Ein stark in die Augen springendes Merkmal der modernen Schiffs- baukunst beruht auf der möglichst weitgehenden Ausnutzung der Maschinenkraft als Ersatzmittel der Menschenkraft. Wo nur irgend möglich, übernimmt die Maschine die Verrichtung aller derjenigen Arbeiten, welche auf den Schiffen früherer Jahrhunderte der Muskel- kraft der Bemannung anheimfiel.
Die gewaltigen Geschütze werden in allen Bewegungen durch hydraulischen Druck bethätigt, sowohl für die Ausführung des Ladens wie für die Erfassung des Zieles. Dieselbe Art des Antriebs wird auch für die Drehung des bedeutenden Gewichtes des Turmes benutzt, und zwar ist das diesem Zweck dienende Handrad derartig angebracht, daß der am Auslug stehende Offizier durch einen leichten Händedruck den Turm in jede gewünschte Lage bringen kann. Diese Bewegungs- vorrichtung ist derartig angeordnet, daß sowohl jedes Geschütz allein für sich, als auch beide gemeinsam gerichtet werden können. Das Ab- feuern der Turmgeschütze geschieht mit Hülfe der Elektrizität, und zwar entweder gleichzeitig oder getrennt. Der hydraulische Druck dient des weiteren auch zu den verschiedensten anderen Zwecken, so z. B. zum Transportieren der Geschosse aus dem Magazinraum zu den Geschützen, zum Entfernen der Asche aus dem Kesselraum, zum Heben und Nieder- lassen der Bote u. s. w.
An Stelle der ehemals gebräuchlichen Bemastung und reichen Be- segelung ist die Dampfkraft getreten; der eine hinter dem Drehturm sichtbare Mast dient lediglich als Auslug, sowie zum Erteilen von Signalen.
Das Bild eines modernen Kriegsschiffes wird erst ein vollständiges durch die rings um dasselbe angebrachten Stahldrahtnetze, welche dazu dienen, die mörderischen Torpedos von dem Rumpf abzuhalten. Es ist nicht ohne Interesse, hier zu erwähnen, daß die erste praktische Probe dieses zu den neuesten Errungenschaften der Waffentechnik gehörenden Zerstörungsmittels während des letzten chilenischen Bürgerkrieges erfolgt ist.
Als ferneres Mittel zur Fortbewegung der Schiffe ist neben dem Winde und dem Dampf in neuester Zeit noch die Reaktionswirkung des austretenden Wassers in Vorschlag gebracht und in beschränktem Maße auch zur praktischen Anwendung gelangt. Der Erfinder dieses neuen Systems ist E. Fleischer in Dresden. Das Charakteristische desselben besteht darin, daß in der Richtung der Mittellinie des Schiffes Röhren angeordnet sind, aus welchen Wasser mit einer erheblichen Geschwindigkeit, etwa 20 m in der Sekunde, ausgetrieben wird. In- folge der Reaktion des austretenden Wassers, wird das Schiff nach vorwärts getrieben.
Der Schiffsbau.
Ein ſtark in die Augen ſpringendes Merkmal der modernen Schiffs- baukunſt beruht auf der möglichſt weitgehenden Ausnutzung der Maſchinenkraft als Erſatzmittel der Menſchenkraft. Wo nur irgend möglich, übernimmt die Maſchine die Verrichtung aller derjenigen Arbeiten, welche auf den Schiffen früherer Jahrhunderte der Muskel- kraft der Bemannung anheimfiel.
Die gewaltigen Geſchütze werden in allen Bewegungen durch hydrauliſchen Druck bethätigt, ſowohl für die Ausführung des Ladens wie für die Erfaſſung des Zieles. Dieſelbe Art des Antriebs wird auch für die Drehung des bedeutenden Gewichtes des Turmes benutzt, und zwar iſt das dieſem Zweck dienende Handrad derartig angebracht, daß der am Auslug ſtehende Offizier durch einen leichten Händedruck den Turm in jede gewünſchte Lage bringen kann. Dieſe Bewegungs- vorrichtung iſt derartig angeordnet, daß ſowohl jedes Geſchütz allein für ſich, als auch beide gemeinſam gerichtet werden können. Das Ab- feuern der Turmgeſchütze geſchieht mit Hülfe der Elektrizität, und zwar entweder gleichzeitig oder getrennt. Der hydrauliſche Druck dient des weiteren auch zu den verſchiedenſten anderen Zwecken, ſo z. B. zum Transportieren der Geſchoſſe aus dem Magazinraum zu den Geſchützen, zum Entfernen der Aſche aus dem Keſſelraum, zum Heben und Nieder- laſſen der Bote u. ſ. w.
