4. Das Spiegelglas, von ähnlichem Satz wie das Fensterglas. Man sieht aber auf große Reinheit der Materialien und völlige, durch entfärbende Zusätze bedingte Farblosigkeit und Klarheit.
5. Das Krystallglas, dessen Satz Kieselerde, Kali und Bleioxyd enthält. Man verwendet es zu gepreßten und geschliffenen Gefäßen, Tellern und dergleichen.
6. Das Flintglas, dessen Satz von dem des Krystallglases durch viel höheren Bleigehalt, oft auch durch geringen Gehalt an Borsäure abweicht.
7. Der Straß, ein Kalibleisilikat, dessen Bleigehalt 50 % über- steigt und welches zum Nachahmen der Edelsteine benutzt wird. Man färbt es verschiedenartig durch Zusatz von Metalloxyden und gebraucht ähnliche Silikate von besonders großer Leichtflüssigkeit in der Glas- und Porzellanmalerei.
8. Der Schmelz (Email) von ähnlicher Zusammensetzung, aber durch Zusatz von Zinnoxyd oder Antimonoxyd undurchsichtig gemacht. --
Die Rohmaterialien der Glasfabrikation können nur in wenigen Fällen, bei denen es auf die Höhe der Kosten nicht ankommt, rein er- halten und angewendet worden. Im übrigen gebraucht man dieselben in dem gewöhnlichen unreinen Zustande und überläßt es dem Schmelz- prozeß, die Verunreinigungen zu beseitigen.
Die Kieselerde wird bei guten Gläsern in Form von Bergkrystall, reinem Quarzsand, Feuerstein und anderen eisenfreien Quarzsorten an- gewendet. Größere Stücke werden glühend in Wasser abgelöscht und dadurch so mürbe, daß man sie leicht pulvern kann. Häufig wird auch die Kieselerde einem Vorglühprozeß unterworfen, um alle organischen Verunreinigungen zu beseitigen. Eisengehalt schadet der Farbe des Glases und ist vorsichtig zu vermeiden. Nicht ganz so schlimm ist ein nicht zu bedeutender Thongehalt, welcher höchstens die Flüssigkeit ver- mindert. Für gemeine Gläser gebraucht man zerkleinerten Feldspat, Basalt, Granit und Lehm.
Das Kali benutzt man als Pottasche von verschiedener Reinheit, in sehr holzreichen Gegenden nimmt man auch wohl Holzasche, natürlich nur bei gewöhnlichen Gläsern.
Das Natron kann als gereinigte Soda oder auch in Form von Natriumsulfat (Glaubersalz) in den Glassatz gebracht werden. Im letzteren Falle ist aber, weil die Schwefelsäure des Glaubersalzes nicht ganz leicht durch die Kieselsäure ausgetrieben wird, ein Zusatz von Kohle nötig, durch welche das Glaubersalz zu leicht zersetzbarem schwefligsaurem Natrium reduziert wird. Da die Kohle aber stark dunkelfärbend auf das Glas wirkt, so darf der Zusatz unter keinen Umständen die zur Reduktion nötige Menge, etwa 9 % des Glaubersalzes, überschreiten.
Der Kalk kann zwar als ungebrannter Kalkstein oder Kreide an- gewendet werden; man zieht aber gebrannten, an der Luft zerfallenen Kalkstein vor, weil er feiner ist und weniger Kohlensäure entwickelt. Ein
Das Buch der Erfindungen. 54
Allgemeines.
4. Das Spiegelglas, von ähnlichem Satz wie das Fenſterglas. Man ſieht aber auf große Reinheit der Materialien und völlige, durch entfärbende Zuſätze bedingte Farbloſigkeit und Klarheit.
5. Das Kryſtallglas, deſſen Satz Kieſelerde, Kali und Bleioxyd enthält. Man verwendet es zu gepreßten und geſchliffenen Gefäßen, Tellern und dergleichen.
6. Das Flintglas, deſſen Satz von dem des Kryſtallglaſes durch viel höheren Bleigehalt, oft auch durch geringen Gehalt an Borſäure abweicht.
7. Der Straß, ein Kalibleiſilikat, deſſen Bleigehalt 50 % über- ſteigt und welches zum Nachahmen der Edelſteine benutzt wird. Man färbt es verſchiedenartig durch Zuſatz von Metalloxyden und gebraucht ähnliche Silikate von beſonders großer Leichtflüſſigkeit in der Glas- und Porzellanmalerei.
8. Der Schmelz (Email) von ähnlicher Zuſammenſetzung, aber durch Zuſatz von Zinnoxyd oder Antimonoxyd undurchſichtig gemacht. —
Die Rohmaterialien der Glasfabrikation können nur in wenigen Fällen, bei denen es auf die Höhe der Koſten nicht ankommt, rein er- halten und angewendet worden. Im übrigen gebraucht man dieſelben in dem gewöhnlichen unreinen Zuſtande und überläßt es dem Schmelz- prozeß, die Verunreinigungen zu beſeitigen.
Die Kieſelerde wird bei guten Gläſern in Form von Bergkryſtall, reinem Quarzſand, Feuerſtein und anderen eiſenfreien Quarzſorten an- gewendet. Größere Stücke werden glühend in Waſſer abgelöſcht und dadurch ſo mürbe, daß man ſie leicht pulvern kann. Häufig wird auch die Kieſelerde einem Vorglühprozeß unterworfen, um alle organiſchen Verunreinigungen zu beſeitigen. Eiſengehalt ſchadet der Farbe des Glaſes und iſt vorſichtig zu vermeiden. Nicht ganz ſo ſchlimm iſt ein nicht zu bedeutender Thongehalt, welcher höchſtens die Flüſſigkeit ver- mindert. Für gemeine Gläſer gebraucht man zerkleinerten Feldſpat, Baſalt, Granit und Lehm.
