Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Verkehr zu Wasser.
des Wassers in dem Rohre des Manometers kann man dann auf die
jeweilige Schiffsgeschwindigkeit schließen.

In Verbindung mit Kompaß und Log wird stets das Lot (in seiner
gewöhnlich üblichen Form auch Senkblei genannt) angeführt, das zum
Messen der Fahrwassertiefen unschätzbare Dienste leistet, gleichzeitig aber
meist noch eine Einrichtung zur Ermittelung der Beschaffenheit des
Meeresgrundes besitzt. Ein schwerer gestreckter Bleikörper wird an
einer starken Leine oder einem Draht thunlichst senkrecht in die Tiefe
hinabgelassen, zu welchem Zweck bei größeren Tiefen die Fahrt ver-
langsamt oder gar das Schiff beigedreht, also angehalten werden
muß. Eine an der Grundfläche befindliche kleine Höhlung wird mit
Talg ausgefüllt, an welchem beim Aufstoßen des Lotes auf den Grund
Bodenbestandteile haften bleiben und mit herausgezogen werden, um
auf ihre Beschaffenheit untersucht und mit den Angaben der Karte
verglichen zu werden. Die Tiefe läßt sich an der Leine, welche eine
nach Metern oder nach Faden (gleich sechs Fuß oder nahe zwei Meter)
fortschreitende Einteilung trägt, direkt ablesen. Bei niedrigem Fahr-
wasser, namentlich aber da, wo jeden Augenblick ein Festsitzen oder
Auflaufen des Schiffes auf Sandbänke oder sonstige Untiefen zu be-
fürchten ist, muß mit Hülfe eines kleineren oder Handlotes fort und
fort gelotet werden. Meist wird die senkrechte Lage des Lotes erreicht,
indem die kegelförmige Bleispindel in der Fahrtrichtung vorausgeworfen
wird, wobei die Leine stets straff gespannt bleiben muß; die Ablesung
geschieht dann im geeigneten Moment.

Bei Anwendung des größeren und schwereren Tief-Lotes, dessen
Leine oft bis zu 400 m Länge hat, muß das Schiff ausnahmslos
beigedreht werden, damit die Genauigkeit der Messung nicht durch die
von der Vertikalen abweichende Richtung der Leine beeinträchtigt werde.
Für die allergrößten Meerestiefen, deren Erforschung allerdings mehr
ein wesentlich wissenschaftliches, kein eigentlich nautisches Interesse hat,
sind diese primitiven Einrichtungen durchaus unangebracht, einmal weil
das Aufstoßen auf den Grund kaum noch bemerkt wird, vor allem
aber, weil unterseeische Strömungen die Leine außerordentlich weit
entführen können. Der bereits erwähnte Maury umging diesen Übel-
stand dadurch, daß er auf Grund genauer Experimente feststellte, welche
Zeit ein Gewicht braucht, um in verschiedenen Meerestiefen um je
100 Faden oder um eine bestimmte andere Größe zu fallen. Die
hierauf gegründete Methode würde auch vollständig ausreichen, wenn
man nicht gleichzeitig mit den immerhin recht schwierigen Tiefseelotungen
noch den Zweck der Untersuchung des Meeresgrundes verbinden würde.
Der Amerikaner Brooke versenkte deshalb durchbohrte Kanonenkugeln,
die sich auf einem kurzen, cylindrischen Stabe verschieben ließen und
an einem eigentümlichen, gabelförmigen Scharnier hingen. Sobald das
Aufstoßen des Stabes auf den Grund erfolgte, klappte das Scharnier
nach unten und die Kugel fiel ab, mußte also bei jedem neuen Versuch

Der Verkehr zu Waſſer.
des Waſſers in dem Rohre des Manometers kann man dann auf die
jeweilige Schiffsgeſchwindigkeit ſchließen.

