Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Signalwesen.

Eines tritt ergänzend zum anderen; und so würde denn auch die
Bedeutung des Sturmwarnungswesens völlig illusorisch sein, wenn
man nicht gebührend dafür Sorge tragen wollte, daß einem Schiff,
welches trotz der Warnung einen Not- oder Zufluchtshafen nicht recht-
zeitig mehr erreichen kann, auch im wildesten Aufruhr der Elemente, in
gefahrdrohendster Nähe der Küste sicher und unverlierbar der Weg ge-
wiesen wird. Diesem Zweck dienen die Leuchtfeuer, in der verschiedensten
Form und Ausführung, als Leuchttürme, Feuerschiffe, Leuchtbojen u. s. w.
bekannt.

Der erste historisch beglaubigte Leuchtturm ist der zu den sieben
Wunderwerken des Altertums gezählte, auf der Insel Pharos bei
Alexandrien, der ungefähr 300 v. Chr. erbaut wurde, und dessen Höhe
von dem Araber Edrisi, der ihn noch im 12. Jahrhundert n. Chr. be-
suchte, auf 500 Fuß angegeben wird, was sicher übertrieben ist. Nach
dem Muster dieses ältesten Turmes sind dann von den Römern später
zahlreiche Leuchttürme an den Meeren ihres weiten Reiches erbaut worden.

Die Bojen oder Schwimmkörper, ehedem als wirkliche Tonnen
aus Holz, jetzt meist in der Form von abgestumpften Doppelkegeln
oder als Kugeln in Eisen konstruiert, werden zur Bezeichnung des
Fahrwassers ausgelegt, an starken Ketten am Grunde verankert und
zur besseren Unterscheidung mit verschiedenfarbigem Anstrich oder anderen
bequemen Merkmalen versehen. Verborgene Klippen, die ja gegebenen-
falls durch unterseeische Sprengung beseitigt werden können, aber auch
jedes andere Hindernis mitten im Fahrwasser -- ein gesunkenes Schiff
oder beispielsweise ein verlorener Anker -- werden durch ausgesetzte
Bojen kenntlich gemacht. Erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit versieht
man mit Vorliebe die Bojen mit Glocken oder mit verschiedenfarbigen
Lichtern, welche dieselben auch bei Nacht auf mäßige Entfernungen un-
zweifelhaft erkennen lassen. Zu Beleuchtungszwecken füllt man sie mit kom-
primiertem Fettgas, wodurch sich auch die Schwimmfähigkeit wesentlich
erhöht; die Gaszufuhr reguliert sich automatisch durch den (bekanntlich
auch auf den Königlich Preußischen Eisenbahnen allgemein eingeführten)
Patentgasbrenner von Julius Pintsch in Berlin oder eine ähnliche
Vorrichtung, sodaß das Gas stets unter dem nämlichen Druck aus-
strömt; selbverständlich muß die Füllung in geeigneten Zeiträumen er-
setzt werden.

Die wichtigsten Schützer in der Nacht und bei stürmischem, nebligem
Wetter, die vielseitigsten Helfer in der Not sind unzweifelhaft die Leucht-
feuer; sie orientieren den Schiffer darüber, an welcher Stelle der Küste
er sich gerade befindet, -- die Richtung, in welcher das Feuer auf-
flammt, belehrt ihn, welchen Kurs er einzuschlagen hat, um sicher
seinem Ziele zusteuern zu können.

Die Aufgaben, welche ein Feuer zu erfüllen hat, sind recht vielseitige,
und neben der Forderung der möglichst weiten Sichtbarkeit hat die-
jenige der unbedingten Betriebssicherheit die größte Bedeutung.

Das Signalweſen.

Eines tritt ergänzend zum anderen; und ſo würde denn auch die
Bedeutung des Sturmwarnungsweſens völlig illuſoriſch ſein, wenn
man nicht gebührend dafür Sorge tragen wollte, daß einem Schiff,
welches trotz der Warnung einen Not- oder Zufluchtshafen nicht recht-
zeitig mehr erreichen kann, auch im wildeſten Aufruhr der Elemente, in
gefahrdrohendſter Nähe der Küſte ſicher und unverlierbar der Weg ge-
wieſen wird. Dieſem Zweck dienen die Leuchtfeuer, in der verſchiedenſten
Form und Ausführung, als Leuchttürme, Feuerſchiffe, Leuchtbojen u. ſ. w.
bekannt.