Das Kali benutzt man als Pottaſche von verſchiedener Reinheit, in ſehr holzreichen Gegenden nimmt man auch wohl Holzaſche, natürlich nur bei gewöhnlichen Gläſern.
Das Natron kann als gereinigte Soda oder auch in Form von Natriumſulfat (Glauberſalz) in den Glasſatz gebracht werden. Im letzteren Falle iſt aber, weil die Schwefelſäure des Glauberſalzes nicht ganz leicht durch die Kieſelſäure ausgetrieben wird, ein Zuſatz von Kohle nötig, durch welche das Glauberſalz zu leicht zerſetzbarem ſchwefligſaurem Natrium reduziert wird. Da die Kohle aber ſtark dunkelfärbend auf das Glas wirkt, ſo darf der Zuſatz unter keinen Umſtänden die zur Reduktion nötige Menge, etwa 9 % des Glauberſalzes, überſchreiten.
Der Kalk kann zwar als ungebrannter Kalkſtein oder Kreide an- gewendet werden; man zieht aber gebrannten, an der Luft zerfallenen Kalkſtein vor, weil er feiner iſt und weniger Kohlenſäure entwickelt. Ein
Das Buch der Erfindungen. 54
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Allgemeines.
4. Das Spiegelglas, von ähnlichem Satz wie das Fenſterglas.
Man ſieht aber auf große Reinheit der Materialien und völlige, durch
entfärbende Zuſätze bedingte Farbloſigkeit und Klarheit.
5. Das Kryſtallglas, deſſen Satz Kieſelerde, Kali und Bleioxyd
enthält. Man verwendet es zu gepreßten und geſchliffenen Gefäßen,
Tellern und dergleichen.
6. Das Flintglas, deſſen Satz von dem des Kryſtallglaſes durch
viel höheren Bleigehalt, oft auch durch geringen Gehalt an Borſäure
abweicht.
7. Der Straß, ein Kalibleiſilikat, deſſen Bleigehalt 50 % über-
ſteigt und welches zum Nachahmen der Edelſteine benutzt wird. Man
färbt es verſchiedenartig durch Zuſatz von Metalloxyden und gebraucht
ähnliche Silikate von beſonders großer Leichtflüſſigkeit in der Glas-
und Porzellanmalerei.
8. Der Schmelz (Email) von ähnlicher Zuſammenſetzung, aber
durch Zuſatz von Zinnoxyd oder Antimonoxyd undurchſichtig gemacht. —
Die Rohmaterialien der Glasfabrikation können nur in wenigen
Fällen, bei denen es auf die Höhe der Koſten nicht ankommt, rein er-
halten und angewendet worden. Im übrigen gebraucht man dieſelben
in dem gewöhnlichen unreinen Zuſtande und überläßt es dem Schmelz-
prozeß, die Verunreinigungen zu beſeitigen.
Die Kieſelerde wird bei guten Gläſern in Form von Bergkryſtall,
reinem Quarzſand, Feuerſtein und anderen eiſenfreien Quarzſorten an-
gewendet. Größere Stücke werden glühend in Waſſer abgelöſcht und
dadurch ſo mürbe, daß man ſie leicht pulvern kann. Häufig wird auch
die Kieſelerde einem Vorglühprozeß unterworfen, um alle organiſchen
Verunreinigungen zu beſeitigen. Eiſengehalt ſchadet der Farbe des
Glaſes und iſt vorſichtig zu vermeiden. Nicht ganz ſo ſchlimm iſt ein
nicht zu bedeutender Thongehalt, welcher höchſtens die Flüſſigkeit ver-
mindert. Für gemeine Gläſer gebraucht man zerkleinerten Feldſpat,
Baſalt, Granit und Lehm.
Das Kali benutzt man als Pottaſche von verſchiedener Reinheit,
in ſehr holzreichen Gegenden nimmt man auch wohl Holzaſche, natürlich
nur bei gewöhnlichen Gläſern.
Das Natron kann als gereinigte Soda oder auch in Form von
Natriumſulfat (Glauberſalz) in den Glasſatz gebracht werden. Im
letzteren Falle iſt aber, weil die Schwefelſäure des Glauberſalzes nicht
ganz leicht durch die Kieſelſäure ausgetrieben wird, ein Zuſatz von Kohle
nötig, durch welche das Glauberſalz zu leicht zerſetzbarem ſchwefligſaurem
Natrium reduziert wird. Da die Kohle aber ſtark dunkelfärbend auf das
Glas wirkt, ſo darf der Zuſatz unter keinen Umſtänden die zur Reduktion
nötige Menge, etwa 9 % des Glauberſalzes, überſchreiten.
Der Kalk kann zwar als ungebrannter Kalkſtein oder Kreide an-
gewendet werden; man zieht aber gebrannten, an der Luft zerfallenen
Kalkſtein vor, weil er feiner iſt und weniger Kohlenſäure entwickelt. Ein
Das Buch der Erfindungen. 54
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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 849. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/867>, abgerufen am 26.11.2024.
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