An Stelle der ehemals gebräuchlichen Bemaſtung und reichen Be- ſegelung iſt die Dampfkraft getreten; der eine hinter dem Drehturm ſichtbare Maſt dient lediglich als Auslug, ſowie zum Erteilen von Signalen.
Das Bild eines modernen Kriegsſchiffes wird erſt ein vollſtändiges durch die rings um dasſelbe angebrachten Stahldrahtnetze, welche dazu dienen, die mörderiſchen Torpedos von dem Rumpf abzuhalten. Es iſt nicht ohne Intereſſe, hier zu erwähnen, daß die erſte praktiſche Probe dieſes zu den neueſten Errungenſchaften der Waffentechnik gehörenden Zerſtörungsmittels während des letzten chileniſchen Bürgerkrieges erfolgt iſt.
Als ferneres Mittel zur Fortbewegung der Schiffe iſt neben dem Winde und dem Dampf in neueſter Zeit noch die Reaktionswirkung des austretenden Waſſers in Vorſchlag gebracht und in beſchränktem Maße auch zur praktiſchen Anwendung gelangt. Der Erfinder dieſes neuen Syſtems iſt E. Fleiſcher in Dresden. Das Charakteriſtiſche desſelben beſteht darin, daß in der Richtung der Mittellinie des Schiffes Röhren angeordnet ſind, aus welchen Waſſer mit einer erheblichen Geſchwindigkeit, etwa 20 m in der Sekunde, ausgetrieben wird. In- folge der Reaktion des austretenden Waſſers, wird das Schiff nach vorwärts getrieben.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0811"n="793"/><fwplace="top"type="header">Der Schiffsbau.</fw><lb/><p>Ein ſtark in die Augen ſpringendes Merkmal der modernen Schiffs-<lb/>
baukunſt beruht auf der möglichſt weitgehenden Ausnutzung der<lb/>
Maſchinenkraft als Erſatzmittel der Menſchenkraft. Wo nur irgend<lb/>
möglich, übernimmt die Maſchine die Verrichtung aller derjenigen<lb/>
Arbeiten, welche auf den Schiffen früherer Jahrhunderte der Muskel-<lb/>
kraft der Bemannung anheimfiel.</p><lb/><p>Die gewaltigen Geſchütze werden in allen Bewegungen durch<lb/>
hydrauliſchen Druck bethätigt, ſowohl für die Ausführung des Ladens<lb/>
wie für die Erfaſſung des Zieles. Dieſelbe Art des Antriebs wird<lb/>
auch für die Drehung des bedeutenden Gewichtes des Turmes benutzt,<lb/>
und zwar iſt das dieſem Zweck dienende Handrad derartig angebracht,<lb/>
daß der am Auslug ſtehende Offizier durch einen leichten Händedruck<lb/>
den Turm in jede gewünſchte Lage bringen kann. Dieſe Bewegungs-<lb/>
vorrichtung iſt derartig angeordnet, daß ſowohl jedes Geſchütz allein<lb/>
für ſich, als auch beide gemeinſam gerichtet werden können. Das Ab-<lb/>
feuern der Turmgeſchütze geſchieht mit Hülfe der Elektrizität, und zwar<lb/>
entweder gleichzeitig oder getrennt. Der hydrauliſche Druck dient des<lb/>
weiteren auch zu den verſchiedenſten anderen Zwecken, ſo z. B. zum<lb/>
Transportieren der Geſchoſſe aus dem Magazinraum zu den Geſchützen,<lb/>
zum Entfernen der Aſche aus dem Keſſelraum, zum Heben und Nieder-<lb/>
laſſen der Bote u. ſ. w.</p><lb/><p>An Stelle der ehemals gebräuchlichen Bemaſtung und reichen Be-<lb/>ſegelung iſt die Dampfkraft getreten; der eine hinter dem Drehturm<lb/>ſichtbare Maſt dient lediglich als Auslug, ſowie zum Erteilen von<lb/>
Signalen.</p><lb/><p>Das Bild eines modernen Kriegsſchiffes wird erſt ein vollſtändiges<lb/>
durch die rings um dasſelbe angebrachten Stahldrahtnetze, welche dazu<lb/>
dienen, die mörderiſchen Torpedos von dem Rumpf abzuhalten. Es<lb/>
iſt nicht ohne Intereſſe, hier zu erwähnen, daß die erſte praktiſche Probe<lb/>
dieſes zu den neueſten Errungenſchaften der Waffentechnik gehörenden<lb/>
Zerſtörungsmittels während des letzten chileniſchen Bürgerkrieges<lb/>
erfolgt iſt.</p><lb/><p>Als ferneres Mittel zur Fortbewegung der Schiffe iſt neben dem<lb/>
Winde und dem Dampf in neueſter Zeit noch die Reaktionswirkung<lb/>
des austretenden Waſſers in Vorſchlag gebracht und in beſchränktem<lb/>
Maße auch zur praktiſchen Anwendung gelangt. Der Erfinder dieſes<lb/>
neuen Syſtems iſt E. Fleiſcher in Dresden. Das Charakteriſtiſche<lb/>
desſelben beſteht darin, daß in der Richtung der Mittellinie des Schiffes<lb/>
Röhren angeordnet ſind, aus welchen Waſſer mit einer erheblichen<lb/>
Geſchwindigkeit, etwa 20 <hirendition="#aq">m</hi> in der Sekunde, ausgetrieben wird. In-<lb/>
folge der Reaktion des austretenden Waſſers, wird das Schiff nach<lb/>
vorwärts getrieben.</p></div><lb/></div></div></body></text></TEI>
[793/0811]
Der Schiffsbau.