In Verbindung mit Kompaß und Log wird ſtets das Lot (in ſeiner
gewöhnlich üblichen Form auch Senkblei genannt) angeführt, das zum
Meſſen der Fahrwaſſertiefen unſchätzbare Dienſte leiſtet, gleichzeitig aber
meiſt noch eine Einrichtung zur Ermittelung der Beſchaffenheit des
Meeresgrundes beſitzt. Ein ſchwerer geſtreckter Bleikörper wird an
einer ſtarken Leine oder einem Draht thunlichſt ſenkrecht in die Tiefe
hinabgelaſſen, zu welchem Zweck bei größeren Tiefen die Fahrt ver-
langſamt oder gar das Schiff beigedreht, alſo angehalten werden
muß. Eine an der Grundfläche befindliche kleine Höhlung wird mit
Talg ausgefüllt, an welchem beim Aufſtoßen des Lotes auf den Grund
Bodenbeſtandteile haften bleiben und mit herausgezogen werden, um
auf ihre Beſchaffenheit unterſucht und mit den Angaben der Karte
verglichen zu werden. Die Tiefe läßt ſich an der Leine, welche eine
nach Metern oder nach Faden (gleich ſechs Fuß oder nahe zwei Meter)
fortſchreitende Einteilung trägt, direkt ableſen. Bei niedrigem Fahr-
waſſer, namentlich aber da, wo jeden Augenblick ein Feſtſitzen oder
Auflaufen des Schiffes auf Sandbänke oder ſonſtige Untiefen zu be-
fürchten iſt, muß mit Hülfe eines kleineren oder Handlotes fort und
fort gelotet werden. Meiſt wird die ſenkrechte Lage des Lotes erreicht,
indem die kegelförmige Bleiſpindel in der Fahrtrichtung vorausgeworfen
wird, wobei die Leine ſtets ſtraff geſpannt bleiben muß; die Ableſung
geſchieht dann im geeigneten Moment.

Bei Anwendung des größeren und ſchwereren Tief-Lotes, deſſen
Leine oft bis zu 400 m Länge hat, muß das Schiff ausnahmslos
beigedreht werden, damit die Genauigkeit der Meſſung nicht durch die
von der Vertikalen abweichende Richtung der Leine beeinträchtigt werde.
Für die allergrößten Meerestiefen, deren Erforſchung allerdings mehr
ein weſentlich wiſſenſchaftliches, kein eigentlich nautiſches Intereſſe hat,
ſind dieſe primitiven Einrichtungen durchaus unangebracht, einmal weil
das Aufſtoßen auf den Grund kaum noch bemerkt wird, vor allem
aber, weil unterſeeiſche Strömungen die Leine außerordentlich weit
entführen können. Der bereits erwähnte Maury umging dieſen Übel-
ſtand dadurch, daß er auf Grund genauer Experimente feſtſtellte, welche
Zeit ein Gewicht braucht, um in verſchiedenen Meerestiefen um je
100 Faden oder um eine beſtimmte andere Größe zu fallen. Die
hierauf gegründete Methode würde auch vollſtändig ausreichen, wenn
man nicht gleichzeitig mit den immerhin recht ſchwierigen Tiefſeelotungen
noch den Zweck der Unterſuchung des Meeresgrundes verbinden würde.
Der Amerikaner Brooke verſenkte deshalb durchbohrte Kanonenkugeln,
die ſich auf einem kurzen, cylindriſchen Stabe verſchieben ließen und
an einem eigentümlichen, gabelförmigen Scharnier hingen. Sobald das
Aufſtoßen des Stabes auf den Grund erfolgte, klappte das Scharnier
nach unten und die Kugel fiel ab, mußte alſo bei jedem neuen Verſuch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0820" n="802"/><fw place="top" type="header">Der Verkehr zu Wa&#x017F;&#x017F;er.</fw><lb/>
des Wa&#x017F;&#x017F;ers in dem Rohre des Manometers kann man dann auf die<lb/>
jeweilige Schiffsge&#x017F;chwindigkeit &#x017F;chließen.</p><lb/>
              <p>In Verbindung mit Kompaß und Log wird &#x017F;tets das Lot (in &#x017F;einer<lb/>
gewöhnlich üblichen Form auch Senkblei genannt) angeführt, das zum<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;en der Fahrwa&#x017F;&#x017F;ertiefen un&#x017F;chätzbare Dien&#x017F;te lei&#x017F;tet, gleichzeitig aber<lb/>