Der erſte hiſtoriſch beglaubigte Leuchtturm iſt der zu den ſieben
Wunderwerken des Altertums gezählte, auf der Inſel Pharos bei
Alexandrien, der ungefähr 300 v. Chr. erbaut wurde, und deſſen Höhe
von dem Araber Edriſi, der ihn noch im 12. Jahrhundert n. Chr. be-
ſuchte, auf 500 Fuß angegeben wird, was ſicher übertrieben iſt. Nach
dem Muſter dieſes älteſten Turmes ſind dann von den Römern ſpäter
zahlreiche Leuchttürme an den Meeren ihres weiten Reiches erbaut worden.

Die Bojen oder Schwimmkörper, ehedem als wirkliche Tonnen
aus Holz, jetzt meiſt in der Form von abgeſtumpften Doppelkegeln
oder als Kugeln in Eiſen konſtruiert, werden zur Bezeichnung des
Fahrwaſſers ausgelegt, an ſtarken Ketten am Grunde verankert und
zur beſſeren Unterſcheidung mit verſchiedenfarbigem Anſtrich oder anderen
bequemen Merkmalen verſehen. Verborgene Klippen, die ja gegebenen-
falls durch unterſeeiſche Sprengung beſeitigt werden können, aber auch
jedes andere Hindernis mitten im Fahrwaſſer — ein geſunkenes Schiff
oder beiſpielsweiſe ein verlorener Anker — werden durch ausgeſetzte
Bojen kenntlich gemacht. Erſt ſeit verhältnismäßig kurzer Zeit verſieht
man mit Vorliebe die Bojen mit Glocken oder mit verſchiedenfarbigen
Lichtern, welche dieſelben auch bei Nacht auf mäßige Entfernungen un-
zweifelhaft erkennen laſſen. Zu Beleuchtungszwecken füllt man ſie mit kom-
primiertem Fettgas, wodurch ſich auch die Schwimmfähigkeit weſentlich
erhöht; die Gaszufuhr reguliert ſich automatiſch durch den (bekanntlich
auch auf den Königlich Preußiſchen Eiſenbahnen allgemein eingeführten)
Patentgasbrenner von Julius Pintſch in Berlin oder eine ähnliche
Vorrichtung, ſodaß das Gas ſtets unter dem nämlichen Druck aus-
ſtrömt; ſelbverſtändlich muß die Füllung in geeigneten Zeiträumen er-
ſetzt werden.

Die wichtigſten Schützer in der Nacht und bei ſtürmiſchem, nebligem
Wetter, die vielſeitigſten Helfer in der Not ſind unzweifelhaft die Leucht-
feuer; ſie orientieren den Schiffer darüber, an welcher Stelle der Küſte
er ſich gerade befindet, — die Richtung, in welcher das Feuer auf-
flammt, belehrt ihn, welchen Kurs er einzuſchlagen hat, um ſicher
ſeinem Ziele zuſteuern zu können.