Ein ſtark in die Augen ſpringendes Merkmal der modernen Schiffs-
baukunſt beruht auf der möglichſt weitgehenden Ausnutzung der
Maſchinenkraft als Erſatzmittel der Menſchenkraft. Wo nur irgend
möglich, übernimmt die Maſchine die Verrichtung aller derjenigen
Arbeiten, welche auf den Schiffen früherer Jahrhunderte der Muskel-
kraft der Bemannung anheimfiel.
Die gewaltigen Geſchütze werden in allen Bewegungen durch
hydrauliſchen Druck bethätigt, ſowohl für die Ausführung des Ladens
wie für die Erfaſſung des Zieles. Dieſelbe Art des Antriebs wird
auch für die Drehung des bedeutenden Gewichtes des Turmes benutzt,
und zwar iſt das dieſem Zweck dienende Handrad derartig angebracht,
daß der am Auslug ſtehende Offizier durch einen leichten Händedruck
den Turm in jede gewünſchte Lage bringen kann. Dieſe Bewegungs-
vorrichtung iſt derartig angeordnet, daß ſowohl jedes Geſchütz allein
für ſich, als auch beide gemeinſam gerichtet werden können. Das Ab-
feuern der Turmgeſchütze geſchieht mit Hülfe der Elektrizität, und zwar
entweder gleichzeitig oder getrennt. Der hydrauliſche Druck dient des
weiteren auch zu den verſchiedenſten anderen Zwecken, ſo z. B. zum
Transportieren der Geſchoſſe aus dem Magazinraum zu den Geſchützen,
zum Entfernen der Aſche aus dem Keſſelraum, zum Heben und Nieder-
laſſen der Bote u. ſ. w.
An Stelle der ehemals gebräuchlichen Bemaſtung und reichen Be-
ſegelung iſt die Dampfkraft getreten; der eine hinter dem Drehturm
ſichtbare Maſt dient lediglich als Auslug, ſowie zum Erteilen von
Signalen.
Das Bild eines modernen Kriegsſchiffes wird erſt ein vollſtändiges
durch die rings um dasſelbe angebrachten Stahldrahtnetze, welche dazu
dienen, die mörderiſchen Torpedos von dem Rumpf abzuhalten. Es
iſt nicht ohne Intereſſe, hier zu erwähnen, daß die erſte praktiſche Probe
dieſes zu den neueſten Errungenſchaften der Waffentechnik gehörenden
Zerſtörungsmittels während des letzten chileniſchen Bürgerkrieges
erfolgt iſt.
Als ferneres Mittel zur Fortbewegung der Schiffe iſt neben dem
Winde und dem Dampf in neueſter Zeit noch die Reaktionswirkung
des austretenden Waſſers in Vorſchlag gebracht und in beſchränktem
Maße auch zur praktiſchen Anwendung gelangt. Der Erfinder dieſes
neuen Syſtems iſt E. Fleiſcher in Dresden. Das Charakteriſtiſche
desſelben beſteht darin, daß in der Richtung der Mittellinie des Schiffes
Röhren angeordnet ſind, aus welchen Waſſer mit einer erheblichen
Geſchwindigkeit, etwa 20 m in der Sekunde, ausgetrieben wird. In-
folge der Reaktion des austretenden Waſſers, wird das Schiff nach
vorwärts getrieben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 793. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/811>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.