mei&#x017F;t noch eine Einrichtung zur Ermittelung der Be&#x017F;chaffenheit des<lb/>
Meeresgrundes be&#x017F;itzt. Ein &#x017F;chwerer ge&#x017F;treckter Bleikörper wird an<lb/>
einer &#x017F;tarken Leine oder einem Draht thunlich&#x017F;t &#x017F;enkrecht in die Tiefe<lb/>
hinabgela&#x017F;&#x017F;en, zu welchem Zweck bei größeren Tiefen die Fahrt ver-<lb/>
lang&#x017F;amt oder gar das Schiff beigedreht, al&#x017F;o angehalten werden<lb/>
muß. Eine an der Grundfläche befindliche kleine Höhlung wird mit<lb/>
Talg ausgefüllt, an welchem beim Auf&#x017F;toßen des Lotes auf den Grund<lb/>
Bodenbe&#x017F;tandteile haften bleiben und mit herausgezogen werden, um<lb/>
auf ihre Be&#x017F;chaffenheit unter&#x017F;ucht und mit den Angaben der Karte<lb/>
verglichen zu werden. Die Tiefe läßt &#x017F;ich an der Leine, welche eine<lb/>
nach Metern oder nach Faden (gleich &#x017F;echs Fuß oder nahe zwei Meter)<lb/>
fort&#x017F;chreitende Einteilung trägt, direkt able&#x017F;en. Bei niedrigem Fahr-<lb/>
wa&#x017F;&#x017F;er, namentlich aber da, wo jeden Augenblick ein Fe&#x017F;t&#x017F;itzen oder<lb/>
Auflaufen des Schiffes auf Sandbänke oder &#x017F;on&#x017F;tige Untiefen zu be-<lb/>
fürchten i&#x017F;t, muß mit Hülfe eines kleineren oder Handlotes fort und<lb/>
fort gelotet werden. Mei&#x017F;t wird die &#x017F;enkrechte Lage des Lotes erreicht,<lb/>
indem die kegelförmige Blei&#x017F;pindel in der Fahrtrichtung vorausgeworfen<lb/>
wird, wobei die Leine &#x017F;tets &#x017F;traff ge&#x017F;pannt bleiben muß; die Able&#x017F;ung<lb/>
ge&#x017F;chieht dann im geeigneten Moment.</p><lb/>
              <p>Bei Anwendung des größeren und &#x017F;chwereren Tief-Lotes, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Leine oft bis zu 400 <hi rendition="#aq">m</hi> Länge hat, muß das Schiff ausnahmslos<lb/>
beigedreht werden, damit die Genauigkeit der Me&#x017F;&#x017F;ung nicht durch die<lb/>
von der Vertikalen abweichende Richtung der Leine beeinträchtigt werde.<lb/>
Für die allergrößten Meerestiefen, deren Erfor&#x017F;chung allerdings mehr<lb/>
ein we&#x017F;entlich wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliches, kein eigentlich nauti&#x017F;ches Intere&#x017F;&#x017F;e hat,<lb/>
&#x017F;ind die&#x017F;e primitiven Einrichtungen durchaus unangebracht, einmal weil<lb/>
das Auf&#x017F;toßen auf den Grund kaum noch bemerkt wird, vor allem<lb/>
aber, weil unter&#x017F;eei&#x017F;che Strömungen die Leine außerordentlich weit<lb/>
entführen können. Der bereits erwähnte Maury umging die&#x017F;en Übel-<lb/>
&#x017F;tand dadurch, daß er auf Grund genauer Experimente fe&#x017F;t&#x017F;tellte, welche<lb/>
Zeit ein Gewicht braucht, um in ver&#x017F;chiedenen Meerestiefen um je<lb/>
100 Faden oder um eine be&#x017F;timmte andere Größe zu fallen. Die<lb/>
hierauf gegründete Methode würde auch voll&#x017F;tändig ausreichen, wenn<lb/>
man nicht gleichzeitig mit den immerhin recht &#x017F;chwierigen Tief&#x017F;eelotungen<lb/>
noch den Zweck der Unter&#x017F;uchung des Meeresgrundes verbinden würde.<lb/>
Der Amerikaner Brooke ver&#x017F;enkte deshalb durchbohrte Kanonenkugeln,<lb/>
die &#x017F;ich auf einem kurzen, cylindri&#x017F;chen Stabe ver&#x017F;chieben ließen und<lb/>
an einem eigentümlichen, gabelförmigen Scharnier hingen. Sobald das<lb/>