Die Aufgaben, welche ein Feuer zu erfüllen hat, ſind recht vielſeitige,
und neben der Forderung der möglichſt weiten Sichtbarkeit hat die-
jenige der unbedingten Betriebsſicherheit die größte Bedeutung.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0831" n="813"/>
              <fw place="top" type="header">Das Signalwe&#x017F;en.</fw><lb/>
              <p>Eines tritt ergänzend zum anderen; und &#x017F;o würde denn auch die<lb/>
Bedeutung des Sturmwarnungswe&#x017F;ens völlig illu&#x017F;ori&#x017F;ch &#x017F;ein, wenn<lb/>
man nicht gebührend dafür Sorge tragen wollte, daß einem Schiff,<lb/>
welches trotz der Warnung einen Not- oder Zufluchtshafen nicht recht-<lb/>
zeitig mehr erreichen kann, auch im wilde&#x017F;ten Aufruhr der Elemente, in<lb/>
gefahrdrohend&#x017F;ter Nähe der Kü&#x017F;te &#x017F;icher und unverlierbar der Weg ge-<lb/>
wie&#x017F;en wird. Die&#x017F;em Zweck dienen die Leuchtfeuer, in der ver&#x017F;chieden&#x017F;ten<lb/>
Form und Ausführung, als Leuchttürme, Feuer&#x017F;chiffe, Leuchtbojen u. &#x017F;. w.<lb/>
bekannt.</p><lb/>
              <p>Der er&#x017F;te hi&#x017F;tori&#x017F;ch beglaubigte Leuchtturm i&#x017F;t der zu den &#x017F;ieben<lb/>
Wunderwerken des Altertums gezählte, auf der In&#x017F;el Pharos bei<lb/>
Alexandrien, der ungefähr 300 v. Chr. erbaut wurde, und de&#x017F;&#x017F;en Höhe<lb/>
von dem Araber Edri&#x017F;i, der ihn noch im 12. Jahrhundert n. Chr. be-<lb/>
&#x017F;uchte, auf 500 Fuß angegeben wird, was &#x017F;icher übertrieben i&#x017F;t. Nach<lb/>
dem Mu&#x017F;ter die&#x017F;es älte&#x017F;ten Turmes &#x017F;ind dann von den Römern &#x017F;päter<lb/>
zahlreiche Leuchttürme an den Meeren ihres weiten Reiches erbaut worden.</p><lb/>
              <p>Die Bojen oder Schwimmkörper, ehedem als wirkliche Tonnen<lb/>
aus Holz, jetzt mei&#x017F;t in der Form von abge&#x017F;tumpften Doppelkegeln<lb/>
oder als Kugeln in Ei&#x017F;en kon&#x017F;truiert, werden zur Bezeichnung des<lb/>
Fahrwa&#x017F;&#x017F;ers ausgelegt, an &#x017F;tarken Ketten am Grunde verankert und<lb/>
zur be&#x017F;&#x017F;eren Unter&#x017F;cheidung mit ver&#x017F;chiedenfarbigem An&#x017F;trich oder anderen<lb/>
bequemen Merkmalen ver&#x017F;ehen. Verborgene Klippen, die ja gegebenen-<lb/>
falls durch unter&#x017F;eei&#x017F;che Sprengung be&#x017F;eitigt werden können, aber auch<lb/>
jedes andere Hindernis mitten im Fahrwa&#x017F;&#x017F;er &#x2014; ein ge&#x017F;unkenes Schiff<lb/>
oder bei&#x017F;pielswei&#x017F;e ein verlorener Anker &#x2014; werden durch ausge&#x017F;etzte<lb/>
Bojen kenntlich gemacht. Er&#x017F;t &#x017F;eit verhältnismäßig kurzer Zeit ver&#x017F;ieht<lb/>
man mit Vorliebe die Bojen mit Glocken oder mit ver&#x017F;chiedenfarbigen<lb/>
Lichtern, welche die&#x017F;elben auch bei Nacht auf mäßige Entfernungen un-<lb/>
zweifelhaft erkennen la&#x017F;&#x017F;en. Zu Beleuchtungszwecken füllt man &#x017F;ie mit kom-<lb/>
primiertem Fettgas, wodurch &#x017F;ich auch die Schwimmfähigkeit we&#x017F;entlich<lb/>
erhöht; die Gaszufuhr reguliert &#x017F;ich automati&#x017F;ch durch den (bekanntlich<lb/>
auch auf den Königlich Preußi&#x017F;chen Ei&#x017F;enbahnen allgemein eingeführten)<lb/>
Patentgasbrenner von Julius Pint&#x017F;ch in Berlin oder eine ähnliche<lb/>
Vorrichtung, &#x017F;odaß das Gas &#x017F;tets unter dem nämlichen Druck aus-<lb/>
&#x017F;trömt; &#x017F;elbver&#x017F;tändlich muß die Füllung in geeigneten Zeiträumen er-<lb/>
&#x017F;etzt werden.</p><lb/>
              <p>Die wichtig&#x017F;ten Schützer in der Nacht und bei &#x017F;türmi&#x017F;chem, nebligem<lb/>
Wetter, die viel&#x017F;eitig&#x017F;ten Helfer in der Not &#x017F;ind unzweifelhaft die Leucht-<lb/>
