, das einem entfernten Beobachter zugeworfen und von demſelben in einem geeigneten Fernrohr betrachtet wird. Um ſicher ſein zu können, daß die Strahlen auch thatſächlich das Auge des Beobachters erreichen, iſt an der Ausgangsſtation ein ähnliches Fernrohr aufgeſtellt und mit dem Spiegel überdies ein genau ſenkrecht dazu ſtehender zweiter Spiegel feſt verbunden. Werden die beiden Fernrohre direkt auf einander ge- richtet, ſo hat der das Signal entſendende Beobachter nur dafür Sorge zu tragen, daß durch geeignete Drehung des Doppelſpiegels ein Sonnen- bild von dem einen Spiegel in ſeinem Fernrohr ſichtbar wird; die von dem anderen Spiegel ausgehenden Strahlen müſſen dann notwendiger- weiſe ihr Ziel erreichen. Statt der gewöhnlichen ebenen Spiegel kommen auch oft durch- ſichtige Glasplatten zur Verwendung, die zwar weniger vollkommen ſpiegelnd wirken, in manchen Fällen aber einer wichtigen Anwendung fähig ſind. Namentlich zur Hervorzauberung von Geiſtererſcheinungen im Theater ſind ſie unerläßlich. Um einen ganz einfachen Fall zu be- ſchreiben, denke man ſich einen auf einem Tiſch liegenden Gegenſtand, hinter welchem man einen Spiegel geneigt aufſtellt; bei einer beſtimmten Neigung wird man ein ſenkrechtes Spiegelbild erblicken. Auf dieſe Weiſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/906
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 888. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/906>, abgerufen am 28.11.2024.