Auf&#x017F;toßen des Stabes auf den Grund erfolgte, klappte das Scharnier<lb/>
nach unten und die Kugel fiel ab, mußte al&#x017F;o bei jedem neuen Ver&#x017F;uch<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[802/0820] Der Verkehr zu Waſſer. des Waſſers in dem Rohre des Manometers kann man dann auf die jeweilige Schiffsgeſchwindigkeit ſchließen. In Verbindung mit Kompaß und Log wird ſtets das Lot (in ſeiner gewöhnlich üblichen Form auch Senkblei genannt) angeführt, das zum Meſſen der Fahrwaſſertiefen unſchätzbare Dienſte leiſtet, gleichzeitig aber meiſt noch eine Einrichtung zur Ermittelung der Beſchaffenheit des Meeresgrundes beſitzt. Ein ſchwerer geſtreckter Bleikörper wird an einer ſtarken Leine oder einem Draht thunlichſt ſenkrecht in die Tiefe hinabgelaſſen, zu welchem Zweck bei größeren Tiefen die Fahrt ver- langſamt oder gar das Schiff beigedreht, alſo angehalten werden muß. Eine an der Grundfläche befindliche kleine Höhlung wird mit Talg ausgefüllt, an welchem beim Aufſtoßen des Lotes auf den Grund Bodenbeſtandteile haften bleiben und mit herausgezogen werden, um auf ihre Beſchaffenheit unterſucht und mit den Angaben der Karte verglichen zu werden. Die Tiefe läßt ſich an der Leine, welche eine nach Metern oder nach Faden (gleich ſechs Fuß oder nahe zwei Meter) fortſchreitende Einteilung trägt, direkt ableſen. Bei niedrigem Fahr- waſſer, namentlich aber da, wo jeden Augenblick ein Feſtſitzen oder Auflaufen des Schiffes auf Sandbänke oder ſonſtige Untiefen zu be- fürchten iſt, muß mit Hülfe eines kleineren oder Handlotes fort und fort gelotet werden. Meiſt wird die ſenkrechte Lage des Lotes erreicht, indem die kegelförmige Bleiſpindel in der Fahrtrichtung vorausgeworfen wird, wobei die Leine ſtets ſtraff geſpannt bleiben muß; die Ableſung geſchieht dann im geeigneten Moment. Bei Anwendung des größeren und ſchwereren Tief-Lotes, deſſen Leine oft bis zu 400 m Länge hat, muß das Schiff ausnahmslos beigedreht werden, damit die Genauigkeit der Meſſung nicht durch die von der Vertikalen abweichende Richtung der Leine beeinträchtigt werde. Für die allergrößten Meerestiefen, deren Erforſchung allerdings mehr ein weſentlich wiſſenſchaftliches, kein eigentlich nautiſches Intereſſe hat, ſind dieſe primitiven Einrichtungen durchaus unangebracht, einmal weil das Aufſtoßen auf den Grund kaum noch bemerkt wird, vor allem aber, weil unterſeeiſche Strömungen die Leine außerordentlich weit entführen können. Der bereits erwähnte Maury umging dieſen Übel- ſtand dadurch, daß er auf Grund genauer Experimente feſtſtellte, welche Zeit ein Gewicht braucht, um in verſchiedenen Meerestiefen um je 100 Faden oder um eine beſtimmte andere Größe zu fallen. Die hierauf gegründete Methode würde auch vollſtändig ausreichen, wenn man nicht gleichzeitig mit den immerhin recht ſchwierigen Tiefſeelotungen noch den Zweck der Unterſuchung des Meeresgrundes verbinden würde. Der Amerikaner Brooke verſenkte deshalb durchbohrte Kanonenkugeln, die ſich auf einem kurzen, cylindriſchen Stabe verſchieben ließen und an einem eigentümlichen, gabelförmigen Scharnier hingen. Sobald das Aufſtoßen des Stabes auf den Grund erfolgte, klappte das Scharnier nach unten und die Kugel fiel ab, mußte alſo bei jedem neuen Verſuch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/820
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 802. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/820>, abgerufen am 23.11.2024.