feuer; &#x017F;ie orientieren den Schiffer darüber, an welcher Stelle der Kü&#x017F;te<lb/>
er &#x017F;ich gerade befindet, &#x2014; die Richtung, in welcher das Feuer auf-<lb/>
flammt, belehrt ihn, welchen Kurs er einzu&#x017F;chlagen hat, um &#x017F;icher<lb/>
&#x017F;einem Ziele zu&#x017F;teuern zu können.</p><lb/>
              <p>Die Aufgaben, welche ein Feuer zu erfüllen hat, &#x017F;ind recht viel&#x017F;eitige,<lb/>
und neben der Forderung der möglich&#x017F;t weiten Sichtbarkeit hat die-<lb/>
jenige der unbedingten Betriebs&#x017F;icherheit die größte Bedeutung.<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[813/0831] Das Signalweſen. Eines tritt ergänzend zum anderen; und ſo würde denn auch die Bedeutung des Sturmwarnungsweſens völlig illuſoriſch ſein, wenn man nicht gebührend dafür Sorge tragen wollte, daß einem Schiff, welches trotz der Warnung einen Not- oder Zufluchtshafen nicht recht- zeitig mehr erreichen kann, auch im wildeſten Aufruhr der Elemente, in gefahrdrohendſter Nähe der Küſte ſicher und unverlierbar der Weg ge- wieſen wird. Dieſem Zweck dienen die Leuchtfeuer, in der verſchiedenſten Form und Ausführung, als Leuchttürme, Feuerſchiffe, Leuchtbojen u. ſ. w. bekannt. Der erſte hiſtoriſch beglaubigte Leuchtturm iſt der zu den ſieben Wunderwerken des Altertums gezählte, auf der Inſel Pharos bei Alexandrien, der ungefähr 300 v. Chr. erbaut wurde, und deſſen Höhe von dem Araber Edriſi, der ihn noch im 12. Jahrhundert n. Chr. be- ſuchte, auf 500 Fuß angegeben wird, was ſicher übertrieben iſt. Nach dem Muſter dieſes älteſten Turmes ſind dann von den Römern ſpäter zahlreiche Leuchttürme an den Meeren ihres weiten Reiches erbaut worden. Die Bojen oder Schwimmkörper, ehedem als wirkliche Tonnen aus Holz, jetzt meiſt in der Form von abgeſtumpften Doppelkegeln oder als Kugeln in Eiſen konſtruiert, werden zur Bezeichnung des Fahrwaſſers ausgelegt, an ſtarken Ketten am Grunde verankert und zur beſſeren Unterſcheidung mit verſchiedenfarbigem Anſtrich oder anderen bequemen Merkmalen verſehen. Verborgene Klippen, die ja gegebenen- falls durch unterſeeiſche Sprengung beſeitigt werden können, aber auch jedes andere Hindernis mitten im Fahrwaſſer — ein geſunkenes Schiff oder beiſpielsweiſe ein verlorener Anker — werden durch ausgeſetzte Bojen kenntlich gemacht. Erſt ſeit verhältnismäßig kurzer Zeit verſieht man mit Vorliebe die Bojen mit Glocken oder mit verſchiedenfarbigen Lichtern, welche dieſelben auch bei Nacht auf mäßige Entfernungen un- zweifelhaft erkennen laſſen. Zu Beleuchtungszwecken füllt man ſie mit kom- primiertem Fettgas, wodurch ſich auch die Schwimmfähigkeit weſentlich erhöht; die Gaszufuhr reguliert ſich automatiſch durch den (bekanntlich auch auf den Königlich Preußiſchen Eiſenbahnen allgemein eingeführten) Patentgasbrenner von Julius Pintſch in Berlin oder eine ähnliche Vorrichtung, ſodaß das Gas ſtets unter dem nämlichen Druck aus- ſtrömt; ſelbverſtändlich muß die Füllung in geeigneten Zeiträumen er- ſetzt werden. Die wichtigſten Schützer in der Nacht und bei ſtürmiſchem, nebligem Wetter, die vielſeitigſten Helfer in der Not ſind unzweifelhaft die Leucht- feuer; ſie orientieren den Schiffer darüber, an welcher Stelle der Küſte er ſich gerade befindet, — die Richtung, in welcher das Feuer auf- flammt, belehrt ihn, welchen Kurs er einzuſchlagen hat, um ſicher ſeinem Ziele zuſteuern zu können. Die Aufgaben, welche ein Feuer zu erfüllen hat, ſind recht vielſeitige, und neben der Forderung der möglichſt weiten Sichtbarkeit hat die- jenige der unbedingten Betriebsſicherheit die größte Bedeutung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/831
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/831>, abgerufen am 19.07.2024.